Nikkor AF 24-120/3.5-5.6 D: langsamer Autofokus bei Brennweite 24 mm (Nikon F4S)

Ando

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Mein geliebtes Reporterzoom überraschte mich plötzlich mit langsamem und ruckartigem Fokussieren an der Nikon F4S bei 24 mm Brennweite im Autofokusbetrieb.

Drehe ich den Brennweitenring leicht in Richtung längere Brennweite, klappt das Fokussieren wieder auf allen Entfernungen, auch bei 24 mm.

Schaltet die Belichtungsmessung nach 16 Sekunden ab, wiederholt sich der gleiche Vorgang unregelmäßig, sobald die Belichtungsmessung der F4S an ist.

Mein Nikkor AF 20-35/2.8 D verhält sich dagegen unauffällig, so dass ich nach Reinigung aller Kontakte an Zoom und Kamera den Fehler im Objektiv suchte.

 
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Da ich das AF-Problem nicht lösen konnte, wird daraus ein umfangreicheres Reparaturprojekt mit Zerlegung.

Michael @Beuteltier hat zur möglichen Fehlerursache wichtige Hinweise gegeben.

Wir vermuten, dass die Widerstandsbahn mit Schleifer im Objektiv zur Übertragung der Zoomstellung an die Kamera etwas verrutscht ist. Damit stimmen dann die Signale nicht mehr.

111.jpg

Es handelt sich demnach also um ein mechanisches und erst als Konsequenz daraus ein elektronisches Problem.

Um die Stelle im Objektiv überprüfen zu können, muss es zum Teil demontiert werden.

Das ist nicht ganz einfach, aber auch nicht unmöglich 😇
 
4 Kommentare
Beuteltier
Beuteltier kommentierte
Bei diesem Foto sehe ich, dass das Flexkabel, welches in die Schleifbahn übergeht, sich ab dem letzten Viertel schon vom Tubus, auf den es geklebt ist, abgelöst hat. Meistens genügt es in dem Fall, die Schleifbahn mit einer Heißluftpistole zu erhitzen und dann auf dem durch die Hitze erweichten Kleber korrekt auszurichten und fest anzudrücken, damit sie wieder festkleben. Zusätzlich kann man dann die Enden der Schleifbahn mit einem kleinen Tropfen Superkleber sichern, der nach der Aushärtung nicht mehr wandert. Dabei muss man nur darauf achten, die blanken Teile der Schleifbahn vom Superkleber frei zu halten, z.B. indem man vor dem Klebstoffeinsatz die blanken Teile mit Öl bestreicht - das kann man später wieder abwischen. Solche Arbeiten mache ich oft ohne sehr weitgehendes Zerlegen...
 
Ando
Ando kommentierte
Danke!

Aber um das auszurichten, muss ich draufschauen können, und das klappt nicht.

Am Zerlegen wird also kein Weg vorbeiführen.
 
Beuteltier
Beuteltier kommentierte
Mit einem Zahnarzt-Spiegel sieht man auch "um's Eck".
 
Ando
Ando kommentierte
Das habe ich bereits versucht, aber mein
Spiegel kommt da nicht hin.
 
Zum Glück gibt es das Repair Manual zum Objektiv.

Und da kann man sich orientieren, wie das Zoom aufgebaut ist:

IMG_7980.jpeg

Ein wichtiger Hinweis ist gleich zu Beginn zu finden.

Eine optische Baugruppe kann nach dem Zerlegen und Zusammenbauen nur von Nikon wieder justiert werden.

Bzw. konnte, denn das 24-120 ist ein schon lange eingestelltes Produkt, das vermutlich nicht mehr von Nikon serviciert wird.

Gut, dass bei meinem Exemplar in dieser Baugruppe alle Linsen klar sind und somit kein Reinigungsbedarf besteht.

IMG_7979.jpeg

 
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Das Repair Manual bringt mich vorerst nicht weiter, mir fehlt noch der Überblick, wie das Zoom aufgebaut ist.

Einfach drauf losschrauben bringt nichts, aber es gibt ein Video, wo das Objektiv zum Teil zerlegt wird.

Das werde ich mir ansehen.

 
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Hm, da geht’s um den Ausbau des Bajonetts (da war ich schon) und der hinteren Linsen. Aber das bringt mich nicht zu der Stelle mit Schleifer und Kontaktbahn.

Wie so oft scheint die Lösung nur ein paar Millimeter entfernt zu sein, aber der Weg dorthin wird in Kilometern gemessen ;)

Ohne Demontage des Tubus wird das nicht klappen.

Und das ist nichts, auf das ich mich freue, so viel sehe ich anhand der Explosionszeichnung oben.

Also werde ich sehen, ob ich nicht von oben mehr erkennen kann, die Stelle ist ja einsehbar, nur ist nicht viel Platz, um dort zu arbeiten.
 
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Damit ist die Recherche im Web schon wieder beendet.

Zwei Möglichkeiten sehe ich:
  1. Versuch, das Problem weiter von außen zu lösen.
  2. Auf Entdeckungsreise gehen und das Zoom demontieren.
1 erscheint mir aussichtsreicher als 2.

Bereits weit weniger komplex aufgebaute Zooms sind fordernd.
 
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Die dritte Möglichkeit - eine Sektion, ohne das Zoom wieder zusammenzubauen, bleibt immer.

Dann ist es zwar nicht mehr verwendbar, eignet sich aber als Studienobjekt. Und für Ersatzteile.

Das macht aber nur Sinn, wenn beim Zerlegen systematisch vorgegangen und nichts dabei beschädigt wird.

Diese Option ergibt sich aus 2

***

Ich kann es auch lassen und das Zoom in die Kiste zu den anderen, noch ungelösten Fällen legen.

Vielleicht bietet sich in der Zukunft eine Lösung an.

Aber das macht mich hier auch nicht froh.

Wäre es ein wertvolles Objektiv, im Sinne von Verfügbarkeit und Preis, würde ich mir dafür eine Werkstatt suchen.

Aber Ersatz kostet unter EUR 100,-.

Was tun?

Entscheidung:

Zuerst Option 1, Reparaturversuch von außen, ausreizen.

Dann 2 - und wenn ich mich dabei verirre, 3, die Sektion.

Das ergibt für mich Sinn.

Denn voll verwendbar ist das Zoom so ohnehin nicht mehr.
 
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Reparatur gelungen

Die Lösung für den stockenden Autofokus am kurzen Ende des Zooms war, nachdem ich das Repair Manual nochmals durchgesehen hatte, überraschend einfach.

Der Schleifer, der mit dem Zoomring über das Kontaktefeld im Tubus bewegt wird, sitzt auf einer Halterung (s. im Bild Teil #70):

4.jpg


Diese Halterung ist in den Zoomring eingeschoben und kann bewegt werden. Gesichert ist sie mit einem Klebestreifen.

Zugänglich wird die Halterung, wenn man die Gummierung vom Zoomring abnimmt, was hier einfach zu machen ist, da sie nicht verklebt ist.

Hier habe ich den Bajonettring bereits abmontiert, was nicht notwendig gewesen wäre:

6.jpg


Durch zwei Öffnungen (grüne Kreise im Bild) links und rechts von der Halterung (gelber Pfeil), kann die Position des Schleifers auf der Kontaktebahn beobachtet werden:

8.jpg


Dazu braucht es eine gute Beleuchtung und eine Vergrößerungshilfe. Ich habe dazu das stärkste Glas in meine Lupenbrille eingesetzt.

Ich habe gesehen, dass bei Zoomringstellung auf Anschlag 24 mm die beiden Enden des Schleifers auf einer nicht leitenden Fläche liegen. Bei allen anderen Zoomstellungen kontaktiert jedoch der Schleifer.

Das passte mit meiner Beobachtung zusammen, dass der Autofokus wieder ohne Stocken funktionierte, wenn ich den Zoomring etwas in Richtung größerer Brennweiten drehte.

Ebenso habe ich festgestellt, dass die 24-Millimeter-Markierung am Zoomring eine Spur unter dem weißen Abgleichstrich am Tubus liegt (roter Pfeil):

8.jpg


Offenkundig stimmte der Anschlag des Zoomringes bei 24 mm nicht mehr. Und diese geringe Abweichung führte dazu, dass der mit dem Zoomring gekoppelte Schleifer keinen Kontakt mehr hatte.

Drei Möglichkeiten, die Abweichung zu korrigieren, kamen infrage:
  1. Die geklebte Kontaktebahn justieren.
  2. Den Anschlag des Zoomringes korrigieren.
  3. Die Position des Schleifers anpassen.

ad 1: Das wäre nur mit Lösung der Verklebung möglich. Das ist bei den engen Platzverhältnissen nicht sinnvoll möglich, da weder Lösungsmittel noch Hitze kontrolliert eingebracht werden können. Dazu kommt die Kunststoffbauweise, die solche Maßnahmen eher ausschließt.

ad 2: Ich konnte den Anschlag des Zoomringes nicht ausmachen, daher nicht machbar.


ad 3: Die, offenkundig auch von Nikon, vorgesehene Lösung

Ich entfernte das Klebeband über der Halterung, hebelte diese mit einem Schraubendreher etwas an, da sie festsaß, und stellte dann den Schleifer für die 24-Millimeter-Position nach Sicht ein.

Die Schleiferenden sitzen nun knapp auf der leitenden goldenen Kontaktbahn (und nicht mehr auf der darunterliegenden, nicht leitenden schwarzen Fläche):

2.jpg


Diese neue Position der Halterung fixierte ich wieder mit Klebeband:

5.jpg


Die Position des Schleifers bei maximaler Zoomstellung 120 mm kontrollierte ich durch die zweite Öffnung.

Der Schleifer sitzt zwar jetzt nicht mehr mittig auf der Kontaktebahn, kontaktiert jedoch einwandfrei, wie der Test ergab.
 
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Den Bajonettring zu demontieren hätte ich mir, wie schon gesagt, sparen können, da für die Justierung nicht notwendig.

Beim Festschrauben des Bajonettringes überdrehte ich eine der beiden kurzen Schrauben.

Das ist rasch geschehen, da diese Schraube in ein Kunststoffgewinde greift:

3.jpg


Dennoch sitzt der Bajonettring, gesichert durch die drei anderen Schrauben, fest.

Ein Test an meiner Nikon F-501 und Nikon F4 zeigte, dass das Zoom wieder ohne Probleme fokussiert:

7.jpg


Fazit
  • Was auf den ersten und zweiten Blick als nicht oder nur mit großem Aufwand und Risiko machbar erscheint, kann auf den dritten Blick zu einer verhältnismäßig einfachen Angelegenheit werden.
  • Ob Nikon Probleme wie dieses durch die servicefreundliche Konstruktion vorausgesehen hatte, bleibt dahingestellt. Jedenfalls muss für die Behebung nur sehr wenig Aufwand betrieben werden.
  • Warum diese eine Bajonettschraube in Kunststoff dreht, kann ich nicht nachvollziehen. Aber vielleicht finde ich dazu noch etwas im Repair Manual.
  • Da ich die Justierung des Schleifers auf Verdacht durchgeführt habe, kann ich nicht garantieren, dass die an die Kamera übertragenen Werte für die Zoomstellung korrekt sind. Ein Testfilm wird zeigen, ob es so passt.
+++

Alle Angaben ohne Gewähr, Nutzung erfolgt auf eigene Gefahr :)
 
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Es stellt sich noch die Frage, warum der Zoomring dejustiert ist

Eine Erklärung wäre ein fehlender Ring, mit dem das Objektiv beim Eindrehen in das Kamerabajonett gegriffen werden kann.

Dafür bietet sich dann der breite und gummierte Zoomring an.

Da das Eindrehen immer gegen Widerstand geschieht, dreht sich dabei der Zoomring gegen den Uhrzeigersinn auf die kleinste Brennweite, das sind die 24 mm.

Aufgrund der Kraft, die auf den Anschlag des Zoomringes einwirkt, ist es denkbar, dass sich auf Dauer der Anschlag eine Spur nach links verschiebt. Und das reicht aus, um den Schleifer auf der Kontaktbahn zu unterbrechen.

Beim Ausdrehen wirkt Kraft auf den Anschlag für die maximale Brennweite 120 mm.

Da hier für den Schleifer, über den Anschlag hinaus, noch ausreichend Kontaktbahn vorhanden ist, wirkt sich eine Dejustierung nicht aus.
 
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volkerm
volkerm kommentierte
Andreas, wie groß war die Verschiebung ungefähr? Auf den Vorher/Nachher-Bildern sehen ich in beiden Fällen den weißen Strich fast mittig, ist das nur so eine winzige Verschiebung?

Auf jeden Fall sehr interessant zu sehen, wie die Zoomposition erfasst wird. Darüber hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht.
 
Ando
Ando kommentierte
Hier ist die Abweichung der 24-Millimeter-Markierung vom Abgleichstrich nach rechts deutlicher zu sehen:

0.jpg

Aber da muss man schon genau hinsehen.

Ich gehe davon aus, dass der Strich mittig über der 24 stehen muss.

Diese Differenz zum Soll entspricht genau dem kleinen Stück Entfernung der Schleiferenden vom Beginn der Kontaktbahn.

Der Schleifer sitzt buchstäblich auf Null.
 
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Ando
Ando kommentierte
Offenkundig ist das AF-System auf die Erfassung der Zoomstellung angewiesen.

Bekommt es keine Daten, ruckelt sich der AF an den Fokuspunkt heran.

Das dürfte bei diesem Zoom hier der Fall gewesen sein.

Signalwert 0 ist offenkundig nicht vorgesehen.
 
Ando
Ando kommentierte
Bei der Stellung auf maximale Brennweite steht jedenfalls der Strich mittig über der 120:

00.jpg
 
Ando
Ando kommentierte
Wenn es sich hier, wie Michael schon gesagt hat, um einen digitalen Abgriff handelt, sollte die genaue Stellung des Schleifers pro Kontaktfeld nicht ausschlaggebend sein. Hauptsache er liegt im vorgesehenen Bereich.

Analog wäre es anders, da der Spannungswert kontinuierlich mit dem Widerstandwert der Widerstandsbahn ansteigt.

Das bedeutet, dass ich mir um den Schleifer hier keine Gedanken machen muss, ob er nun die Kontaktfläche gerade noch abgreift oder in ihrer Mitte.

Allerdings ist das nur eine Vermutung.
 
@Beuteltier Michael, kannst du das AF-System kurz erläutern, also welche Signale das Objektiv mit der Kamera austauscht?
 
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Beuteltier
Beuteltier kommentierte
Das Verhältnis Drehweg der AF-Stange zum Treffen des Fokuspunktes hängt vom Phasenunterschied ab, den das AF-Fokus-Modul erfasst.
Bei einer langen Brennweite ist der Phasenunterschied für eine bestimmte Strecke, die das Fokussierglied zurück legen muss, geringer als bei einer kurzen Brennweite. Deshalb wird der Drehweg größer, je länger die Brennweite ist, und kleiner, je kürzer die Brennweite ist.
Wenn nun kein der Brennweite entsprechendes 4-Bit-Wort vom Schleifer kommt, weil der Schleifer keinen Kontakt hat (=> 4-Bit-Wert 0000 oder 1111), wird von der CPU im Objektiv angenommen, dass entweder die mittlere Brennweite des Zoombereiches gewählt wurde, was dazu führt, dass der Drehweg bei langen Brennweiten zu kurz ist und bei kurzen zu lang (=> der AF erreicht den Fokuspunkt nicht ganz bzw. dreht darüber hinaus und kehrt wieder um), oder er kennt sich gar nicht mehr aus und knurrt nur noch...
 
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