jetzt steht die Diskussion im Raum, ob ein identisches Glas eine differierende Bildwirkung aufgrund des Auflagenmaßes hat!??
Völlig identische Optiken in für unterschiedliche
Auflagemaße konstruierten
Fassungen – wie zum Beispiel die vielen M- und R-Objektiven von Leitz/Leica mit identischen optischen Rechnungen – zeigen nach meinem Verständnis rein für sich genommen (nahezu) keine
"differierende Bildwirkung". So ist zum Beispiel die Bildwirkung des Super-Angulon-M 1:3,4/21 mm rein für sich genommen (nahezu) identisch mit der Bildwirkung des Super-Angulon-R 1:3,4/21mm. Und das gleiche gilt zum Beispiel auch für die letzte Rechnung des Summicron-M 1:2/50mm und des Summicron-R 1:2/50mm oder auch für das Apo-Summicron-M 1:2/90 mm ASPH. und das Apo-Summicron-R 1:2/90 mm ASPH. etc. etc..
Verschiedene optische Rechnungen zeigen jedoch meist auch
unterschiedliche Bildwirkungen - und zwar auch an Kameras mit
identischen Auflagemaßen.
Und an Kameras mit
verschiedenen Sensortechnologien und mit
verschiedener kamerainterner Software können selbstverständlich auch
völlig identische optische Rechnungen
unterschiedliche Bildwirkungen entfalten.
Nach meinem Verständnis sind gemäß der
rein geometrischen Definition von "Schärfentiefe" weder die bildseitige noch die objektseitige Schärfentiefe vom
Auflagemaß abhängig. Soweit ich weiß gibt es meines Wissens daher auch keinen einzigen Schärfentieferechner, bei welchem man das
Auflagemaß per Eingabe variieren kann.
Die bei der
Betrachtung einer Fotografie für den
visuellen Schärfentiefeeindruck maßgebliche
MTF eines Objektivs bei Defokussierung hängt soweit ich weiß ebenfalls nicht vom
Auflagemaß ab, sondern von der
optischen Rechnung des jeweiligen Objektivs, sowie vom jeweiligen Ausmaß der Defokussierung. Veranschaulichende
Beispiele hierfür findet man unter anderem auf den Seiten 22 und 23 dieser Broschüre.
Ferner ob aufgrund des geringeren Abstandes Objektivauflage-Sensor überhaupt eine vergleichbare Abbildungsleistung erzielt werden kann oder eher schlechter ist. (Flacherer Strahlenwinkel, v.A. an den Bildrändern).
Der Winkel, in welchem die Hauptstrahlen auf die Bildebene treffen, steht nach meinem Verständnis nicht in einem
notwendigen Zusammenhang mit dem
Auflagemaß. Er steht jedoch in einem
notwendigen Zusammenhang mit dem
Abstand der Austrittspupille von der Bildebene. Bei einem bildseitig telezentrischen Objektiv, bei welchem alle Hauptstrahlen in einem Winkel von 90° auf die Bildebene treffen, liegt die Austrittspupille zum Beispiel in "Unendlich".
… man könne das Auflagemaß ja ins Objektiv verlagern; so habe ich deine Aussage verstanden, "Und die Austrittspupille kann man ja theoretisch weiter in den Tubus versetzen", korrekt so?
Das
Auflagemaß kann man
nicht in das Objektiv verlagern. Was man jedoch von der Bildebene weg in Richtung "Unendlich" verlagern kann, ist die
Austrittspupille. Mit zunehmender Verlagerung der Austrittspupille in Richtung "Unendlich" nähert sich der Winkel zwischen den Hauptstrahlen und der Bildebene einem Winkel von 90° an.
Warum aber ein neues Bajonett? Ist es nicht so, dass die Öffnung mindestens so weit sein muss, wie die Diagonale des Chips und alles funktioniert und ist möglich oder ist das E-Mount tatsächlich enger oder zu eng?
Der Einfluss, welchen der Durchmesser des Bajonetts auf den Winkel zwischen Hauptstrahlen und Bildebene hat, wird zum Beispiel in folgendem Zitat erläutert:
"Die Austrittspupille ist die Fläche, aus der alle Lichtstrahlen zu kommen scheinen, die auf einen Bildpunkt zulaufen. Ist sie weit entfernt vom Bild, dann haben die zum Bildrand oder zur Bildecke zielenden Strahlen einen geringeren Neigungswinkel zur Bildebene. Objektive, bei denen man diese Neigungswinkel so klein wie möglich macht, werden ‚telezentrisch’ genannt, weil dann die Austrittspupille sehr weit vom Bild entfernt ist.
Telezentrische Objektive erfordern aber sehr große Bajonettdurchmesser, die mechanischen Maße der Kamera setzten da also Grenzen. Es ist auch keineswegs so, dass bei telezentrischen Objektiven alle Lichtstrahlen senkrecht auf die Bildebene auftreffen. Die Öffnungswinkel der Strahlkegel sind bei allen Objektiven nur von der Blendenzahl abhängig und bei gleicher Blende ebenfalls identisch - ganz gleich wo die Austrittspupille liegt. Bei telezentrischen Objektiven ändern sich die Winkel lediglich im Bildfeld weniger."
Quelle (Seiten 11 und 12):
http://blogs.zeiss.com/photo/de/wp-...12/de_CLB_41_Nasse_Objektivnamen_Distagon.pdf
… das Auflagemaß hat nur einen Einfluss auf die Bauform des Objektivs, die Brennweite des Objektivs bleibt davon ja unberührt.
Zur Vermeidung von Missverständnissen: Das
Auflagemaß hat nach meinem Verständnis
notwendigerweise nur einen Einfluss auf eine dem Auflagemaß entsprechende
Konstruktion der Fassung eines Objektivs, nicht jedoch auf dessen
optische Rechnung.
Im Weitwinkelbereich ist ein kürzeres Auflagemaß von Vorteil, weil man dann auf die aufwändigen
Retrofokus Konstruktionen verzichten kann, das ist für die Bildqualität eher förderlich.
Nach meinem Verständnis besteht zwischen dem
Auflagemaß eines Objektivs und seiner
optischen Rechnung streng genommen kein
notwendiger Zusammenhang (siehe zum Beispiel die weiter oben bereits genannten Leitz/Leica-Objektive). Zwischen der
optischen Rechnung eines Objektivs und seiner
bildseitigen Schnittweite besteht jedoch folgender
notwendige Zusammenhang: Je größer bei einer gegebenen Brennweite die bildseitige Schnittweite eines Objektivs sein soll, umso mehr muss die bildseitige Hauptebene in die Richtung des letzten bildseitigen Linsenscheitels verlagert werden:
"Ein besonderes Problem vieler Kameras ist, dass der Abstand der letzten Linse des Objektivs von der Bildebene ein bestimmtes Mindestmaß nicht unterschreiten darf, weil zwischen Objektiv und Bildsensor noch irgendeine technische Funktion Platz benötigt. In der Spiegelreflexkamera ist das der Schwingspiegel, der vor der Aufnahme das Bild auf die Mattscheibe umleitet.
...
Die ersten Objektive für Kleinbild-Reflexkameras nach diesem Prinzip des umgekehrten Teleobjektivs wurden 1950 beinahe zeitgleich von Pierre Angénieuxin Paris und von Harry Zöllner bei Carl Zeiss Jena zum Patent angemeldet. Das Jenaer Objektiv bekam den Markennamen ‚Flektogon’’, und Angénieux nannte sein Objektiv ‚Retrofocus’, um auszudrücken, dass der Fokus nach hinten verlagert wurde. Dieser ursprünglich als Markenname eingeführte Begriff ist schließlich zu einem Gattungsnamen für alle diese Objektive geworden, der heute bekannter ist als der Ausdruck ‚umgekehrtes Teleobjektiv’."
Quelle (Seite 2):
http://blogs.zeiss.com/photo/de/wp-...12/de_CLB_41_Nasse_Objektivnamen_Distagon.pdf
Nach meinem Verständnis des nachstehenden Zitats trifft es weiter nicht
generell zu, dass ein Verzicht auf eine
"Retrofokus-Konstruktion … für die Bildqualität eher förderlich" sei:
"Die beiden Typen von Weitwinkelobjektiven, mit denen sich dieser Artikel beschäftigt hat, besitzen also jeweils ganz spezifische Vor- und Nachteile:
Vorteile der annähernd symmetrischen
Weitwinkelobjektive:
• kleine Baugröße und geringes Gewicht
• sehr gute und gleichmäßige Schärfe trotz des mäßig großen Aufwands
• meist sehr gute Reflexfreiheit
Nachteile der annähernd symmetrischen
Weitwinkelobjektive:
• nicht an jeder Kamera verwendbar
• speziell abgestimmte digitale Sensoren erforderlich
• empfindlicher gegen Änderung der optischen Parameter im Bildraum
• größerer natürlicher Helligkeitsabfall zum Bildrand
Vorteile des unsymmetrischen Weitwinkelobjektivs:
• im Prinzip an allen Kameras verwendbar
• günstige Eigenschaften für digitale Sensoren
• sehr gleichmäßige Bildfeldausleuchtung bei mittleren Blenden
• hohe Anfangsöffnungen sind möglich"
Quelle (Seite 13):
http://blogs.zeiss.com/photo/de/wp-...12/de_CLB_41_Nasse_Objektivnamen_Distagon.pdf
So sind viele heutige Hochleistungsobjektive – wie zum Beispiel die beiden derzeit in Bezug auf die technische Abbildungsleistung wohl leistungsstärksten Standardbrennweiten für das KB-Format, das Zeiss Otus 1,4/55 mm und das Leica Apo-Summicron-M 1:2/50 mm ASPH. -
keine annähernd
symmetrischen Konstruktionen.
Speziell M-Bajonett Objektive können da problematisch sein.
Nach meinem Verständnis jedoch nicht wegen ihres vergleichsweise geringen
Auflagemaßes, sondern wegen ihrer vergleichsweise geringen
Schnittweite. Diese ist nämlich seit den durch die Einführung der Leica M5 und M6 notwendig gewordenen "modifizierten Retrofokus-Konstruktionen" für das M-Bajonett zwar nun etwas größer als bei den älteren annähernd symmetrischen Konstruktionen, aber immer noch
vergleichsweise gering:
"Die in jüngerer Vergangenheit neu gerechneten Biogon Objektive haben eine etwas vergrößerte Schnittweite, um auch mit modernen Kameras die Belichtungsmessung durch das Objektiv zu ermöglichen. Eine bis unmittelbar vor den Schlitzverschluss reichende Objektivfassung könnte die Messzellen verdecken, welche das vom Verschluss reflektierte Licht zur Belichtungsmessung nutzen sollen. Während beim Biogon 4,5/21 die Schnittweite nur 9mm betrug, war sie beim Biogon 21 zur Contax-G auf 12mm vergrößert. Bei allen Objektiven der ZM-Reihe beträgt die kürzeste Schnittweite 15mm."
Quelle (Seite 10):
http://blogs.zeiss.com/photo/de/wp-...12/de_CLB_41_Nasse_Objektivnamen_Distagon.pdf
Ausweislich seines Datenblatts ist zum Beispiel auch das Zeiss Otus 1,4/55 mm ein Objektiv mit einer solchen "modifizierten Retrofokus-Konstruktion", also mit einer zum letzten bildseitigen Linsenscheitel hin verlagerten bildseitigen Hauptebene, auch wenn seine Brennweite ausweislich seines Datenblatts größer ist als seine Schnittweite, und es daher eigentlich nicht zu den "Retrofokus-Objektiven"
im engeren Sinne gehört - zumindest nicht nach deren
eng gefasster Definition (bildseitige Schnittweite größer als Brennweite).