Es ist einer von vielen Artikeln, welche irgend ein Thema nimmt, es in zeitliche unterschiedliche Epochen stellt, Vergleiche zieht und sich als heroischer Totengräber feiern lässt...
So sehr ich die Auseinandersetzung mit Dingen mag, mit welchem ich mich im Alltag beschäftige, so sehr stören mich die absoluten Extreme.
Fotografie hat sich zwar bemüht, als Kunst betrachtet und geachtet zu werden. Der Ursprung aber der Fotografie war nie Kunst, und die Entwicklung der Technik ging auch nie in diese Richtung. Dies im Gegensatz zu Musik und Malerei. Die gemeinsame Verbindung von Musik, Malerei und Fotografie ist und war dazumal das Handwerk. Malerei wie Musik war Epochen abhängig, und wer das Pech hat Komponist zu sein, welcher mit dem zeitgenössischen Hörverständnis nichts anfangen kann, fristet noch heute ein Gnadenleben. Den Malern ging und geht es nicht anders.
Fotografie lehnt sich an die Optik in ihren unterschiedlichen Facetten. Vom Feldstecher bis zum Mikroskop, vom Passfoto bis zur Kriegsfotografie. Das meine ich überhaupt nicht zynisch, aber es zeigt das riesige Betätigungsfeld der Fotografie auf. Und hier beisst sich die These ins eigene Fleisch: Passfotos werden nicht gemalt und auf den Schlachtfeldern wurden und werden keine Staffeleien aufgestellt. Fotografie ist ein Medium, Malerei hat schon Beginn weg eine andere Ausgangslage als die Fotografie. Dies gilt auch für Musik.
Der Anspruch auf Authentizität bei Fotos kann schon aus ihrem breiten Wirkungsfeld nicht erhoben werden. Wenn ich ein Haus verkaufe und vom Haus und dessen Räumen ein paar Bilder mache, dann ist der Anspruch einer persönlichen Note des Fotografen eher störend.
Die Malerei hatte lange Zeit Angst, dass die Fotografie ihren Platz wegnahm. Fotografie kann das gar nicht. Ich kann kein Blümchen fotografieren, wenn keines da ist. Die Malerei kann ein Blümchen malen, ohne die Staffelei in die Wiese tragen zu müssen. Schon zum Voraus gibt dieser Unterschied der Malerei bezogen auf die Authentizität einen entscheidenden Vorteil.
Die Literatur hat ähnliche Voraussetzungen. Schreiben geht, ohne zu sprechen, ich kann Wörter aneinander reihen so viele ich will. Ob es dann für das Vis à Vis auch Sinn macht ist eine andere Frage. Aber zumindest kann ich ohne Probleme sagen, dass ich das geschrieben habe und es sehr authentisch ist.
Ich gebe dem Autor recht, dass wohl bei vielen fotografierten Sonnenuntergängen über dem Meer, die Handschrift des Fotografen nicht erkennbar ist. Aber muss es das? Es kann einfach auch schön sein, ich drucke es aus, hänge es an die Wand über meinem Sofa und freue mich über das Bild, welches mich an meine Ferien erinnert.
Es wäre vermessen zu behaupten, dass jedes Handyfoto Schrott ist. Ich habe immer wieder grosse Freude, wie neue Optiken auch wieder die Kreativität fördert.
Nur eines gibt mir immer wieder zu denken, und vielleicht ist das der leise Ton des Artikels: Die Tatsache der schnellen Entwicklung lassen immer wieder die Überzeugung zu, dass die Technik für die Qualität der Fotos hauptsächlich verantwortlich sind. Und das ist eine irreführende Annahme.
In diesem Sinne: gehen wir fotografieren und warten nicht auf die nächste Kamera ...