Die Einsamkeit und Geschichten ...

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sam25

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Eine Woche lang haben wir - Claudia und ich - uns ins Tessin verzogen. Zeit, etwas darüber zu berichten.

Zur Dramaturgie: fotografiert habe ich mit der D4, Optik alles manuelle und Nikkor 180mm, 135mm und 50mm plus die V2 mit dem 28mm.

Ich habe Tagebuch geschrieben, bis auf den letzten Abend, jeden Tag. Die Tagebucheinträge korrespondieren nicht immer mit den Bildern, aber geben einen Einblick über das, was und wie ich es erlebt habe. Ihr findet sie in kursiv gedruckt.

Zu den jeweiligen Bildern schreibe ich hie und da etwas. Am Schluss gebe ich noch Details über unsere Wanderungen, inklusive Tips betreffend der Nordtäler des Tessins.

Der Thread wird einige Tage dauern, das Bildmaterial ist enorm, die Informationen und die Eindrücke auch ...

Viel Spass wünsche ich ... :)

Mit was beginne ich ... einem Bild, einem Tagebucheintrag ...


Tagebucheintrag

Man muss verrückt sein im Onsernonetal eine Woche Ferien zu machen. Vor zwanzig Jahre verbrachten wir schon zwei Wochen hier, etwa in der Mitte des Tales, in Berzona.

Während das Maggiatal einladend und weit wirkt, das Bavonatal lieblich und sanft, erreichen mich im Onsernonetal immer kontroverse Gefühle. Ich verstehe nicht, dass man an einem Tag ins Onsernonetal fahren kann und am Abend sagen kann, dass es lieblich ist.

Von Locarno fährt man in Richtung Maggiatal, zweigt vor der Bahnlinie links ab und fährt ein Stück weiter, vorbei an der Dimitri-Scuola im Centovalli. Und dann biegt man nach einer Kurve scharf rechts ab. Dann geht es nur noch bergauf. Wer uninformiert ins Onsernonetal fährt, unterliegt schon zu Beginn weg manchem Irrtum. Wer meint, die 20 Kilometer in kurzer Zeit zurück gelegt zu haben, der wird spätestens in der Hälfte der gefahrenen Kilometer eines Besseren belehrt. Wer meint, mehr PS unter dem Hintern haben hier Vorteil, der irrt ebenfalls. Wenn einem ein Tessiner Lastwagen am Arsch klebt oder der öffentliche Bus nervös hupt, dann weiss man, dass hier Geschwindigkeit und Kraft keine Rolle spielen. Man hat die Wahl: wer sich arrangieren kann, 20 Kilometer in dreiviertel Stunden oder mehr zu fahren, der schafft es bis nach Spruga, zuhinterst im Tal. Der Rest kehrt vorzeitig um, wenn man denn auch eine Stelle findet, wo man wenden kann.

Wer meint, hier gebe es Parkverbote, der liegt ebenfalls falsch. Wenn man seltenerweise eines sieht, dann steht es auf privatem Besitz. Wer meint, dass man vor dem Ferienhaus parkieren kann, der irrt ebenfalls. Und wer meint, dass die Strasse nach gefühlten tausend Kurven einmal gerade aus geht, ist naiv. Entweder man hält den Einstieg in dieses Tal aus, oder man kotzt den Wagen voll. Es gibt eine Hand voll privater Parkplätze, der Rest der Autos wird am Strassenrand parkiert. Und so fährt man durch die wenigen Dörfer mehr oder weniger einspurig. Rückwärts fahren gehört zum gerade aus fahren. Über ist angesagt. Ein Auto am Strassenrand bedeutet in der Regel, dass irgendwo links unten oder rechts oben ein Rustico steht. Aber man sieht es nicht.




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Das erste wie das folgende Bild sind fotografiert von der Alpe Salei. Eine über 2'000 Meter über Meter gelegene Alp im Onsernonetal. Erreichbar zu Fuss, oder mit der Seilbahn vom Seitental des Onsernonetals, dem Valle Vergeletto...


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Der Herbst in unglaublich, die Sicht bezaubernd, obwohl uns das Tal bei Gott nicht freundlich empfangen hat ...

Tagebucheintrag

Hat man dann sein Ziel erreicht, dann setzen sich die Irritationen fort. Wer eine homogene Landbevölkerung erwartet, der liegt falsch, komplett faslch. Das „Volk“ der Onsernoner gibt es nicht. Der dunkelhäutige Buschauffeur gehört genau so zum Bild des Tales wie die Frau, welcher man ihr anthroposophisches Gedankengut schon von Weitem her ansieht. Hier trifft man nichts Homogenes. Das einzig homogene ist im besten Fall das Kunterbunte. Etwa so, wie in einem Fellini-Film. Schriftsteller, Künster, Maler, ja viele Intellektuelle gaben und geben sich hier das Stelldichein. Nicht immer zur Freude der Ortsansässigen, wenn man dann überhaupt von „Ansässigen“ sprechen kann. Die permanente Ab- und Zuwanderung der letzten Jahrhunderte diente letztlich, dem Tal eine Überlebenschance zu geben. Bei diesem Thema unterscheidet sich das Onsernonetal vom Rest der Tessiner Nordtäler nicht. Die Abwanderung war zeitweise hoch. Hunger und Armut trieben Menschen in fremde Dienste oder zur endgültigen Auswanderung. Und jene die zurück kamen oder reich wurden im Ausland, bauten sich im Tal ein grosse Haus. Sofern das dann hier möglich ist und sofern man dann in diesem Tal überhaupt etwas als gross bezeichnen kann.

Das Onsernonetal, wie das Centovalli und das Vercascatal teilen sich auch die Geschichte der Kaminfegerbuben, jene Geschichte der Spaccocamini.



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Zuerst stelle ich das Dorf vor ... später dann noch einmal, bei Sonnenschein. Es lohnt sich auch bei trübem Wetter durch die Gassen zu streifen ...

Comologno ist das zweithinterste Dorf im Onsernonetal auf knapp 1'000 Meter über Meer. Und wie jedes Dorf in diesem Tal, an einen Steilhang gebaut.


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