Verwacklung durch Stativschelle?

Thread Status
Hello, There was no answer in this thread for more than 30 days.
It can take a long time to get an up-to-date response or contact with relevant users.

foxmulder

Auszeit
Registriert
In diesem Thread zum Thema 70-200er vs. 70-300er fand ich die folgende Aussage:

Mach Dir wegen der Stativschelle keine Sorgen. Sie wird nur bei schweren und langen Objektiven benötigt um das Bajonett zu entlasten. Die Verwackelungsneigung ist mit Stativschelle prinzipiell größer, da das Gehäuse an einem Hebel hinter dem Drehpunkt frei schwingt und sich der Spiegelschlag verstärkt in Vibrationen umsetzt. Das Fehlen der Schelle beim leichten 70-300 ist ganz klar als Vorteil zu sehen!

Ich war ob dieser Aussage ein klein wenig erstaunt, denn meine Erfahrung ist eigentlich die, das die Stativschelle die ideale Befestigungsmöglichkeit ist um möglichst wenig Ärger mit Verwacklung und Spiegelschlag zu haben. Aber, immer lernfähig und wißbegierig wollte ich mal nach eueren Erfahrungen und Meinungen fragen!?

Gruß
Dirk
 
Anzeigen
Hallo Hans-Peter,

Du reitest hier aber ganz schön auf Details rum... :D In gewissen Dingen hab ich mich vielleicht auch nicht ganz korrekt ausgedrückt, mag sein. Aber wir sind hier ja auch nicht alle Akademiker. ;)

Trotzdem ein kurzes Feedback von mir.

1.
"Einen Gleichgewichtszustand bringt man leichter aus der Fassung, als ein System, das unter (mechanischer) Spannung steht"
Hmmm... frag mich bitte nicht nach Formeln. ;) Wirkliche Erklärungen kann auch ich Dir nicht bieten, aber so wie PeMax erinnere auch ich mich noch vage an dieses "Naturgesetz". Erst muss ja erst die bereits vorhandene Kraft, hier im Speziellen sprechen wir von einem Drehmoment, überwunden werden. Egal ob mit dem, oder entgegen dem Drehmoment. Da bereits eine Kraft vorhanden ist, ist entsprechend ein höherer Kraftaufwand notwendig, als wenn noch keine Kraft vorhanden wäre. Oder kannst Du dies entstärken? Würde mich natürlich interessieren.
Sicher ist zumindest, dass sich ein System, das unter mechanischer Spannung steht, schneller wieder beruhigt. Eine sehr einfache Versucherklärung kann diese sein:
Stelle Dir zwei verschiedene Pendel vor. Ein Gewicht an einer Schnur und eine Blattfeder mit gleicher länge. Wenn Du beide um den selber Weg anstösst, welche schwingt länger...?

2.
Das der Spiegelschlag das System erst in Schwingung bringt, hab ich nicht gesagt. Im Gegenteil. Im darauf folgenden Satz hab ich gar erwähnt, dass bereits die Rotationbewegung davor Schwingungen auslöst. Ist ja ebenfalls logisch. Da die Beschleunigung des Spiegels bereits eine dynamische Kraft darstellt. Diese ist nicht entlang der Rotationsachse... da hast Du natürlich recht. Da hab ich zu wenig genau darüber nachgedacht. Aber das ist ein Detail... ;)

3.
Wenn ich sage, dass der Spiegelschlag der Höhepunkt der Kraftinduktion ist, schliesst dies nicht aus, dass er auch deren Ende ist...! ;) Aber da das Abbremsen auf ungemein kürzerem Weg geschieht, als die Beschleunigung des Spiegels, ist die entstehende Kraft entsprechend höher. Da gibts nichts daran zu rütteln...! :D

4.
So weit ich weiss, ist eine Schwingung genauso eine Amplitude. Respektive, jede Schwingung hat eine Amplitude. Aber ich denke ich weiss was Du ansprichst. Meine Ausdrucksweise war eventuell wirklich nicht ganz korrekt. :D
Aber zumindest ist die dann entstehende Schwingung (Amplitude) wirklich kleiner.

5.
"Die sog. Vorspannung hat IMO keinerlei Auswirkung auf das Ergebnis."
Da bin ich hingegen anderer Meinung. Lass mich aber gerne aufklären. Durch das am Anfang bereits eine vorhandene Kraft überwunden werden muss, ist ein "Bremseffekt" (entschuldige die einfache, vielleicht unkorrekte Ausdrucksweise) vorhanden. Entsprechend wird die entstehende Schwingung in Ihrer Entstehung bereits gehindert, respektive vermindert. Oder mache ich da einen Überlegungsfehler?


Na ja... bin kein Physiker und möchte auch keiner werden. Aber Naturgesetze sind irgendwo meist logisch nachvollziehbar. Ob die eigene Logik einen dann aber zum richtigen Resultat führt, sei natürlich dahingestellt. :D

Gruss
onsight
 
Kommentar
5.
"Die sog. Vorspannung hat IMO keinerlei Auswirkung auf das Ergebnis."
Da bin ich hingegen anderer Meinung. Lass mich aber gerne aufklären. Durch das am Anfang bereits eine vorhandene Kraft überwunden werden muss, ist ein "Bremseffekt" (entschuldige die einfache, vielleicht unkorrekte Ausdrucksweise) vorhanden. Entsprechend wird die entstehende Schwingung in Ihrer Entstehung bereits gehindert, respektive vermindert. Oder mache ich da einen Überlegungsfehler

Hei, nein nicht direkt. Da die übertragende Schwingung sich bei am Stativ befestigter Kamera auf das Objektiv wirkt, dieses aber frei steht, wird dieses auch in voller Länge (Hebelwirkung) von der Erdanziehung beeinflußt und "ausgebremst". Das der Spiegelschlag auch direkt im Kopf und Stativ durch die Anbringung dieser unter ihm zum Teil vernichtet wird, tut ebenfalls einen Anteil. Daraus erklärt sich auch die deutlich schlechtere Wirkung bei Hochformat. Dort ist die Schlagrichtung nicht gen Widerstand gerichtet!

Gruß Kai
 
Kommentar
Richtig...! Im Hochformat sieht die Sache natürlich gleich anders aus. Da sollte es sich dann eigentlich tatsächlich wieder kontraproduktiv auswirken. Zumindest, wenn man die grössere Reibung am Fixpunkt durch den grösseren und vor allem einseitigen Hebel vernachlässigt, der wiederum mehr ausbremst, als wenn der Fixpunkt im Gleichgewicht liegen würde.

Gruss
 
Kommentar
Him

Du reitest hier aber ganz schön auf Details rum... :D
das liegt in der Natur der Sache. Die Physik ist immer so schrecklich kompromisslos :rolleyes:

Okay, Du hast es nicht anders gewollt :cool:. Ich versuchs noch mal anders herum. Das Thema ist ja ganz witzig. Man könnte sich jetzt eine Tüte Chips holen und den Thread bis zum Freitag am Leben halten und sich köstlich amüsieren, wenn es da nicht noch einen ernsten Hintergrund gäbe. Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts hat es mal ein nicht-börsennotiertes Unternehmen gegeben, das relativ aggressiv um Investoren geworben hat. Das einzige Produkt dieser Firma war eine Maschine, die – nach Auskunft des Herstellers auf dessen Hochglanzprospekten - eine Art Perpetuum Mobile darstellt. Es war ein mechanisches Gerät, das dem Impulserhaltungssatz offensichtlich eine lange Nase macht und mehr Energie liefert als man hineinsteckt. Der Witz war, dass es mit ganz ähnlichen Argumenten funktionierte, wie sie hier in diesem Thread für die Verhältnisse am Spiegel genannt werden. Für die meisten Menschen ist es offensichtlich, dass ein Impuls abgegeben wird, wenn es irgendwo kracht. Nur wer in der 9. Klasse Physik noch nicht abgeschaltet hat weiß, dass ein Impuls gleicher Grüße auch mit weniger Getöse (= weniger Kraft) dafür aber über einen längeren Zeit abgegeben wird. Ich hatte damals alle Hände voll zu tun, einen guten Bekannten davon abzuhalten, dass er sich in dieser Firma beteiligt und sich nicht völlig ruiniert. Seitdem bin ich bei solchen physikalischen Erklärungen, die nur das Offensichtliche betrachten, etwas dünnhäutig.

Was hat das alles mit unserem Spiegelanschlag zu tun? Zunächst mal sollten wir nicht mehr alleine von Kräften sprechen, sondern eher von Impulsen, die eine Masse aufgrund ihrer Beschleunigung erfährt. Da die Geschwindigkeit (und damit der Impuls) einer gegebenen Masse umso größer ist, je länger sie (durch Krafteinwirkung) beschleunigt wird, muss man bei dem Spiegelproblem betrachten wie lange eine bestimmte Kraft in welcher Richtung auf den Spiegel einwirkt. Betrachtet man die Kraft, wie sie als Vektor während der Spiegelauslösung den Spiegelschwerpunkt auf einem (achtel) Kreissegment beschleunigt und wieder abbremst (und im gleichen Maß zeitsynchron aber genau entgegengesetzt die Kamera einen Impuls erfährt), so sieht man eine geschlossene Kurve. Die Kurve ist nicht kreisrund und auch nicht oval, sondern (durch den schnellen Start und die noch schnellere Abbremsung) ordentlich eckig … aber sie ist geschlossen. Wäre sie nicht geschlossen, müsste der Spiegel aus der Kamera heraus fliegen, da er dann ja offensichtlich noch einen Differenzimpuls zur Kamera haben muss. Die Impulsabgabe war zeitdiskret, aber in Summe (= Vektorsumme) gleich Null, wenn der Energieerhaltungssatz auch bei der Fa. Nikon gelten soll. Auch und gerade der Impuls, den der Spiegel beim oberen Anschlag an das Gehäuse abgibt, wurde kurz vorher über eine geringere Kraft, aber längeren Zeit von der Kamera an den Spiegel übertragen. Der Impuls beim „Klackgeräusch“ tritt also genauso wenig isoliert von der Vorgeschichte auf, wie es ein im Weltraum frei schwebender Astronaut es schafft sich vorwärts zu bewegen, indem er sich ständig auf den Hinterkopf schlägt :eek:. Dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die Einleitung eines Teilimpulses mit einem „Klack-Geräusch“ einher geht ist physikalisch nicht relevant. Unterm Strich ist nicht entscheidend in welcher Richtung zu einem bestimmten Zeitpunkt der Impulsvektor zeigt, sondern wie sich das schwingungsfähige System (= Kamera plus Objektiv plus Stativ) auf diesen zeitdiskreten Krafteintrag mit wechselnden Richtungen reagiert. Da es sich um eine geschlossene Impuls- bzw. Kraftkurve handelt ist der Ort des Eintrags weniger interessant als der Abstand zur Drehachse (= Hebel) sowie die Masse des Gesamtsystems und das sehr komplexen, nichtlinearen Schwingungsverhalten des Gesamtsystems, dass die eigentliche unbekannte Größe ist (und auch die Lösung für das „Vorspannungs-Geheimnis ;)). Ich weiß, das ist schwer zu verstehen, aber gebt´ der Erklärung bitte eine Chance und seht sie Euch wohlwollend an. Mein Bekannter ist noch nach 10 Jahren dankbar ;).

Da sag´ noch mal einer, fotografieren wäre einfach.

Viele Grüße
HaPe
 
Kommentar
Das ist mal wieder ein sehr interessanter Thread bei dem HaPe den Kern des Problems wohl am Besten erläutert hat.
Die Physik ist nun schon ausreichend diskutiert, ein paar Randthemen sind aber noch offen.

Auch ich bin jemand, der nach einer Stativschelle für das 70-300 verlangt und stehe diesbezüglich schon seit einiger Zeit mit Rainer Burzynski in Kontakt, zuletzt vor etwa einer Woche.
Bei diesem letzten Telefonat sagte er mir, dass er für das 70-300 keine Stativschelle fertigen werde, da zur Befestigung selbiger durch die seitlichen Bedienelemente nicht ausreichend Platz vorhanden sei. Was er mir jedoch anfertigt, ist eine Zweipunktstütze zur Befestigung an der Kamera.

Wozu ich die brauche?
Im Wesentlichen um die Friktion meines Kugelkopfes lockern zu können (was das Nachführen bei Mitziehern erleichtert), um die Amplitude der Schwingung des Objektivs und die Einflüsse des Windes zu verringern.
Außerdem verspreche ich mir ein besseres Handling und mehr Stabilität bei Verwendung des Batteriegriffs.
 
Kommentar
Wenn die Kamera direkt aufs Stativ/Kopf geschraubt ist, wird die Erschütterung durch Spiegelschlag wohl ins Stativ abgeleitet, was sich günstig auf das Bildergebnis auswirkt.
Für mich persönlich sind die Vorteile einer Stativschelle aber weitaus wichtiger, zumal ich im Bedarfsfall die SVA nutzen kann.

Gruß
TG
 
Kommentar
-Anzeige-
Zurück
Oben Unten