Motorrad, Fotografie und Schreiben
Gemeinsam mit unserem Partner dpunkt.verlag starten wir heute eine neue Serie mit Autoreninterviews. Wir rezensieren und empfehlen euch nun schon so lange die Neuerscheinungen auf dem Fotobuchmarkt – aber wer sind eigentlich die Menschen hinter den Buchseiten? Was treibt sie an, warum schreiben und fotografieren sie, was sind das für Typen?
Sozusagen als „Versuchskaninchen“ für unsere neue Artikelreihe hat sich dankenswerterweise Julian Eichhoff zur Verfügung gestellt, dessen Buch Motorräder fotografieren in wenigen Tagen im dpunkt.verlag erscheinen wird.
Und das wollten wir wissen:
Herr Eichhoff, warum fotografieren Sie – und seit wann?
Ein Foto ist etwas Bleibendes, das empfinde ich als sehr befriedigend. Ich mag es, ein Bild so zu gestalten, wie ich es im Kopf habe. Fotografie ermöglicht die Kontrolle über das Licht und die Perspektive. Das ist übrigens einer der Gründe, warum ich so gerne mit Blitzlicht arbeite. Ich kann damit in fast jeder Situation die Lichtstimmung beeinflussen und so ein Bild erstellen, das etwas Besonderes ist.
Mit der Fotografie begonnen habe ich circa 2004 mit einer Casio Exilim mit 3,1 Megapixeln. Das war eine vollautomatische Kompaktkamera, an der kein Belichtungsparameter eingestellt werden konnte. Nach ersten Erfahrungen, die ich eher als „Knipsen“ denn Fotografieren bezeichnen würde, habe ich mir 2006 meine erste Spiegelreflexkamera gekauft, eine Nikon D70s. Da ich mit dieser Kamera nun alle Belichtungsparameter individuell steuern konnte, habe ich Fotografie ab diesem Zeitpunkt als „ernsthaftes“ Hobby betrachtet.
Gibt es Berührungspunkte zwischen der Fotografie und anderen Interessen?
Die Antwort ist wenig überraschend in meinem Fall: Motorräder und Motorrad fahren. Motorräder sind technische Meisterwerke und bedeuten Freiheit sowie Individualismus. Sie machen einfach Spaß. Außerdem –wieder keine Überraschung- schreibe ich sehr gerne: Ich blogge seit 2010 auf Lumenatic.com über fotografische Themen. Diese drei Interessen greifen nahtlos ineinander: Ich habe Spaß an Motorrädern, fotografiere diese und schreibe danach auf dem Blog über die Shootings.
Was war Ihr beeindruckendstes oder berührendstes Erlebnis in der Fotografie?
Mein fotografisches Schlüsselerlebnis hatte nichts mit Motorrädern zu tun und ist im Grunde auch nicht besonders spektakulär gewesen. Es war aber ein wichtiger Punkt in meiner fotografischen Laufbahn. Ich war während des Studiums für sechs Monate in Australien und hatte dort die oben erwähnte Casio Exilim dabei. Nach einem Ausflug ans Meer sichtete ich die Bilder und war baff. Die Farben waren kräftig, die Landschaften beeindruckend. Solche Bilder hatte ich bislang nicht gemacht. Und da fiel der Groschen: Stimmen Licht und Motiv, kommt selbst mit einer extrem einfachen Kompaktkamera ein starkes Bild heraus. Das liest sich jetzt recht banal, aber manche Grundprinzipien muss man durchdrungen, und nicht nur verstanden haben.
Und was Ihr lustigstes?
Ich habe mal Fotos von einer Aprilia Tuono gemacht. Die Maschine gehört zum Edelsten, was man für Geld kaufen kann. Der Besitzer wollte die Maschine dann ein halbes Jahr später verkaufen und hatte die Anzeige mit Fotos aus dem Shooting geschaltet. Daraufhin bekam er mehrere wütende Emails: Das sei offensichtlich eine Betrugsmasche, niemand hat solche Bilder von seiner Maschine, die Fotos seien bestimmt aus dem Internet geklaut und er hätte daher gar nicht so ein Motorrad zum Verkauf.
Ich habe das mal als Kompliment genommen. (Hätten wir auch 😉 – die Redaktion )
Kurios war, wie die Geschichte weiterging. Der Besitzer hat danach mit dem Handy eigene Fotos gemacht und sich (absichtlich) keine Mühe gegeben: Einmal im Stehen um das Motorrad herumgegangen und alle Fotos hochkant geschossen, was direkt zwei Sünden in der Motorradfotografie sind. Die Bilder waren also echt nichts Besonderes, die Maschine damit aber nach einer Woche verkauft.
Warum wollten Sie ein/dieses Buch schreiben? Gibt es davon nicht schon genug?
Ein Buch ist die logische Konsequenz aus meinen verschiedenen Interessen, denn es vereint Motorräder, Fotografieren und das Schreiben. Ich selbst habe viel aus Blogs und Büchern gelernt und wollte mit meinem eigenen Blog der Fotocommunity etwas zurückgeben. Das Buch ist nun ein Herzensprojekt gewesen. Denn ja, Fotolehrbücher gibt es viele, aber keines behandelt das Fotografieren von Motorrädern, von daher handelt es sich um eine Lücke. Und einen Bedarf für so ein Buch sehe ich durchaus: Wir haben in Deutschland 16 Millionen Menschen mit einem Motorradführerschein und circa 4 Millionen zugelassene Motorräder. Da muss es, schon rein statistisch betrachtet, eine erhebliche Schnittmenge mit der fotografierenden Bevölkerung geben.
Was liegt Ihnen mehr: fotografieren oder schreiben?
Mir macht beides sehr viel Spaß, aber wenn ich mich festlegen muss, nehme ich das Schreiben. Ich hatte schon immer Spaß daran, einem Text beim Entstehen zuzusehen und auch immer viel geschrieben (bis dato aber kaum etwas veröffentlicht). Aber ich brauche beides, von daher bin ich froh, dass die Frage nicht lautete „Wenn Sie nur eins von beiden weitermachen dürften, was wäre das?“
Was motiviert Sie im Leben? Und was können Sie überhaupt nicht ausstehen?
Ich mag es, kreativ sein zu können und auch die Möglichkeit zu haben, Ideen umsetzen.
In der Kategorie „geht gar nicht“ rangieren bei mir Engstirnigkeit bzw. ein beschränktes Weltbild ganz weit oben.
Was ist für Sie ein richtig gutes Foto?
Ein Foto ist dann „richtig gut“, wenn man beim ersten Betrachten spontan „Wow“ sagt. Bei einem richtig guten Foto merkt man, dass der Fotograf Hirnschmalz und Arbeit in das Bild gesteckt hat. Das kann sich auf verschiedene Arten äußern: Eine besondere Perspektive oder Lichtsetzung/Lichtstimmung, den richtigen Moment abgepasst, eine außergewöhnliche Komposition des Bildes.
Haben Sie ein Lieblingsfoto?
Ein Bild aus dem Shooting mit der Aprilia Tuono gehört zu meinen Favoriten. Hinter der Maschine standen drei Blitze auf dem Fußboden, der Raum (eine Tiefgarage) war dunkel. Die Blitze feuerten in Richtung Kamera, werden aber von dem Motorrad verdeckt. Durch die Enge in der Tiefgarage wurde das Licht aber so stark hin und her reflektiert, dass eine tolle Ausleuchtung der Szene entstand. Bis auf ein paar Details mit dem Korrekturstempel ist das Bild so, wie es aus der Kamera kam.
Was würden Sie einem Einsteiger in Ihr fotografisches Spezialgebiet raten?
Die Motorradfotografie ist ein sehr technisches Thema, daher muss man sie sich Stück für Stück erarbeiten. Einsteiger sollten es daher locker angehen lassen und nicht sofort eine Phalanx an Blitzen, Softboxen und Reflektoren aufbieten. Startet z.B. mit einem einfachen Setting unter Laternenlicht und macht euch erst mit den Perspektiven vertraut. Nehmt dann Shooting für Shooting etwas Neues hinzu. Im Buch habe ich zu den relevanten Themen Trainings eingefügt, anhand welcher man sich Stück für Stück weiterentwickeln kann.
Vielen Dank, Herr Eichhoff – und viel Erfolg beim Motorradfahren, Fotografieren únd natürlich Bücher verkaufen 🙂
Apropos: Das Buch
Unser Rezensent wartet schon gespannt auf sein Rezensionsexemplar, muss aber genauso wie ihr mit den Hufen scharren und sich noch ein paar Tage in Geduld üben.
Ihr könnt aber natürlich schon vorbestellen. Hier sind die Eckdaten:
Julian Eichhoff. Motorräder fotografieren. Bikes on Location, im Studio und in Bewegung erscheint voraussichtlich im Oktober 2017 im dpunkt.verlag. Ca. 282 Seiten, komplett in Farbe, Festeinband. Ein E-Book ist in Vorbereitung.
ISBN: Print: 978-3-86490-506-3
Preis: 32,90 €
Leseproben
- Inhalt (PDF)
- Die Ausrüstung (Auszug) (PDF)
- Motorradporträts on Location (Auszug 1) (PDF)
- Motorradporträts on Location (Auszug 2) (PDF)
- Motorräder in Bewegung (Auszug) (PDF)
- Reisefotografie (Auszug) (PDF)