Manchmal ist es sinnvoll etwas in den Geschichtsbüchern zu schnuppern, auch was die Fotografie betrifft...
Der Tessiner Fotograf Roberto Donetta (1865-1932) war zwar primär Samenverkäufer, war aber gleichzeitig auch Fotograf. Als Verkäufer und Reisender hat er viele Menschen in den Tälern getroffen und hat sie fotografiert.
Er hat nicht nur lebende Menschen bei der Arbeit, an Hochzeiten oder Festtagen fotografiert sondern auch verstorbene Menschen auf den Sterbebetten. Die Aufnahmen von toten Kindern gehören zu den intimsten und berührenden Bildern, welche ich je gesehen habe.
Der Tod war zur damaligen Zeit ein fester Bestandteil des Lebens. Die Fotografie hat eine Möglichkeit mehr eröffnet, sich den Toten zu erinnern und sie mit Bildern in die Ahnenpflege einzubetten.
Sich mit dem Sterben und dem Tod auseinander zu setzen, auch fotografisch, habe ich bei meinem Vater hier im Forum gemacht. Ich fotografierte ihn nicht auf dem Sterbebett, aber der Prozess, die Auseinandersetzung war ein ähnlich. Und es ist ein Thema, das der Fotografie erlaubt, sich mit erweiterten Lebensinhalten auseinander zu setzen.
Für die Betroffen von Sternenkindern heisst das nicht weniger als das, was Donetta den Menschen dazumal im Tessin zurückgab: eine Auseinandersetzung mit Leben und Tod, mit der eigenen Endlichkeit und der Erinnerung an an ungeborenes Leben. Und das ist, wenn es einfühlend gemacht wird nur zu begrüssen.
Fotografie eröffnet eine zusätzliche Möglichkeit, sich mit dem Leben aber auch mit dem Tod auseinander zu setzen. Dabei ist der Fotografierende genau so gefordert, wie die betroffenen Eltern.
Man wird keines Falls dem Thema gerecht, wenn man Vergleiche zieht. Fotografie hat viele Facetten und schafft dem hinter der Kamera für vieles neue Perspektiven und Zugänge. In der Musik, in der Malerei, im Theater und in fast allen Künsten ist der Tod ein Thema seit Jahrtausenden. Und ich bin überzeugt, dass auch die Fotografie zu diesem Thema einen wertvollen Beitrag leisten kann.
Das Buch von Roberto Donetta kann ich nur empfehlen. Jene von Euch, welche die Sternenkindern fotografisch zuwenden, haben meinen grossen Respekt. Und ich wünsche Euch und den betroffenen Familien einen berührenden gegenseitigen Austausch ...