Im Trend: Fotografieren mit Graufiltern
Jede Zeit beziehungsweise Epoche steht auch in der Fotografie für Stilrichtungen, die sich mit zunehmender Anhängerschaft zu Trends entwickeln kann. Graufilter, auch als ND-Filter bezeichnet, verzaubern aktuell auf magische Art und Weise, so dass die eingefangenen Motive mit der so gewonnenen visuellen Anmutung mitunter nur noch bedingt die Wirklichkeit widerspiegeln. Darin liegt auf der einen Seite das reizvolle, wie die überaus sehenswerten Bildeinsendungen zum großen Fotowettbewerb Blende 2016 von Sebastian Porzelle, Quentin Burbach, Cord Santelmann und Dirk Kerps belegen. Die Prophoto-Redaktion hat dazu einen interessanten Artikel verfasst, den wir freundlicherweise als Gatbeitrag veröffentlichen dürfen.
Solche Aufnahmen, das gilt es nicht zu verschweigen, rufen immer wieder auch Kritiker auf den Plan. Von diesen sollte man sich nicht beirren lassen. Sie haben ihre Berechtigung und sensibilisieren hin zur Selbstkritik. Diese wiederum ist wichtig für den eigenen fotografischen Reifeprozess. Ganz entscheidend für den eigenen fotografischen Erfolg ist, von den vielfältigen Möglichkeiten der kreativen Einflussnahme in der Fotografie Gebrauch zu nehmen und zu dieser gehören die Optionen, die Graufilter bieten. Wie sehr die Fotografien von der Wirklichkeit abweichen hängt davon ab, welchen man einsetzt und wie mit der Belichtungszeit gespielt wird.
Wirkungsweise und mögliche Einsatzgebiete von Graufiltern
Mit einem Graufilter kann die einfallende Lichtmenge reduziert werden, um so eine längere Belichtungszeit zu erhalten oder mit einer größeren Blendenöffnung fotografieren zu können. Nichtkenner werden sich womöglich fragen, für was das gut sein soll, da doch beispielsweise immer wieder lichtstarke Objektive propagiert werden. Möchte man zum Beispiel eine Wasseroberfläche wie die des Meeres glätten, so geht dies nur mit einer Belichtungszeit von mehr als 15 Sekunden. Solch eine lange Belichtungszeit ist nur durch den Einsatz eines Graufilters möglich. Weitere Beispiele sind fließende Gewässer und Wasserfälle. Nur durch eine Langzeitbelichtung von mehr als eine Sekunde gelingt eine weiche und fließende Darstellung. Oder wie sieht es mit der Darstellung des Himmels mit seinem Wolkenspiel aus? Die Langzeitbelichtung führt zu einer ganz anderen Darstellung der Wolken, die dadurch wesentlich intensiver wirken. Graufilter kommen aber auch gern zum Einsatz, wenn Personen und/oder Fahrzeuge verschwinden sollen oder man sie nur andeuten will. Das ist sehr reizvoll bei sehr belebten Plätzen. Liegt die Belichtungszeit hier bei zirka zwei Sekunden, dann verwischen Personen und Fahrzeuge. Wird eine Belichtungszeit von mehr als einer Sekunde gewählt, dann verschwinden alle bewegten Objekte. Viele Fotografen greifen auch zum Graufilter, um ein beeindruckendes Bokeh zu erhalten.
Graufilter, bekannt auch unter dem Namen ND-Filter (Neutral Density = neutrale Dichte) oder Neutraldichtefilter, sperren das gesamte sichtbare Lichtspektrum gleichmäßig und führen dadurch zu einer Lichtreduktion, ohne Farben und Kontrast zu beeinflussen. Die Anwendungen sind vielfältig und teils experimentell. Idealerweise hat ein solches Graufilter eine „waagrechte“ Transmissionskurve im sichtbaren Spektralbereich, d.h. alle auf das Filter durchdringenden Spektralfarben wirken mit gleicher Intensität auf den Empfänger (Film, Sensor,…). Bei einem durchfärbten Filterglas bestimmen die Beimengungen der Glasschmelze seine charakteristische Wirkungsweise. Bei einem Graufilter aus gefärbtem Filterglas ist dies nicht anders. Deren Beimengungen bewirken allerdings, dass im Rotbereich die Transmissionscharakteristik leicht erhöht wird. Dies liegt unbeeinflussbar in der chemischen Zusammensetzung des Glases begründet. Das bedeutet letztlich, dass dieser Rotbereich gegenüber den anderen spektralen Farbkomponenten überbewertet und somit stärker belichtet. Es entsteht daraus ein leichter Warmtoneffekt. Je stärker das Graufilter ist, umso mehr dominiert der Rotanteil. Bei Digitalkameras wird mittels Weißabgleich gegengesteuert, eventuell fallen nachträgliche Korrekturen mit einem Bildverarbeitungsprogramm an.
Das Angebot an Graufiltern ist mit ND 0.3, ND 0.6, ND 0.9, ND 1.8, ND 2.0 und ND 3.0 umfangreich. Sie unterscheiden sich in der Stärke voneinander. Glücklich können sich all jene schätzen, die über so ein Sortiment verfügen, denn dann können sie je nach Situation und Intention den passenden Graufilter wählen. Steht man nun vor einer Anschaffung so würden wir je einen mit geringer, mittlerer und starke Dichte wählen. Beim Kauf muss man darauf achten, dass die Hersteller die Stärke ihrer Filter unterschiedlich angeben. Dies hat zur Folge, dass man bezüglich der Belichtungszeit möglicherweise nicht einfach auf eine Tabelle zurückgreifen kann, um die Belichtungszeit zu ermitteln.
Aufnahmemodus
Der M-Modus, also der Aufnahmemodus, bei dem alle Einstellungen manuell vom Fotografen vorgenommen werden, erweist sich in über 90 Prozent der Aufnahmesituationen als die beste Wahl. Man könnte auch denken, dass die Blendenpriorität/Zeitautomatik (z.B. A- oder AV-Modus) eine gute Wahl ist. Hier wird die Blende vorgegeben und die Belichtungszeit wird automatisch von der Kamera ermittelt. Dieser Modus bietet sich jedoch höchstens für den Erhalt der Anfangsbelichtungszeit an – mehr aber auch nicht, denn die Kamera ist nicht in der Lage, die korrekte Zeit zu berechnen. Das gleiche gilt auch für die Blendenautomatik.
Stativ ist Pflicht
Bei Langzeitbelichtungen, und um nichts anderes handelt es sich, wenn mit einem Graufilter fotografiert wird, ist ein Stativ Pflicht. Dem Drei- beziehungsweise Vierbeinstativ ist der Vorzug vor dem Einbeinstativ – oftmals auch als Monopod bezeichnet, zu geben. Wichtig ist, auf einen stabilen Stand zu achten und jegliche Erschütterung während der Aufnahme zu vermeiden. Aus diesem Grund ist ein Fernauslöser ratsam, denn schon durch das händische Auslösen der Kamera kann es zu Verwacklungen kommen. Sofern man ein neues Kameramodell besitzt, das über die Option verfügt, per Tablet oder Smartphone gesteuert werden zu können, so stellt dies natürlich eine Alternative zum Fernauslöser dar. Wird mit einer Spiegelreflexkamera fotografiert, so sollte man die Spiegelvorauslösung nutzen, um die Wahrscheinlichkeit möglicher Verwacklungen weiter zu minimieren.
Bilder und Texte mit freundlicher Genehmigung von Prophoto.
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