@Anthracite Mit Zustimmung meines Vaters und meiner Schwestern liegen die Photographica meiner Eltern jetzt bei mir.
Eine Voigtländer Bessamatic mit Seriennummer 25xxx, d.h. aus 1959, mit einem Color Skopar 2.8/50 und einem Super Dynarex, auch aus jener Zeit. 1958 wurde mein Vater berufstätig, da hat er sich vermutlich von seinem ersten gesparten Geld diese gerade herausgekommene Kamera geleistet, die erstaunliche Features bietet, das alles voll mechanisch und - einschließlich der Belichtungsmessung durch Selenzellen - ohne Batterie. Zustand: nahezu neuwertig, da wenig benutzt und immer gut verpackt. Der Belichtungsmesser hat es trotz dunkler Lagerung wohl hinter sich, aber mit externer Belichtungsmessung funktioniert noch alles 1A. Einen Adapter für die Objektive an Nikon F gibt es von Fotodiox, den werde ich mir mal besorgen.
Eine Voigtländer Vito automatic Sucherkamera mit fest verbautem Lanthar 2.8/50mm. Diese Kamera wurde von 1961 bis 1965 gebaut. Auf der noch vorhandenen Bedienungsanleitung steht “Walz & Co. AG St. Gallen„ steht. In St. Gallen hatte meine Mutter eine ihrer ersten festen Anstellungen. Auch bei ihr die Kamera vermutlich einer der ersten wertvollen Gegenstände, die sie sich vom selbst verdienten Geld geleistet hat. Beide Eltern brachten also eine Voigtländer mit in die Ehe. Belichtungsmessung hier auch im Eimer, sonst fast makelos.
Eine Zeiss IKON Contessa LKE, Zustand dito. Tessar 2.8/50mm. Wurde von 1962 bis 1966 hergestellt. Hier kann man mehr einstellen als bei der Bessa, aber ich frage mich, weshalb diese Kamera so kurz nach der Vito angeschafft wurde. Meine Eltern waren seeehr sparsam, vor allem meine Mutter. Es passt überhaupt nicht zu ihr, ein funktionierendes Gerät durch ein neues zu ersetzen. Sie war eigentlich die „künstlerische“ Fotografin bei uns. Es gibt sehr gute, selbst entwickelte Schwarz-Weiss-Bilder von ihr, die sie mit einer Afga clack Mittelformat gemacht hat. Vermutlich war der Selen-Belichtungsmesser schon damals defekt, dann konnte man mit der manuell nicht steuerbaren Kamera nichts mehr anfangen.
Meine Mutter kenne ich bewusst weder mit der Vito noch der Zeiss Ikon, sondern mit der Minox 35 GL, gebaut (und durch meine Eltern vermutlich angeschafft) zwischen 1979 und 1981, mit der sie viel fotografiert und unser Leben dokumentiert hat. Im Moment habe ich keine Batterie dafür, aber ich hoffe, die Kamera funktioniert noch.
Zur gleichen Zeit bekam ich zur Konfirmation meine erste Kamera, eine Agfa Optima 535 Sensor mit Solitar 2.8/40mm. Ich halte es für nicht ausgeschlossen, dass beim Verkaufsgespräch für diese Kamera meine Eltern sich entschlossen, für sich selbst die Minox anzuschaffen.
Die Agfa hatte eine Programmautomatik und die Entfernungseinstellung wurde mit drei Symbolen gesteuert. Eine Knipse halt, aber das Objektiv war so schlecht nicht, wie meine Dias aus Griechenland belegen. Nach vier Jahren gab die Kamera aber auch ihren Geist auf. Bis zum Abitur durfte ich die Minox verwenden, und dann bekam ich endlich meine eigene Spiegelreflex, eine Nikon FG-20 mit Nikon Series E 1,8/50mm und das Abenteuer Nikon begann! Die Agfa habe ich leider irgendwann entsorgt.
Wenn man die wirklich edle und schön gefertigte Bessamatic neben eine Nikon F - gleiches Baujahr - stellt, erkennt man sofort, weshalb die Voigtländer auf Dauer keine Chance hatte. Die Bessamatic arbeitet mit einem im Durchmesser zu klein gewählten Zentralverschluss, der weder hohe Lichtstärken, noch geringe Naheinstellentfernung zuliess. Während Nikon schon damals 50ger mit f2.0, 1.4 und 1,2 baute, war Voigtländers Standard ein 2.8, später gab es ein sehr teures 2.0. Naheinstellgrenze des 50gers 1m, 135mm 4m, 200mm 8m und das 5.6/350mm - eigentlich ein geiles Objektiv - 28m (!). Da konnte Voigtländer nicht nur preislich nicht mit den Japanern mithalten, sondern war schlicht technisch abgehängt.
Feinmechanisch ist es aber alles eine Freude, was mir jetzt hier aus der Familien- und Kamerageschichte vor mir liegt.
Ich hoffe, Euch nicht gelangweilt zu haben und wünsche noch ein schönes Wochenende!