Unser Community-Mitglied Wuxi hat den Freevision VILTA for GoPro getestet. Für Ungeduldige stellen wir die Zusammenfassung gleich an den Anfang; der detaillierte Bericht folgt unten. Lasst euch aber das Testvideo im weiteren Verlauf des Artikels nicht entgehen!
Summary
Ein hochwertiges und ziemlich perfekt funktionierendes Gerät, empfehlenswert für den, der viel mit GoPro filmt. GoPro 5 oder höher allerdings ist empfehlenswert.
Pro/Contra
Pro
- In der Praxis beindruckend gut funktionierende Winkelstabilisierung
- Ausgezeichnete, solide Verarbeitung
- Zweiteiliger Aufbau erlaubt auch die Montage auf Helm oder anderen GoPro-Montagesockeln
Contra
- Schwaches Feedback des Betriebszustandes (Recording) bei GoPros ohne Display
- Nicht wasserfest, GoPro nur „nude“ einsetzbar
- Batteriewechsel bei der GoPro erfordert Demontage, dennoch Stromversorgungskabel nicht inklusive
Inhaltsverzeichnis
- Summary
- Pro/Contra
- Wer testet das?
- Was ist in der Schachtel?
- Inbetriebnahme
- Wie funktioniert das?
- Praxistest – Bad Cannstatt 2017
- Fazit und Bewertung
Wer testet das?
Ich bin Frank, auch bekannt als „Wuxi“ aus der Nikon-Community. Ich bin ewiger Foto-Amateur – das heißt, ich bringe überschaubare fotografische Leistungen, aber habe eine hochwertige Ausrüstung. Als Gelegenheitsfilmer benutze ich meine GoPro 4 Kamera eigentlich nur wenige Male im Jahr vorwiegend bei Ski- oder Fahrradtouren. Dabei kommen mit der Helmmontage üblicherweise recht verwackelte Ergebnisse heraus.
Daher hat es mich auch sehr gefreut, dass ich die Gelegenheit zu diesem interessanten Produkttest erhielt, den ich sogleich zur „Praxis-Erprobung“ herabstufen will, da ein Test für mich immer auch viel mit Messen zu tun hat, und das kann ich nicht leisten.
Ich benutze ein stabilisiertes Gimbal also zum ersten Mal und habe daher keinerlei Vergleichsmöglichkeit mit ähnlichen Geräten, dies einfach mal vorneweg als Disclaimer.
Was ist in der Schachtel?
Ich habe das Promotions-Gerät via Anja bzw. Bettina erhalten, es war also nicht mehr in OVP. Erhalten habe ich den Gimbal (Griff und Mechanik), Kabel und Bereitschaftstasche. Die GoPro 4 habe ich selber beigesteuert.
Dazu gleich die ersten Erkenntnisse:
- Das Gerät macht einen sehr soliden und präzisen Eindruck und fühlt sich mit seinen 430g auch gewichtig an (ganz anders als die GoPro.)
- Die Bereitschaftstasche ist gar nicht schlecht und schützt den Gimbal und die GoPro bei kleinen Außenabmaßen ganz gut.
- Der Freevision VILTA funktioniert nur mit GoPro 3,4,5,.. und baugleichen Geräten und auch nur im „nackten“ Zustand, also ohne das wasserdichte Gehäuse. Das ist vermutlich unvermeidlich da sonst ein viel größeres Gerät entstanden wäre, ich wollte es aber zumindest einmal ansprechen.
Inbetriebnahme
Vor der Inbetriebnahme empfehle ich das Herunterladen der englischsprachigen, aber erfreulich kurzen Betriebsanleitung. Dann folgt erst mal das Aufladen von Gimbal und Batteriegriff, jeweils einzeln(!), was ein paar Stündchen dauern kann, dann aber eine Laufzeit von 8h verspricht (Handbuchangabe).
Die mechanische Montage ist simpel. Fast alle Bedienelemente der GoPro bleiben erreichbar. Allerdings kann man die Batterie nicht mehr wechseln, was bei der kurzen Laufzeit der GoPro Batterien eine Einschränkung ist. Es scheint ein Kabel zu geben, mit dem die GoPro vom Handgriff aus mit Spannung versorgt werden kann. Dieses Kabel ist aber leider nicht im Lieferumfang enthalten, das ist schade.
Ebenso einfach ist die Kopplung von GoPro und VILTA via Funk – dabei wird der VILTA als Fernsteuerung für die GoPro festgelegt und diese kann dann vom Handgriff aus bedient werden.
Es gibt eine App, mit der man das Gerät noch im Detail vielfältig weiter konfigurieren kann, um nur ein Beispiel zu nennen: Überkopfbetrieb. Ich habe diese App für meine Erprobung nicht installiert und kann daher sagen: die Basics funktionieren auch ohne App, was ich persönlich positiv finde.
Besonders hervorzuheben: das Gerät funktioniert bei Inkaufnahme einer kürzeren Betriebsdauer auch ohne den Handgriff und kann dann auf alle GoPro-kompatiblen Sockel montiert werden (Helm, Selfiestick, usw.). Das eröffnet noch viele weitere Möglichkeiten, die ich gar nicht probieren konnte.
Wie funktioniert das?
Wie funktioniert denn eigentlich die Stabilisierung und welche Modi gibt es? Hier muss ich gestehen, dass ich das Manual mehrfach lesen musste, bis ich das Konzept verstanden habe.
Man muss sich zunächst einmal daran erinnern, was Pitch, Roll und Yaw sind – auf Deutsch Nick-, Roll- und Gierwinkel – um zu verstehen, was mit den wichtigsten Betriebsmodi „Semi Follow“, „Follow“ und „Hold“ gemeint ist. (Es gibt dann auch noch „Selfie“ und andere Modi, das will ich hier mal weglassen.)
Der VILTA stabilisiert nur Winkelabweichungen, keine Translationen (logisch, wie denn auch, trotzdem wichtig sich bewusst zu machen).
Wenn man es einmal kapiert hat, ist alles sehr einfach und vielleicht nur schwierig zu beschreiben:
- Der Modus „Semi-Follow“ (1xKlick) erlaubt das Verschwenken um die Gier-Achse (Hochachse), während der Horizont (=Nick- und Rollachse) stets stabil gehalten wird. Beim Schwenken werden zu hektische Bewegungen auch gemildert, d.h. die Kamera hinkt dem Bediener hinterher und schwenkt sanft nach. Wichtig: nach oben schwenken geht nicht!
Dieser Modus ist vermutlich der am häufigsten gebrauchte. - Der Modus „Follow“ (2xKlick) erlaubt Schwenken um Gier- und Nick-Achse (also auch nach oben/unten) und hält nur die Rollachse stabil, so dass der Horizont nie schräg ist.
Braucht man z.B. für Schwenks nach oben. - Der Modus „Hold“ (Klick+Halten) hält alle Winkel stabil, egal wie man den Handgriff auch dreht und wendet.
Sinnvoll für maximal stabilisierte feste Einstellungen ohne Schwenks.
Ein 2-D-Verstellknopf erlaubt das manuelle Verstellen von Nick- und Gierachse aus der Null-Lage. Also z.B. wenn man im Modus „Semi-Follow“ trotzdem nach schräg unten schauen will. Ein 3xKlick am Handgriff stellt alles zurück auf Null.
Praxiserprobung – Bad Cannstatt 2017
Um den VILTA in Praxis zu erleben, habe ich das Gerät auf einen ausgedehnten Spaziergang über die Cannstatter Wasen mitgenommen. Aus den Ergebnissen habe ich das unten verlinkte Video zusammengeschnitten. Bitte um Vergebung, dass es deutliche Schwächen in der Bildqualität hat, ich habe leider auch aus Versehen das alte iMovie9.x verwendet und musste danach noch die Videoformate konvertieren. Aber die Wirkung des Gimbals wird meiner Meinung nach sehr gut sichtbar.
Es sind durchwegs Freihandaufnahmen. Im späteren Verlauf sogar unter Alkoholeinfluss. :scherz:
Die Stabilisierung von Schwenks oder auch Standbildern ist meiner Meinung nach sensationell. Man beachte z.B. die Einstellungen Riesenrad oder das Karussell in der vorletzten Einstellung. Als wäre die Kamera auf dem Stativ.
Auch „Kamerafahrten“ funktionieren sehr gut, z.B. mit dem Arm nach oben. Ich kann mir auch vorstellen, dass man den VILTA mit tollen Ergebnissen an das Ende einer Stange oder eines Selfiesticks montieren könnte, um meterweite Fahrten zu realisieren.
Die Grenzen der Stabilisierung sind bei mir persönlich dann erreicht worden, als ich im Gehen quer zur Laufrichtung filmte (siehe Einstellung Zuckerwatte-Bude). Die Auf- und Ab-Bewegung durch meine Schritte kann nicht kompensiert werden und macht seekrank.
Ein ärgerliches Manko im Zusammenspiel von GoPro und VILTA-Gimbal (und dem lauten Volksfest) ist allerdings das unzuverlässige Verhalten des Auslösers. Man muss für Video 2,5sec lang drücken, dann piepst die Kamera und die Recording-Diode blinkt. Ersteres überhört man leicht, zweiteres sieht man nicht, da die Diode unter dem Daumen ist. Ich habe leider 4-5 Szenen gefilmt, die nachher aus diesem Grund nicht im Kasten waren. Am Ende habe ich zur Sicherheit immer vorne auf die GoPro geschaut ob sie auch läuft. Das kann es aber auch nicht sein, so fängt jede Einstellung erst mal mit dem eigenen Gesicht an.
Das liegt natürlich nicht am VILTA alleine, sondern auch an der GoPro 4, ist aber in der Praxis ein Manko. Die GoPro Hero 5 hätte dann ein Rückdisplay, da wäre das Problem nicht vorhanden.
Freevision VILTA in Action from Wuxi on Vimeo.
Fazit & Bewertung
Ein hochwertiges und ziemlich perfekt funktionierendes Gerät, empfehlenswert für den, der viel mit GoPro filmt. GoPro Hero 5 oder höher ist allerdings unbedingt empfehlenswert wegen des Monitors.
Würde ich persönlich mehr filmen, würde ich den VILTA kaufen. Schade natürlich, dass er wirklich nur für GoPro-Kameras funktioniert, auch wenn das aus geometrischen Gründen unvermeidlich ist bzw. ein Gerät für meine Nikons VIEL größer sein würde.
Den Preis finde ich angesichts der feinmechanischen Qualität nicht überhöht. Das Originalgimbal von GoPro, der Karma Grip, ist teurer, größer, nicht ohne Handgriff nutzbar und nennt nur 1,5 h Laufzeit mit einer Ladung.
Ich habe ja einige Kritikpunkte genannt, die aber meistens eher dem Zusammenspiel mit GoPro 4 geschuldet sind. Ich vergebe dem Freevision VILTA daher dennoch fünf von fünf Sternen.
Research
In diesem Video werden drei Gimbals gemeinsam geschüttelt und die Leistung des Freevision ist dabei wirklich herausragend!
Bemerkung: die Kommentare unter dem Movie, dass der VILTA durch seine Position in der Mitte der Platte einen Vorteil hätte, sind nicht zutreffend. Die Geräte sind alle fest montiert. Wenn die Platte um 15 Grad kippt, dann müssen alle Gimbals um -15 Grad kompensieren.