Früher war man stolz fotografiert zu werden, wieso fühlt man sich heute angegriffen?
Und wieso fühlt man sich von einem auf einigen Abstand gemachten Foto bedroht,
liefert der ganzen Welt aber Bilder aus dem eigenen Badezimmer in Nahaufnahme?
Was mir vor allem nicht in den Kopf möchte: Früher war man, wenn ein Foto von einem erstellt und veröffentlicht
worden ist, weit aus mehr exponiert (aus der Masse herausgehoben) als heute. - Zugegeben, heute
kann ein Foto
dank Internet der gesamten Welt dargeboten werden. - Nur, wer guckt da hin?
Die allermeisten Fotos gehen heutzutage doch in der großen Masse der gemachten (und veröffentlichten) Fotos
völlig unter. Und da 99,999 Prozent aller Fotos eher belanglos sind, sind sie auch für 99,999 Prozent aller potentiellen
Betrachter uninteressant.
Das Gefühl mancher Leute geht jedoch in die genau entgegengesetzte Richtung, indem sie glauben, daß 99,999
Prozent aller Fotos für 99,999 Prozent aller Menschen interessant wären und von ihnen angesehen werden.
Oder sie befürchten, daß ausgerechnet dieses eine Foto von ihnen zu den 0,001 Prozent aller Fotos gehört, an denen
99,999 Prozent aller potentiellen Betrachter (oder auch eine Minderheit von 0,001 Prozent) Interesse haben. Das ist
aber nur dann wahrscheinlich, wenn an dem Foto "etwas dran" ist im Sinne einer Grenzüberschreitung (Hose
heruntergerutscht, eingenässt oder ähnlich). Frühestens dann müßte der Abgelichtete sich Sorgen machen.
Außerdem geht heute die - gefühlte - allgemeine Meinung davon aus, daß jeder jedes von ihm erstellte Foto sofort
per Internet veröffentlichen würde. Ich gehe dagegen davon aus, daß der allergrößte Teil aller Fotos als Dateileichen
auf irgendwelchen Speichermedien Schimmel ansetzt und spätestens mit dem Ableben des Speicherchips oder der
Festplatte ins Nirvana eingeht.
Grüße, Christian