Information Die Fotografie ist die Krankheit, für deren Therapie sie sich hält.

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phlogiston

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Zitat: "Zu keiner Zeit waren Bilder so bedeutungsleer wie heute. Zweifelhaft in dem, was man Authentizität nennt, und belanglos darin, was ihre Relevanz betrifft. Und in keinem bekannten Fall lag eine Kulturtechnik, die noch im letzten Jahrhundert so sehr darum rang, in den akademischen Rang einer Kunstgattung aufzusteigen, innert derart kurzer Zeit vor den Scherben ihrer eigenen Selbstbehauptung."

Ein pessimistisches Endzeitgemälde der Fotografie?

https://www.nzz.ch/feuilleton/das-e...-fotografie-versinkt-im-massengrab-ld.1310767
 
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Zitat: "Zu keiner Zeit waren Bilder so bedeutungsleer wie heute..

Zu jeder Zeit waren sie das! Wer jemals das zweifelhafte Vergnügen hatte, sich durch Kartons voller Urlaubs und Familienfotos wühlen zu müssen, wird mich verstehen.
Abgeschnittene Gliedmaßen, voll gegen die Sonne der Schuß auf Tante Erna und Onkel Josef, im Strampelanzug verschwundene Babys, meist in der Reihenfolge geordnet, wie sie aus dem Labor kamen, ohne jede Auswahl alles zeigend, was schief gehen kann. Das gab es schon immer, und es waren, zumindest relativ gesehen, schon immer Massen von fotografischem Schrott, an den man nicht mal den geringsten aller Maßstäbe ansetzen konnte.
Aber: Diese Fotos haben Bedeutung! Sie aktivieren die Erinnerungen derjenigen, die damit einen Moment in ihrem Leben zurückholen, ihn wieder erleben und damit auch wieder teilen lassen mit jenen, die dabei gewesen sind oder zumindest die Besitzer der abgeschnittenen Gliedmaßen anhand des Blümchenkleides identifizieren können. Insofern hat sich eigentlich nichts geändert.
Ein gutes Foto war ein gutes Foto, ist ein gutes Foto und bleibt ein gutes Foto! Daran wird sich nichts ändern, und wenn ich es so im Rückblick sehe war die große Freude (für mich jedenfalls) wenn im Familien oder Freundeskreis mal jemand auftauchte, der intuitiv begriffen hatte, was ein gutes von einem schlechten Foto unterscheidet, und sich fortan an der Weiterentwicklung seiner Fähigkeiten erfreuen konnte. Da hatten dann alle was von, die Schauen konnten oder sich zumindest anfingen Gedanken darüber zu machen, dass "Schauen können" eine eigene Qualität hat, die das Leben eines jeden bereichern kann!
In diesem Sinne: Macht gute Fotos, die werden in dieser digitalen Lawine nämlich 1. gebraucht und 2. auch immer erkannt werden! ;)
 
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Die Fotografie ist zu einem Massenphänomen geworden, gewiß. Ich kann aber keinen Grund erkennen, warum es nicht so sein sollte. Erst diese Verbreitung ermöglichte den Zugang für viele und somit eine Form der Demokratisierung der Bilderzeugung.

Das Recht am Bildermachen nicht mehr in der Hand Weniger und damit auch ein Weg aus der Nische, der Exklusivität. Nicht der elitär inszenierte Einzelschuß - technisch in früher Zeit sogar wenig ausgefeilt - sondern die Masse war die Treibkraft für fotografische Weiterentwicklung und Bilder, die vorher nicht gesehen werden konnten.

Grundsätzlich gibt es somit kein Problem der Fotografie - sie verschiebt laufend die Grenzen technischer Limitierungen. Es gibt - wenn überhaupt - ein Problem der Konsumenten. Oder der fotografischen Bilderzeuger, die häufig sogar zur gleichen Gruppe gehören und sich mit einem Standard zufrieden geben, der nicht galerietauglich ist. Wer maßt sich an, das zu kritisieren? Es bleibt jedem die Entscheidung, Neuland zu betreten, neue Blicke und Einsichten zu entwickeln oder eben nur als Follower fotografische Stilmittel nachzubauen. Oder - in der Masse - gänzlich auf fotografisches Regelwerk zu verzichten.

Grundsätzlich begrüße ich die technische Entwicklung, die es Hobbyisten ermöglicht, preisangemessen, Bilderträume auszutesten. Mit solidem Handwerk, einem künstlerischen Blick oder einfach nur als Automatik Knipserei. Die Fotografie ist deshalb noch lange nicht am Ende, da sie heutzutage eine Vielfalt ermöglicht, von denen die Pioniere der Fotografie gar nicht zu träumen wagten.

Wer Fotoausstellungen besucht, wird feststellen, daß ein ausdrucksstarkes Foto, häufig sehr wenig mit technischer Perfektion zu tun hat. Im Diffusen, mit angedeuteten Szenen wird die Phantasie des Betrachters stärker angeregt und erlaubt mehr Freiheitsgrade der Interpretation. Das ist in der Malerei nicht anders. Dennoch imponiert auch ein sehr detailreiches Landschaftbild, vielleicht in einer Größe von 2x1m, wenn diese Details auch aus nächster Nähe ihren Bestand haben. Vor nicht langer Zeit eine undenkbare Impression.

Auch andere Bereiche unseres Lebens inflationieren. Es wird aber immer auch eine Qualität geben, für die es sich lohnt, sich mit der Materie auseinanderzusetzen. Hart zu arbeiten und sein Wissen durch Lernen zu erweitern. Solche Bilder oder Entwicklungen haben auch für die Zukunft Bestand und eine dauerhafte Wirkung. Die hier und in anderen Foren Versammelten, versuchen sich mehr oder weniger an dieser Kunst. Viele scheitern oder sehen die Probleme in technischen Bereichen, wenige schaffen Stile und einen überdauernden Mehrwert für die Gemeinschaft.

Ich möchte trotzdem diese Möglichkeiten und Eindrücke nicht missen; geschaffen von guten Bildern, bzw. deren Fotografen. Und wenigstens es selbst ebenfalls versucht zu haben, meine Impressionen durch das Stilmittel Fotografie auszudrücken, mehr oder weniger teilbar.
 
Kommentar
Das Recht am Bildermachen nicht mehr in der Hand Weniger und damit auch ein Weg aus der Nische, der Exklusivität. Nicht der elitär inszenierte Einzelschuß - technisch in früher Zeit sogar wenig ausgefeilt - sondern die Masse war die Treibkraft für fotografische Weiterentwicklung und Bilder, die vorher nicht gesehen werden konnten. .

Genau darum geht es! Schon immer wurden Milliarden von "belanglosen" Aufnahmen gemacht - und in Photoalben geklebt. Diese Aufnahmen hatten nur einen Wert für Tante Elfride oder Onkel Fritz, und sie wurden nur selten (und dann im kleinsten Familienkreis) herumgezeigt. Selfies mit Hundegesichtern oder Bilder von der Pizza im "Ristaurante Vesuvio" auf Facebook fallen in genau die selbe Kategorie - sie stehen nur für einen grösseren Betrachterkreis zur Ansicht.

Und natürlich hat die Masse immer schon die Phototechnik voran gebracht und erschwinglich gemacht. Ohne Millionen von Käufern hätte kein Unternehmen in neue Technik investiert, gestern wie heute.

Nie wurde so viel Stuss geschrieben wie heute. Durch die sozialen Medien, Webseiten, Blogs und eMail wird unendlich mal mehr getippt, bleibt unendlich mal mehr schriftlich Festgehaltenes, als jemals zuvor. Ich denke daher, dass zu keiner Zeit Literatur, Texte und Geschriebenes so bedeutungsleer waren, wie heute. Zweifelhaft in dem, was man Authentizität nennt, und belanglos darin, was ihre Relevanz betrifft. Und in keinem bekannten Fall lag eine Kulturtechnik, die noch im letzten Jahrhundert so sehr darum rang, in den akademischen Rang einer Kunstgattung aufzusteigen, innert derart kurzer Zeit vor den Scherben ihrer eigenen Selbstbehauptung.

Letzte Zuckungen von Feuilletonisten, denen die Zeit wegläuft. Ihr seid schon tot, ihr merkt es nur noch nicht!
 
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Es haben sich schon vorher andere Leute über die Bedeutung der Fotografie ihre Gedanken gemacht.

„Nicht der Schrift- sondern der Fotografie-Unkundige wird der Analphabet der Zukunft sein.“

László Moholy-Nady 1927


“Still photographs are the most powerful weapon in the world. People believe them, but photographs do lie, even without manipulation. They are only half-truths.”

Eddie Adams

Der Text erinnert mich ein wenig an diese Abkanzelung per Blog, die vor einigen Monaten in jedem Fotoforum ihre Runde machte - der Autor war wohl anonym und an den Titel kann ich mich nicht mehr erinnern.
In diesem Feuilleton-Artikel hier wird an mehreren Stellen nach einer Wahrheit in der Fotografie gesucht. Diese hat es noch nie gegeben. Die Kamera und die Kombination Auge/Gehirn nehmen die Welt immer unterschiedlich war.
Das Foto alleine kann keinen Blick in die Zukunft oder in die Vergangenheit geben und ist nur auf seinen kleinen Ausschnitt aus der Zeit begrenzt.
 
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Es ist einer von vielen Artikeln, welche irgend ein Thema nimmt, es in zeitliche unterschiedliche Epochen stellt, Vergleiche zieht und sich als heroischer Totengräber feiern lässt...

So sehr ich die Auseinandersetzung mit Dingen mag, mit welchem ich mich im Alltag beschäftige, so sehr stören mich die absoluten Extreme.

Fotografie hat sich zwar bemüht, als Kunst betrachtet und geachtet zu werden. Der Ursprung aber der Fotografie war nie Kunst, und die Entwicklung der Technik ging auch nie in diese Richtung. Dies im Gegensatz zu Musik und Malerei. Die gemeinsame Verbindung von Musik, Malerei und Fotografie ist und war dazumal das Handwerk. Malerei wie Musik war Epochen abhängig, und wer das Pech hat Komponist zu sein, welcher mit dem zeitgenössischen Hörverständnis nichts anfangen kann, fristet noch heute ein Gnadenleben. Den Malern ging und geht es nicht anders.

Fotografie lehnt sich an die Optik in ihren unterschiedlichen Facetten. Vom Feldstecher bis zum Mikroskop, vom Passfoto bis zur Kriegsfotografie. Das meine ich überhaupt nicht zynisch, aber es zeigt das riesige Betätigungsfeld der Fotografie auf. Und hier beisst sich die These ins eigene Fleisch: Passfotos werden nicht gemalt und auf den Schlachtfeldern wurden und werden keine Staffeleien aufgestellt. Fotografie ist ein Medium, Malerei hat schon Beginn weg eine andere Ausgangslage als die Fotografie. Dies gilt auch für Musik.

Der Anspruch auf Authentizität bei Fotos kann schon aus ihrem breiten Wirkungsfeld nicht erhoben werden. Wenn ich ein Haus verkaufe und vom Haus und dessen Räumen ein paar Bilder mache, dann ist der Anspruch einer persönlichen Note des Fotografen eher störend.

Die Malerei hatte lange Zeit Angst, dass die Fotografie ihren Platz wegnahm. Fotografie kann das gar nicht. Ich kann kein Blümchen fotografieren, wenn keines da ist. Die Malerei kann ein Blümchen malen, ohne die Staffelei in die Wiese tragen zu müssen. Schon zum Voraus gibt dieser Unterschied der Malerei bezogen auf die Authentizität einen entscheidenden Vorteil.

Die Literatur hat ähnliche Voraussetzungen. Schreiben geht, ohne zu sprechen, ich kann Wörter aneinander reihen so viele ich will. Ob es dann für das Vis à Vis auch Sinn macht ist eine andere Frage. Aber zumindest kann ich ohne Probleme sagen, dass ich das geschrieben habe und es sehr authentisch ist.

Ich gebe dem Autor recht, dass wohl bei vielen fotografierten Sonnenuntergängen über dem Meer, die Handschrift des Fotografen nicht erkennbar ist. Aber muss es das? Es kann einfach auch schön sein, ich drucke es aus, hänge es an die Wand über meinem Sofa und freue mich über das Bild, welches mich an meine Ferien erinnert.

Es wäre vermessen zu behaupten, dass jedes Handyfoto Schrott ist. Ich habe immer wieder grosse Freude, wie neue Optiken auch wieder die Kreativität fördert.

Nur eines gibt mir immer wieder zu denken, und vielleicht ist das der leise Ton des Artikels: Die Tatsache der schnellen Entwicklung lassen immer wieder die Überzeugung zu, dass die Technik für die Qualität der Fotos hauptsächlich verantwortlich sind. Und das ist eine irreführende Annahme.

In diesem Sinne: gehen wir fotografieren und warten nicht auf die nächste Kamera ...:)
 
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"Was ist Wahrheit?" Joh 18,38




Die Wahrheit liegt im Korn, nicht in den Pixeln!



.... zumindest Alkoholiker und solche die es werden wollen werden mir Recht geben ;)



Als an Photographie interessierter Schöler habe ich mir vor knapp 50 Jahren meine Photoausrüstung - oder zumindest Teile davon - im Wesentlichen verdient indem ich im Labor eines ansässigen Photohändlers zunächst kleinere, dann umfangreichere Handreichungen und Arbeiten ausgeführt habe. Damals schon habe ich verwundert gesehen, welch belangloser Wust an Bildern tagtäglich in hunderten von Filmtüten das Labor in Richtung Ladengeschäft verließ. Das war gleichzeitig die Zeit in der heute geschätzte Ikonen der Silberfilm-Aera auf der Höhe ihres Schaffens waren. Sicher, im Zuge der Digitalisierung der Knippserei ist der Bilderberg bedeutend größer geworden, hochwertige Photographie hebt sich aber damals wie heute aus der Masse heraus, nur ist ihr prozentualer Anteil erheblich kleiner geworden. Der Abstand zwischen der 08/15 Gebrauchsknippserei, die früher dem Papierkorb und heute der Löschtaste anheim fällt und den bleibenden Werken der Lichtbildnerei war immer schon da. Es ist wie der Abstand zwischen Anstreicher und Kunstmaler, zwischen den Architekten der Plattensiedlungen und jenen, die bleibende Werke aus Stein, Stahl und Glas schaffen.

Meiner Meinung nach ist als Grund für die zunehmende Bilderflut weniger eine vorgebliche technische Kompliziertheit der Silberfilm-Photographie zu sehen als vielmehr die Tatsache, dass die Knippserei mit dem Mobiltelephon nach Anschaffung desselben praktisch kosten- und mühelos ist. Getreu dem Motto, dass nichts ist was nichts kostet hat sich denn auch die Wertschätzung des Bildes entwickelt, Ausnahmen bestätigen nur die Regel.

Freundliche Grüße

Wolfgang
 
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Schon am Beginn, im Vorspann des Artikels, lese ich:
"Wer heute noch glaubt, eine Fotografie erzähle Wahrheit, ist ein Exot."

Wer das geglaubt hat, war schon immer ein Exot (oder Idi-).

Die Fotografie hat noch nie für sich reklamieren können, "die Wahrheit" (Definition?) zu erzählen, auch nur erzählen zu können.
Sie kann es genauso wenig wie die Malerei.

Die reine Wahrheit ist ohnehin eine nicht greifbare Größe, ebenso wie die Wirklichkeit, weil die Definition dieser Kategorien durch Menschen
geschieht, welche aber immer nur subjektiv wahrnehmen und urteilen können. Die eine Wahrheit und die eine Wirklichkeit gibt es deswegen
schlichtweg nicht, zumindest entzieht sie sich der Möglichkeit der menschlichen Erkenntnis.

Nun ja - schließlich müssen auch Fülleton-Seiten gefüllt werden. Wenigstens machen sie die Zeitung dicker, und beim Renovieren kann man
jeden Bogen gut gebrauchen. :hehe:

Grüße, Christian
 
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Das einzige, was sich geändert hat, ist die technische Perfektion der Bilder von Profis und begabten Amateuren. Ansonsten wird wie bereits geschrieben, sehr viel Inflationärer geknipst. Ich kann es beurteilen. Ich fotografiere wie die Meisten hier aus Vergnügen und mit Ambition. Aber auch für Geld, habe auch zig Schnappschüsse von meinen Kids auf dem Handy. Alles ok in friedlicher koexistenz. Inhaltlich kaum anders als früher, nur intensiver.
Was die Beweiskraft betrifft... ist bei Pressefotografen Grenzwertig und hängt in erster Linie von seiner journalistischen Seriösität ab. Manipuliert wurde schon immer und ist kaum von der Technik abhängig. Fotomontagen gab es schon zu Dunkelkammerzeiten. Einigermaßen sicher sind vielleicht die Bilder aus Svens Genre. Wenn das Konzert voll war, war es voll. Wenn nicht, wirds vielleicht etwas geschönt, tut aber keinem weh. In der Kriegsberichterstattung sieht das schon ganz anders aus.


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Herr Muscionico hat es geschafft, rekordverdächtig viel groben Unfug in einen Artikel dieser Länge zu packen.

Respekt.
 
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Habe kürzlich gelesen, wie viel ein (männlicher) europäischer Staatschef in der letzten Zeit an Schminke ausgegeben hat.

Die Fotos von ihm erzählen die ungeschminkte Wahrheit - wie soll das gehen ?
Die Welt ist voller Illusionen ... und alle machen mit.
 
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