Freitags-Thread Venedig ist Digital

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Joerg_O.

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Hallo,
ich war über Karneval in Venedig und hatte melankolische Masken in nebliger Umgebung bei entsprechender Menschenleere erwartet.:rolleyes:

Und das gabs:
Ich komme aus der ruhigen Nebengasse. Weit und breit kein menschliches Leben zu erkennen. Meine Schritte nähren sich der Haupteinkaufsstrasse. Ich glaube meinen Augen nicht. Menschen drängen dicht an dicht. Ich fädle mich in den Besucherstrom. Langsam und quälend geht es Schritt für Schritt Richtung Markusplatz. Überall Polizisten die mit den Händen in der Luft rudern. Ihre Gebärden weisen die Richtung. Unterstützt von ständigem verbalen: "San Marco".
Und wieder stockt der Besucherstrom. Eine junge Asiatin hält ihren Tablet-PC in Richtung der ersten Maskenträger. Ich kann einen kurzen Blick aufs Display erheischen: es mutet an wie der Blick auf die Mattscheibe einer alten Großformatkamera. Moderne Technik, denke ich. Da kann was raus werden.
Und dann sehe ich ihn: den letzten Analogfotografen. Definitiv eine Nikon FG. Im Vorbeidrängen kann ich einen kurzen Blick auf die Gehäuserückwand genießen. Grüne Pappe im Memohalter, sicher was von Fuji denke ich.....Ich habe drauf geachtet. Er war der einzige den ich in den 4 Tagen gesehen habe. Der letzte Mohikaner. Ein Aussätziger in der Masse der Normalen.:)
Abends dann der gleiche Besucherstrom Richtung Rialto. Ich kann einen vorderen Platz auf der Brücke erdrängeln. Es wird dunkel. Die Lämpchen der Gondolierestände und das Licht der Gastronomie erhellen das Sucherbild der DSLR. Schon längst ist es für meinen 100ASA in der F801s zu dunkel. Out of Range, denke ich. Veraltert und daher out of range?
Meine Fingerspitzen ertasten die Taste und das Rädchen für die Empfindlichkeitseinstellung. 1600ASA. Ergibt Blende 8 bei 1/60s. Zufrieden schaue ich durch den Sucher. Es macht sich ein inneres wohliges Gefühl breit. So schlecht ist Digital wohl doch nicht.
Neben mir klickt es im 5s-Takt. Ein Hobbyfotograf hat seine Digitale auf dem Stativ. Zeitgesteuert ca. alle 5s ein Bild. Ist er Fan von Bildersequenzen als Film? Sucht er das optimale Bild aus der Sequenz? Naja, halt digital. Wird am Ende wohl alles gelöscht oder im PC-Nirvana versickern.
Spät Abend verlasse ich den Besucherstrom. Ein kurzer Schritt in die Nebengasse Richtung Ferienwohnung. Niemand mehr zu sehen. Es richt nach Urin. Der eine oder andere muß sich entlastet haben.
Meine Schritte eilen weiter Richtung friedlicher Ruhe. Und dann sehe ich sie endlich: die eiserne Tür meiner Ferienwohnung. Sie war für mich 4 Tage Heimat geworden. Schwer fällt sie hinter mir ins Schloss. Ein letztes Dröhnen im riesigen Hausflur. Und dann ist Nachtfrieden.

Venedig ist inzwischen digital, denke ich noch. Obwohl der Karneval Tradition hat und es wert wäre nochmal analog belichtet zu werden. So wie 1982, als ich zum ersten Mal dort war. Und ihr werdet es nicht glauben: mit der Nikon FG und mit dem Nikkor-Zoom 3.5 43-86mm. :up:

Grüsse Jörg
 
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Vielleicht ist der Karneval auch nur eine Zeit, die besonders viel Knips-Knips-Publikum anzieht? Keine Ahnung, ich war noch niemals dabei. Ansonsten sieht man reichlich Filmfotografen in der Stadt, die alle möglichen Gerätschaften dabei haben. Vor ein paar Wochen traf ich eine Gruppe junger Leute, die auf dem Markusplatz gleich mehrere Lochkameras im Einsatz hatte. Der Chef-Fotograf hatte bei jeder seiner Kameras einen Assistenten postiert, damit nicht irgendein Spaziergänger, das Stativ umläuft oder begraptscht. Solche Leute suchen gar nicht erst ein Datum mit Massenauflauf.
 
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sorry, Venedig-Karneval-Masken und dann das Ganze in nebliger Umgebung bei entsprechender Menschenleere:)
allein schon den Gendanken halte ich für naiv:hehe: .. nicht den Nebel sondern die Menschenleere.
Wäre doch genauso, wenn du dir ausgerechnet den Rosenmontag aussuchst um vom Kölner Dom ruhige Architekturaufnahmen zu machen:hehe:
Würde mich aber freuen, wenn du hier ein paar Bilder zeigen würdest.

P.S.
das Nikkor-Zoom 3.5 43-86mm wird gerne schlechter geredet als es ist.
 
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im Karneval zu fotografieren ist so ein ganz eigenes Thema. das habe ich analog wie digital ausprobiert und bin auch dieses Jahr wieder in beiden genres unterwegs gewesen: zweimal rein analog mit der M2 bzw. mit der Leica Mini für die mini-challenge) und zweimal rein digital mit der X100 bzw. D1.

die Ergebnisse finde ich erstaunlich: ich habe bei jedem Umzug etwa 10-15 ganz gute Bilder gemacht. nichts Preisverdächtiges, aber für meine begriffe ausreichend gutes Bildmaterial.

Dabei habe ich mit der X100 etwa 300 Auslösungen produzieren müssen, mit der D1 nur 150, mit der Mini haben mir 2 Filme gereicht und die M2 kam gar mit einem einzigen 36er aus, um in etwa die selbe Trefferquote abzuliefern.

was mir ausserdem aufgefalen ist: die Kreativität leidet manchmal unter den Möglichkeiten. während ich bei analog beschränkter ISO (400 bzw. 100) zu kreativen Mitteln greifen muss, um trotzdem ein gutes Bild zu bekommen, drehe ich bei der X100 einfach die ISo jenseits der 2000er Grenze. das bessere Bild ist dann aber zrotzdem das, bei dem ich nachgedacht habe, anstatt schnell mal am Knöpfchen zu drücken und die ISO raufzudrehen. als ich das gelernt hatte, wurden die X100-Bilder dann auch besser. (Die D1 ist in der Hinsicht ja eher noch sowas wie elektrisches analog, mit ihren nutzbaren 200ISO und einstellmöglichkeiten bis zu 1600 ISO, die aber hauptsächlich zum Fotografieren von Schneestürmen im Sommer geeignet sind...)
 
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Hallo,
i
Neben mir klickt es im 5s-Takt. Ein Hobbyfotograf hat seine Digitale auf dem Stativ. Zeitgesteuert ca. alle 5s ein Bild. Ist er Fan von Bildersequenzen als Film? Sucht er das optimale Bild aus der Sequenz? Naja, halt digital. Wird am Ende wohl alles gelöscht oder im PC-Nirvana versickern.

Vielleicht hat er auch nur ganz einfach Bilder fuer ein time lapse video gemacht?
 
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Ich fand den Bericht sehr stimmig.

Natürlich,
D1Kurt schrieb:
sorry, Venedig-Karneval-Masken und dann das Ganze in nebliger Umgebung bei entsprechender Menschenleere
das kam mir auch in den Sinn, jedoch eher weil ich damit ein Klischee verbinde. Venedig-Karneval. So klischeehaft wie das verliebte Pärchen unter dem Eiffelturm,

Doch das
So wie 1982, als ich zum ersten Mal dort war. Und ihr werdet es nicht glauben: mit der Nikon FG und mit dem Nikkor-Zoom 3.5 43-86mm.
war wohl die Pointe. Eine melancholische Pointe.
Die für den Berichter in diesen Tagen einzig gesichtete analoge Kamera - das selbige Modell wie de Berichter einst selber erst mal dort war.
Und ich finde da passt zum Klischee, das Klischee erhält eine Realität, ist nicht mehr naiv, tritt gar aus dem eigentlichen Klischee heraus.

Aber noch weitaus klischehafter als der anfängliche Eindruck vermuten liess, finde ich doch die Masse selber. Wie sie fotografieren.
Nein, nicht nur weil digital, denn digital ist die neue, halt aktuelle Form.
Es erinnert mich verdächtig an die Einleitung über "das gute Foto" aus "Nikon Fotoschule" (Verlag Photographie, 1984).

Menschen wollen das fotografieren was sie sehen, was sie erleben, wollen verbildlicht dokumentieren wo sie waren, bei Anlässen - dass sie dort waren.
Sie halten ihr Gerät - muss man ja angesichts der heutigen aufnahmefähigen, multikommunikativen Geräte so sagen - einfach Richtung dessen was sie sehen, in Richtung dessen wofür sie gekommen sind.

Klar, manchen ist ein wenig Hintergrund auch mal ganz recht, Hier vlt noch ein Effekt für die ganz einfallsreichen, da ein Effekt für jene die sich mangels Ideen die "kreativen" Gerätefunktionen zu nutze machen.
Aber das ist nicht weiter schlimm, Fotografie als Solches ist schliesslich kein moral-ethischer Belang. So hat sich im Kern denn auch nichts verändert die Motivationen dass Menschen fotografieren und nicht zuletzt ihre Herangesehensweise, ist 2013 nicht andes als es 1982 war.
Damals waren es nicht Smartphones, Tablets, oder kleinste Digitalkompaktknipsen - oder solche welche mit ihrer DSLR auf Effekthascherei aus sind.
Es waren die XA's, die mijiu's, die FS-1's und auch die EM's.

Digital offeriert halt das was einst ein Chefredakteur der Zeitschrift "Camera" ersehnte - das "Musuem ohne Wände". So sind denn die Dateien schnell mal der Bekanntschaft gezeigt - "hier war ich, seht her, ich war am Karneval in Venedig". "Ich war da und zeige es euch, ich hab' eigene Bilder, auch wenn ihr abertausende davon schon in Bücher, Zeitschriften und im Netz gesehen habt', aber ich war hier; ich".

"Schön", schreibt dann die Kundigunde dem am Karneval fotografierendem Heribert auf facebook, und weil facebook ja immer noch nicht die ganze Welt ist zeigt Heribert auch noch ein Bildchen in seinem Twitter Account "War in Vendeig am Karneval!
Und wieder zurück in heimischen Gefilden, zurück am öden Arbeitsplatz zeigt Heribert sein ganzes fotografisches Können seinem Arbetiskollegen - nicht unerwähnt wie toll das Retinadisplay doch ist, und das iPhone gar gaaar nicht maaal sooo schlechte Fotos macht. Nächstes mal ist sein Kollege dran, Waldemar hat nämlich ein iPad und fährt in zwei Wochen nach Malediven - und man wird es sehen . . .
 
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Ich fand den Bericht sehr stimmig.

. . .

vermute das du mich falsch verstanden hast....
auch für mich ist der Bericht stimmig und angenehm zu lesen...

es ging mir nur darum, das wenn man zu dieser Zeit dort hinfährt, man nicht entäuscht sein darf, wenn sich dort Menschenmassen durch die Gassen schieben.
 
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"Ich war da und zeige es euch, ich hab' eigene Bilder, auch wenn ihr abertausende davon schon in Bücher, Zeitschriften und im Netz gesehen habt', aber ich war hier; ich".

..... und weil facebook ja immer noch nicht die ganze Welt ist zeigt Heribert auch noch ein Bildchen in seinem Twitter Account "War in Vendeig am Karneval!


Hi,
und genau das wurde reichlich praktiziert. Menschen stellen sich neben die Kostümierten, die Verwandten knipsen. So gesehen auch reichlich bei asiatischen Mitmenschen.
Hier noch der Besucherstrom am Bahnhofsbereich:

DSC_0095 von Joerg_O. auf Flickr

Und dann gibt es noch das fototechnische Verfahren, mit Kompaktdigiknipsen den Sonnenuntergangsstimmung am Kanal zu Blitzen. Auch auf 30-100m Entfernung. Auch das ein oft gesehener und gern praktizierter Kniff.:hehe:

Grüsse Jörg
p.s. einige Bilder folgen. Muss sie aber immer erst nach Flickr hochladen.
 
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...oder, man geht einige Male hin, lernt die Masken persönlich kennen ( meistens aus Österreich, Frankreich und Deutschland )

Ja, dann hat man keinen Grund mehr über den vollen Markusplatz und anderen Touris zu klagen.

Man trifft sich ausserhalb der Trudels, de passender Zeit.

Und macht seine Bilder mit Planfilm, Rollfilm KB-Film oder Sensor... egal.

Gruß

Peter
 
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Hi,
hier zunächst analoge SW Bilder.
Um über die Kanäle zu gelangen benutzt man in Venedig Brücken.:D Wo aber keine Brücken sind, gibt es noch das traditionelle "Traghetto". Eine Gondel in der man ürsprünglich stehend über den Kanal gebootet wurde. Da es sich hier um Touristen handelt, darf man auch sitzen. Der Fährpreis beträgt 1 Euro. Der Andrang ist gewaltig. Sicher nicht nur um über den Kanal zu gelangen, sondern auch zur Freude der Beförderten.:)

Techn.Daten:
Nikon F801s, Zoom-Nikkor 3.5 43-86mm
Agfa APX100, Rodinal 1:25, Scanner Epson V330photo (keine Bearbeitung)


Traghetto_01 von Joerg_O. auf Flickr


Traghetto_02 von Joerg_O. auf Flickr


Grüsse Jörg
 
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Hallo,
ich war über Karneval in Venedig und hatte melankolische Masken in nebliger Umgebung bei entsprechender Menschenleere erwartet.:rolleyes:

Na Jörg, das war wohl das Problem. Deine Erwartungen waren halt eben viel zu hoch.

Ich war 2000 zum letzten Mal beim Karneval. Nicht weil es mir zu viel war, sondern weil ich zeitlich nicht mehr konnte. Mit den Ergebnissen war ich auch weitestgehend zufrieden, ich wußte aber immer auf was ich mich da einlasse.

In der Tat ist es möglich mit den "Masken" in Verbindung zu treten, mit einem Pärchen aus der Toskana waren wir damals z.B. essen um dann am nächsten Morgen ein Shooting zu verabreden (so wie 97 und 98 auch). Ein Briefkontakt diente zum Bilderaustausch. Heute geht das natürlich alles einfacher per Mail. Auch die Kombination aus Nebel, Masken und kaum Besucher geht :)

Venedig hat aber - zum Glück - noch viele andere Seiten und so ist ein Kurs mit Rainer Martini (November oder März) genau das Gegenteil. Denn zu diesen Jahreszeiten sind die Besucherströme bei ihrem Minimum angelangt und die Stadt gibt ihren morbiden Charme ganz besonders preis.

picture.php
Gruß
Matthias
 
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So,
ich geh jetzt mal die Schlittschuhe wachsen.
Morgen gehts nach Venedig, das Wetter ist dort grade sehr lausERig,
und dann bin ich mal gespannt was der Herr Ramazzotti aeh Martini
so zu erzaehlen hat.
Ruhige stellen gibts in Vendig aber leicht zu finden.
Selbst Mitte September am Sonntag braucht man nur ein paar Wege
abseits der Hauptverkehrsstrecken gehen und man kann leere Gassen
fotografieren.
Diesmal fliege ich aber zu den versinkenden Altbauten und lasse den Fiat in der Garage.

Gruß
Jürgen
 
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