NF-Rezension Andreas Braun. BMW i. Visionary Mobility

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AnjaC

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Eine Rezension unseres Community-Mitglieds Ansgar Hoffmann

Motiviert zu einem Besuch der Ausstellung

Die Museumsschüssel, Ausgangsgebäude des BMW-Museums in München aus dem Jahre 1973, steht von März 2018 bis September 2019 ganz im Zeichen der Elektromobilität und visionärer Mobilitäts- und Fahrzeugkonzepte. Ein Themenpark von rund 30 Stationen beschäftigt sich im Einzelnen mit Batterietechnologie, Nachhaltigkeit, nachwachsenden Rohstoffen, Recycling, Digitalisierung und dem autonomen Fahren (vgl. Webseite bmw-welt.de).

Der Münchener Hirmer-Verlag veröffentlicht zur aktuellen Ausstellung Visionary Mobility die vorliegende Publikation. Auch frühere Ausstellungen wurden vom Verlagshaus Hirmer publizistisch begleitet. Während diese jedoch das Vergangene, die BMW-Historie beleuchteten, will BMW nun den Fokus auf Zukünftiges richten. Große Motivation hierbei dürfte nicht zuletzt das Bestreben sein, in dem noch jungen Segment der Elektromobilität den Anspruch der Technologieführerschaft zu erwerben (vgl. Grußwort, Harald Krüger, Vorstandsvorsitzender) und auch sichtbar darzustellen.

Der Weg zu alternativen Antrieben wurde zwar bereits vor Jahrzehnten eingeschlagen, jedoch erst im Februar 2011 wurde die Marke BMW i geboren: Born Electric wurde öffentlichkeits- und medienwirksam durch eine nächtliche Lasershow rund um die Museumsschüssel in Szene gesetzt. Es folgten 2013 mit dem BMW i3 und dem BMW i8 die ersten „iModelle“. Die Nomenklatur der BMW-eigenen Modellbezeichnung erinnert klanglich sehr an die Ende der 90er erschienen iMac- und iBook-Modelle von Apple. Während sich jedoch Apples i-Serie weg vom Profi-Anwender hin zum Consumer orientierte, so geht es BMW immer noch um das Premium-Segment.

Darüberhinaus gibt es aber nichtsdestotrotz große Ähnlichkeiten der beiden Marken: beide preislich im oberen Segment verortet, beide assoziiert mit Begriffen wie Digitalisierung, Innovation und Vernetzung und ja, in der Selbstzuschreibung auch der gewünschten „Technologieführerschaft“. Und nicht zuletzt sind es die vielen Spekulationen um das noch sehr im Verborgenen werkelnde iCar-Projekt aus Cupertino, bei dem letztlich auch eine Kooperation mit BMW nicht auszuschließen ist.

Herausgeber des Buches

Der promovierte Kunsthistoriker Andreas Braun ist laut Klappentext seit 2008 Kurator am BMW-Museum in München. Vor der Ausstellung Visionary Mobility zeichnete er bereits verantwortlich für die Publikumsausstellungen BMW Group. 100 Meisterwerke, The MINI Story und Rolls-Royce Motor Cars (vgl. hierzu die Publikationen im Verlagshaus Hirmer).

Inhalt

Nach einem Gruß- und einem Vorwort folgt mit Pionier und Vordenker: die Marke BMW i eine Einführung des Herausgebers und Kurators in das Thema der Ausstellung. Dies ist bereits im Titel ein klares Statement pro BMW, das deutlich macht, dass der Herausgeber Teil des Konzerns und somit dem obigen Gesamtziel des Konzerns verpflichtet ist. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Marke BMW i und der Elektromobilität im Allgemeinen ist in diesem Buch von daher nicht zu erwarten.

Das Buch unterteilt sich in die folgenden Kapitel:

  • I Voraussetzungen
  • II Die Anfänge
  • III Die Marke BMW i
  • IV Design und Materialien
  • V Services
  • VI Visionary Mobility

Im Kapitel Voraussetzungen wird die zunehmende Urbanisierung (Stichwort: Megacitys), der Ressourcenverbrauch und die heutige Mobilität thematisiert. In Die Anfänge erfährt der interessierte Leser, dass die Geschichte der Elektromobilität bis ins ausgehende 19. Jahrhundert zurückreicht. Erst die zunehmende Industrialisierung und die Einführung des Fließbandverfahrens in der Automobilproduktion machten die benzinbetriebenen Fahrzeuge konkurrenzlos günstiger als Elektrofahrzeuge und verhalfen ihnen zum Durchbruch. Damit war jedoch die Entwicklung und Erforschung der E-Mobilität nicht zu Ende. Über die Jahre wurden bei BMW verschiedene konventionelle Modelle umgerüstet oder auch eigenständige Modelle entwickelt. 1972 wurden beispielsweise zwei elektrisch angetriebene BMW 1602 als Einsatzfahrzeuge dem Organisationsteam der Olympiade zur Verfügung gestellt.

In allen Kapiteln begeistern hochklassige, teils auch großformatige Produktaufnahmen, Fotografien wie auch Designskizzen.

Das Hauptkapitel Die Marke BMW i beginnt mit einer Mindmap über das i-Concept. Nachhaltigkeit ist eins der zentralen Elemente und soll während des gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeuges Beachtung finden und umfasst somit Entwicklung, Produktion, Nutzungsphase und Recycling. Es werden die zentralen Konzepte des i3 und des i8, inklusive der Vorläuferstudien, vorgestellt und mit beeindruckenden, doppelseitigen Fotografien gewürdigt. Auch die nötige Kfz-Peripherie wird gestreift: der optionale Range Extender, die BMW i-Wallbox und der Weg der Hochvoltbatterien von der Fahrzeugnutzung zur „2nd-Life-Batterie“ in der BMW-Speicherfarm in Leipzig.

Autofahren völlig neu zu denken korrespondiert auch mit einem neuen Design und dem Einsatz neuer Materialien bei der Marke BMW i. Im Kapitel Design und Materialien sind es Designskizzen und Zeichnungen, die an die Stelle der Fotografien treten. In Services dreht sich vieles um Vernetzung, wie DriveNow, ReachNow, ChargeNow und um digitale Dienste, wie My Car, My Journey und My Life.

Um wirklich Zukünftiges geht es im Kapitel Visionary Mobility: Zunächst wird der bisherige Erfolg der Marke BMW i beschrieben. Dann zielt die Perspektive auf den „nächsten großen Wurf“ (Harald Krüger, Vorstandsvorsitzender): BMW iNEXT wird für 2021 angekündigt: zum einen ein Modell, das hoch automatisiertes Fahren (für Kenner: auf Level 3) anbietet, zum anderen weitere Modelle in einer Testflotte, die auf einem noch höheren Level autonomes Fahren erproben sollen (Level 4 und 5). Die verschiedenen Level für autonomes Fahren sind in diesem Kapitel ebenso beschrieben wie der Zusammenhang künstlicher Intelligenz und der Fähigkeit zum autonomen Fahren.

Gestaltung

Der Hirmer-Verlag legt mit Visionary Mobilität erneut eine gewohnt hochwertige Publikation vor. Leineneinband und hochwertige Fadenheftung wissen zu überzeugen. Die Fotografien und Zeichnungen sind von großer Qualität. Das Querformat lädt zum Blättern und Betrachten ein.

Fazit

Ausstellung und Buch verfolgen das Ziel, dass BMW i in der öffentlichen Wahrnehmung gleichgesetzt wird mit visionären Mobilitäts- und Fahrzeugkonzepten, im Sinne des Krügerschen Dreiklangs: autonom fahrend, elektrisch angetrieben, voll vernetzt (vgl. Grußwort). Vor nicht allzu langer Zeit lautete die Assoziationskette bei BMW noch: PS – Hubraum – „Freude am Fahren“ (statt „Freude am Fahren“ sprechen manche auch gerne vom Fahren auf der Überholspur).

Vermutlich braucht es neben den bereits immensen und auch nicht risikofreien Investitionen noch viele weitere Anstrengungen, um die Assoziationen positiv in Richtung Innovation zu verändern. Die Ausstellung in München und das begleitende Buch mögen kleine Bausteine sein. Mehr als dies wird BMW jedoch Käufer benötigen, die die vorgestellten Produkte akzeptieren und so für neue Innovationskraft und einen weiteren Innovationsschub sorgen. BMW und uns allen ist dieser Erfolg zu wünschen.

Einmal mehr steht BMW im Jahr 2018 mit diesem Ausstellungsbuch im Fokus des Münchener Verlages Hirmer. Bereits im Juni 2018 erschien von Frank Seehausen: Sigrid Neubert – Architekturfotografie der Nachkriegsmoderne (Juni 2018). Hier finden sich viele Architekturaufnahmen der Hauptverwaltung und des Museums der Bayerischen Motorenwerke.

Etwas inflationär gerät der Gebrauch der Worte Innovation, Vision und Nachhaltigkeit. Zudem wurde bereits die fehlende Distanz im Buch zum eigenen Produkt wie auch der gesamten Elektromobilität bemängelt. Dieser Mangel jedoch ist naturgemäß, wenn Auftraggeber, Museum, Kurator und Autoproduzent unter einem gemeinsamen Dach firmieren. Die kritische Betrachtung obliegt somit allein dem Leser, der sich jedoch mit dem hier vorgelegten Konzept- und Ausstellungsbuch leicht begeistern und anstecken lassen darf. Er findet eine gute und verständliche Darstellung des Themas Elektromobilität und reichlich Motivation, sich mit dem Thema elektrifiziertes und auch autonomes Fahren weiter zu beschäftigen. Darüber hinaus schafft das Buch es spielend, zu einem Besuch der Ausstellung zu motivieren, zur Besichtigung des Firmenensembles und vielleicht gar zu einer fotografischen Entdeckungstour. 4,5 von 5 Sternen.

Die Daten

Andreas Braun (Hrsg.). BMW i. Visionary Mobility erschien am 1. März 2018 im Hirmer Verlag. 240 Seiten, 175 Abbildungen in Farbe, gebunden mit Schutzumschlag, Hirmer Premium: Panorama-Format 32 x 27 cm.
ISBN: 978-3-7774-3033-1
Preis: 49,90 € [D] | 51,30 € [A] | 60,90 SFR [CH]

Hier geht es zur Leseprobe.

Rezension: Ansgar Hoffmann

Bewertung:
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ISBN: 3777430331

 
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