NF-Rezension Andrea Helbling. Vertreter der Gattung Haus

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AnjaC

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Eine Rezension unseres Community-Mitglieds Ansgar Hoffmann

Häuser und deren Konglomerate

Häuser und deren Konglomerate – in dieser Serie mit dem etwas sperrigen Titel erscheint das preisgekrönte Werk der Zürcher Architekturfotografin Andrea Helbling. Der Titel des Buches ist zugleich Programm, wobei es sich nicht um eine repräsentative Auswahl von Zürcher Häusern und Hausensembles handelt. Auch nicht um die Wiedergabe des repräsentativen Zürichs, der schönen Bauten der Innenstadt. Andrea Helbling macht es sich zur Aufgabe, „das andere Zürich“ zu entdecken, zu würdigen und fotografisch festzuhalten.

„Das andere Zürich“ – so lautet der Begleittext von Beatrice von Matt. Diese von Beatrice von Matt sogenannte „arme Fotografie“ ist das, was Helbings Botschaft auszeichnet: Während sie für Architekten und öffentliche Behörden als Dienstleisterin Gebäude und Städtebauliches fotografiert, ist sie in dem hier vorliegenden Werk ihre eigene Auftraggeberin.

In einer Langzeitstudie von Zürcher Häusern adoptiert sie die von ihr abgelichteten Gebäude zu ihren eigenen und bezeichnet sie auch als „meine Häuser“ (entnommen aus „Das andere Zürich“). Zunächst sind es Gebäude aus der Vorkriegszeit, dann vor allem aus den 40er bis 60er/70er Jahren, die das Interesse Helblings gefunden haben. Ihren Bildern ist „die Zelebration des Neuen fremd“, so beschreibt es an anderer Stelle im Buch treffend André Bideau.

Möglicherweise ist der ein oder andere Leser beim ersten Betrachten des Buches irritiert durch den fehlenden Querschnitt in der Auswahl, zumal es auch keinen Hinweis im Titel des Buches gibt. Die Lektüre der anspruchsvollen Begleittexte lenkt jedoch den Fokus des Lesers auf eben dieses Ansinnen Helblings: Gerade das unauffällige Gesicht der Stadt, die Gebrauchs- und Alltagsgebäude nach ihrem städtebaulichen Stellenwert zu befragen und dieses vor der weiteren schleichenden Zerstörung zu dokumentieren, dem „vorausgeahnten Verschwinden“ (André Bideau). Den Lesern und Betrachtern ihrer Bilder zeigt Helbling die Stadt, „die wir alle sehen könnten, würden wir hinsehen“ (Begleittext „Unerkannte Schönheit betrachten“ von Nadine Olonetzky).

Der promovierte Architekturkritiker André Bideau thematisiert den gigantischen Transformationsprozess, ja -druck durch ökonomische Interessen, der zu einem Umbauprozess der Stadt in historischem Ausmaß führte und beschreibt das Ansinnen Helbings und ihre Ausführung in eben jenem Kontext.

Format
Auf 192 großformatigen Seiten finden sich 180 Abbildungen. Besonders beeindruckend zeigen sich die vielen seitenfüllenden und doppelseitigen Fotografien. Bei einzelnen Gebäuden wählt Helbling meist die Frontalansicht. Sie hebt nicht besondere Einzelheiten hervor, sondern zeigt die Häuser, wie sie sich dem Vorbeigehenden auch präsentieren würden (würde man nur hinschauen, siehe oben!).

Die Fotografien sind von ausgesprochen hoher Qualität.

Fazit
Der Verlag Scheidegger&Spiess legt wie gewohnt dem geneigten Lesepublikum ein anspruchsvolles und qualitativ hochwertiges Buch vor, das vor allem denen empfohlen werden kann, die an Architektur und Städtebau interessiert sind. Die Auszeichnung 2017 mit dem renommierten Schweizer Fotopreis zeigt die übergeordnete, fast exemplarische Bedeutung ihrer Arbeit.

Nach zunächst „gefühlten“ vier Sternen kann man nach intensiverer Beschäftigung mit dem Buch sich nur für die Bestnote aussprechen. Fünf von fünf Sternen.

Die Daten
Andrea Helbling. Vertreter der Gattung Haus erschien am 4. Juli 2017 im Verlag Scheidegger & Spiess. Fotografien von Andrea Helbling. Texte von André Bideau, Beatrice von Matt und Nadine Olonetzky. 1. Auflage , 2017. Gebunden, 192 Seiten, 180 sw Abbildungen, 23 x 32 cm
ISBN 978-3-85881-516-3
Preis CHF 69,00 | EUR 68, 00

Rezension: Ansgar Hoffmann
Bewertung:
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ISBN: 3858815160

 
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