Mit der Pole-Pole in 27 Tagen von La Coruna nach Vlissingen (NL)
Ein denkwürdiger Segeltörn über ein besonders schwieriges Seegebiet
Nach 1270 Seemeilen lagen die Biscaya, der Solent und der Ärmelkanal in unserem Kielwasser
Im Februar 2014 erhielten wir das Angebot, für einen Eigner seine Bavaria 38 von La Rochelle Richtung Ostsee zu segeln. Wir sollten das Boot so weit segeln, wie wir es in dem von uns vorgegebenen Zeitplan von 4 Wochen schaffen würden.
Der Eigner, ein früheres Clubmitglied, hatte das Boot zwei Jahre zuvor gebraucht in der Türkei gekauft und wollte es aus Altersgründen in die Ostsee verlegen. Unser Skipper Karl, der den Eigner persönlich kennt, hatte bereits ein Jahr zuvor das Boot mit einer 4-köpfigen Crew von Sizilien nach Barcelona gesegelt.
Der weitere Zeitplan sah so aus, dass das Boot von anderen Crews über den Winter von Barcelona, via Gibraltar bis nach Lissabon gesegelt werden sollte. Dort wollte es der Eigner mit seinem Sohn und dessen Freund übernehmen, um das Boot von dort über die Biscaya nach La Rochelle zu segeln, wo wir es dann übernehmen sollten.
Wir, das sind unser Skipper Karl, mein Segelfreund Jürgen und ich. Wir sind alle drei im gleichen Segelclub, segeln seit zig Jahren und haben alle drei auch ein eigenes Boot. (Mein Boot und das von Jürgen liegen in Holland am Ijsselmeer). Mit Jürgen habe ich auch schon mehrere Törns auf 12-14-Meter-Booten gemacht, es war für uns also nichts Besonderes, mal abgesehen, von den wesentlich schwierigeren Seegebieten der Bretagne, des Solent und des Ärmelkanals; von der Biscaya war ja zu dem Zeitpunkt noch keine Rede.
Bei unserer ersten Besprechung habe ich meinen Kameraden sofort gesagt, dass ich es für ziemlich ausgeschlossen hielt, das Boot in zwei Wochen Osterferien von Lissabon nach La Rochelle zu segeln. Da wir ja nun rechtzeitig Flüge buchen mussten, um das Boot zur Übergabe auch pünktlich zu erreichen, einigten wir uns auf den Flughafen Bordeaux, um von dort aus, egal in welche Richtung, eine günstige Bahnverbindung zu erwischen.
Nach Ostern informierte uns dann unser Skipper Karl, dass der Eigner auf dem Törn von Lissabon Richtung Nord von einem Tier bösartig in den Arm gestochen worden sei und man habe dringend La Coruna anlaufen müssen. Dabei sei man in einen Sturm geraten; bei dem hohen Seegang wurde der Eigner im Toilettenraum gegen das Waschbecken geschleudert und brach sich dabei drei Rippen. An ein Weitersegeln mit ihm war also nicht mehr zu denken. Sein Sohn brachte ihn zum Flughafen und verabschiedet ihn nach Hause. Die restliche Woche blieben der Sohn und sein Freund in La Coruna und machten dort Tagestörns, an eine Überquerung der Biscaya mit 2 Leuten war nicht zu denken.
Nun standen wir da mit unserer Buchung nach Bordeaux. Also Flüge verfallen lassen und neue buchen! La Coruna, alles ausverkauft, also neue Buchung nach Santiago de Compostella.
Jetzt war genau das eingetroffen, was ich im Vorfeld bereits befürchtet hatte: Wir mussten über das (nach Kap Horn) zweitschwierigste Segelrevier der Welt! Nun begann eine der spannendsten Segelphasen in meiner über dreißigjährigen Segelgeschichte.
Das Seerevier Biskaya ist für schwere Verhältnisse, ihre Stürme und Wellen berüchtigt. Die Ursachen hierfür sind im wesentlichem die folgenden:
Kontinentalshelf: Die Wassertiefe in der Biskaya nimmt schlagartig von 3000-4000m auf knappe 200m und weniger ab - lange Atlantikwellen werden dadurch abgebremst und steilen sich auf.
Wellenreflextion: die Wellen können aufgrund der Form der Biskaya-Küsten reflektiert werden. So können gefährliche Überlagerungen entstehen.
Westwinde: Die Biskaya ist ein Durchzugsgebiet atlantischer Tiefdruckgebiete. Ihre Zugbahnen verlaufen durch oder nördlich der Biskaya. Das hat zur Folge, dass Stürme häufig sind und typischerweise eine Westkomponente haben. Legerwall-Situationen können entstehen.
Am Sonntag, dem 6.7. brachte uns ein Segelfreund vom Sauerland zum Flughafen Hahn. Dort stiegen wir um 16.30 Uhr in den Flieger und landeten um 19.20 Uhr in Santiago de Compostella. Dort mieteten wir uns einen Leihwagen und fuhren die ca. 70 km nach La Coruna. Die Angaben unseres Liegeplatzes waren äußerst ungenau, weder Navi noch einheimische Bewohner kannten dieses Hafen, der sich später als der größte an der ganzen Küste herausstellte, wir waren nur an einer ganz falschen Stelle gelandet. Gegen 21 Uhr stieg ich, nach langer erfolgloser Suche an einer Ampel aus dem Wagen und ging zu dem neben uns stehenden Fahrzeug. Ich hatte erkannt, dass da 3 Burschen vom Segeln kamen und nach Hause fuhren. Ich schilderte ihnen mit Händen und Füßen unser Problem, sie erkannten es und lotsten uns eine halbe Stunde von der einen Seite der Stadt zur anderen zum richtigen Hafen. Vor der Hafeneinfahrt hielt der Fahrer die Hand aus dem Fenster mit dem Daumen nach oben, wir bedankten uns freudig winkend, parkten den Wagen im Hafenparkhaus und machten uns auf die Suche nach der „Pole-Pole“. Gegen 22 Uhr waren wir endlich froh, im Cockpit des Segelbootes zu sitzen, das für uns nun für ca. 4 Wochen unsere neue Heimat sein würde.
Wir machten uns frisch und fanden glücklicherweise um 23 Uhr ein kleines Restaurant, in dem wir noch was Leckeres zu Essen bekamen.
Gegen 01.00 Uhr kamen wir in dieser wunderbaren sternenklaren und warmen Nacht zum Boot zurück und hauten uns erst einmal in unsere Kojen (jeder hatte eine eigene Kabine).
Am nächsten Morgen ließen wir es langsam angehen, da wir am Montag sowieso nicht mehr los segeln wollten, da wir ja noch Einkäufe erledigen mussten, außerdem musste der Leihwagen wieder nach Santiago de Compostella zurück gebracht werden.
Bei der Ausfahrt aus dem Parkhaus kam dann der erste Schock: 117 Euro Parkgebühr für 13 Stunden – das war der Hammer! Aber was soll´s, Visa kriegt das alles ja prima hin!
Bilder vom Hafen und der Stadt La Coruna:
Die Nordwestspitze von Spanien.
Ein denkwürdiger Segeltörn über ein besonders schwieriges Seegebiet
Nach 1270 Seemeilen lagen die Biscaya, der Solent und der Ärmelkanal in unserem Kielwasser
Im Februar 2014 erhielten wir das Angebot, für einen Eigner seine Bavaria 38 von La Rochelle Richtung Ostsee zu segeln. Wir sollten das Boot so weit segeln, wie wir es in dem von uns vorgegebenen Zeitplan von 4 Wochen schaffen würden.
Der Eigner, ein früheres Clubmitglied, hatte das Boot zwei Jahre zuvor gebraucht in der Türkei gekauft und wollte es aus Altersgründen in die Ostsee verlegen. Unser Skipper Karl, der den Eigner persönlich kennt, hatte bereits ein Jahr zuvor das Boot mit einer 4-köpfigen Crew von Sizilien nach Barcelona gesegelt.
Der weitere Zeitplan sah so aus, dass das Boot von anderen Crews über den Winter von Barcelona, via Gibraltar bis nach Lissabon gesegelt werden sollte. Dort wollte es der Eigner mit seinem Sohn und dessen Freund übernehmen, um das Boot von dort über die Biscaya nach La Rochelle zu segeln, wo wir es dann übernehmen sollten.
Wir, das sind unser Skipper Karl, mein Segelfreund Jürgen und ich. Wir sind alle drei im gleichen Segelclub, segeln seit zig Jahren und haben alle drei auch ein eigenes Boot. (Mein Boot und das von Jürgen liegen in Holland am Ijsselmeer). Mit Jürgen habe ich auch schon mehrere Törns auf 12-14-Meter-Booten gemacht, es war für uns also nichts Besonderes, mal abgesehen, von den wesentlich schwierigeren Seegebieten der Bretagne, des Solent und des Ärmelkanals; von der Biscaya war ja zu dem Zeitpunkt noch keine Rede.
Bei unserer ersten Besprechung habe ich meinen Kameraden sofort gesagt, dass ich es für ziemlich ausgeschlossen hielt, das Boot in zwei Wochen Osterferien von Lissabon nach La Rochelle zu segeln. Da wir ja nun rechtzeitig Flüge buchen mussten, um das Boot zur Übergabe auch pünktlich zu erreichen, einigten wir uns auf den Flughafen Bordeaux, um von dort aus, egal in welche Richtung, eine günstige Bahnverbindung zu erwischen.
Nach Ostern informierte uns dann unser Skipper Karl, dass der Eigner auf dem Törn von Lissabon Richtung Nord von einem Tier bösartig in den Arm gestochen worden sei und man habe dringend La Coruna anlaufen müssen. Dabei sei man in einen Sturm geraten; bei dem hohen Seegang wurde der Eigner im Toilettenraum gegen das Waschbecken geschleudert und brach sich dabei drei Rippen. An ein Weitersegeln mit ihm war also nicht mehr zu denken. Sein Sohn brachte ihn zum Flughafen und verabschiedet ihn nach Hause. Die restliche Woche blieben der Sohn und sein Freund in La Coruna und machten dort Tagestörns, an eine Überquerung der Biscaya mit 2 Leuten war nicht zu denken.
Nun standen wir da mit unserer Buchung nach Bordeaux. Also Flüge verfallen lassen und neue buchen! La Coruna, alles ausverkauft, also neue Buchung nach Santiago de Compostella.
Jetzt war genau das eingetroffen, was ich im Vorfeld bereits befürchtet hatte: Wir mussten über das (nach Kap Horn) zweitschwierigste Segelrevier der Welt! Nun begann eine der spannendsten Segelphasen in meiner über dreißigjährigen Segelgeschichte.
Das Seerevier Biskaya ist für schwere Verhältnisse, ihre Stürme und Wellen berüchtigt. Die Ursachen hierfür sind im wesentlichem die folgenden:
Kontinentalshelf: Die Wassertiefe in der Biskaya nimmt schlagartig von 3000-4000m auf knappe 200m und weniger ab - lange Atlantikwellen werden dadurch abgebremst und steilen sich auf.
Wellenreflextion: die Wellen können aufgrund der Form der Biskaya-Küsten reflektiert werden. So können gefährliche Überlagerungen entstehen.
Westwinde: Die Biskaya ist ein Durchzugsgebiet atlantischer Tiefdruckgebiete. Ihre Zugbahnen verlaufen durch oder nördlich der Biskaya. Das hat zur Folge, dass Stürme häufig sind und typischerweise eine Westkomponente haben. Legerwall-Situationen können entstehen.
Am Sonntag, dem 6.7. brachte uns ein Segelfreund vom Sauerland zum Flughafen Hahn. Dort stiegen wir um 16.30 Uhr in den Flieger und landeten um 19.20 Uhr in Santiago de Compostella. Dort mieteten wir uns einen Leihwagen und fuhren die ca. 70 km nach La Coruna. Die Angaben unseres Liegeplatzes waren äußerst ungenau, weder Navi noch einheimische Bewohner kannten dieses Hafen, der sich später als der größte an der ganzen Küste herausstellte, wir waren nur an einer ganz falschen Stelle gelandet. Gegen 21 Uhr stieg ich, nach langer erfolgloser Suche an einer Ampel aus dem Wagen und ging zu dem neben uns stehenden Fahrzeug. Ich hatte erkannt, dass da 3 Burschen vom Segeln kamen und nach Hause fuhren. Ich schilderte ihnen mit Händen und Füßen unser Problem, sie erkannten es und lotsten uns eine halbe Stunde von der einen Seite der Stadt zur anderen zum richtigen Hafen. Vor der Hafeneinfahrt hielt der Fahrer die Hand aus dem Fenster mit dem Daumen nach oben, wir bedankten uns freudig winkend, parkten den Wagen im Hafenparkhaus und machten uns auf die Suche nach der „Pole-Pole“. Gegen 22 Uhr waren wir endlich froh, im Cockpit des Segelbootes zu sitzen, das für uns nun für ca. 4 Wochen unsere neue Heimat sein würde.
Wir machten uns frisch und fanden glücklicherweise um 23 Uhr ein kleines Restaurant, in dem wir noch was Leckeres zu Essen bekamen.
Gegen 01.00 Uhr kamen wir in dieser wunderbaren sternenklaren und warmen Nacht zum Boot zurück und hauten uns erst einmal in unsere Kojen (jeder hatte eine eigene Kabine).
Am nächsten Morgen ließen wir es langsam angehen, da wir am Montag sowieso nicht mehr los segeln wollten, da wir ja noch Einkäufe erledigen mussten, außerdem musste der Leihwagen wieder nach Santiago de Compostella zurück gebracht werden.
Bei der Ausfahrt aus dem Parkhaus kam dann der erste Schock: 117 Euro Parkgebühr für 13 Stunden – das war der Hammer! Aber was soll´s, Visa kriegt das alles ja prima hin!
Bilder vom Hafen und der Stadt La Coruna:
Die Nordwestspitze von Spanien.