Türkei - Dampf unterm Halbmond

Thread Status
Hello, There was no answer in this thread for more than 30 days.
It can take a long time to get an up-to-date response or contact with relevant users.

Kiboko

NF-Community VIP Member
Registriert

Türkei - Dampf unterm Halbmond​


Im Oktober 2014 hat sich Kiboko einer Gruppe Eisenbahnfotografen angeschlossen.
Zwischen Usak, Burdur und Isparta wird die letzte betriebsfähige Dampflok (56 548) der Türkischen Eisenbahnen (TCDD) vor Charterzügen eingesetzt.
Die Lok entspricht der Deutschen Baureihe 52.

Die Personenwagen sind aus dem Museumsbestand der TCDD und werden teilweise in alten Farben neu lackiert.
Die letzten Güterwagen in der alten braunen Farbe werden zusammengesucht.
Damit werden gemischte Züge aus Personen- und Güterwagen zusammengestellt.
Diese Züge waren zum Ende des planmäßigen Dampflokeinsatzes vor rund 30 Jahren typisch für die Gegend.

Jetzt kommen 24 Bilder von einer Dampflok



Das Bild zeigt eine verrostete Güterzugdampflok in einer langen Reihe von Schrottlokomotiven.


In Usak ist ein Eisenbahnmuseum geplant. Dort warten in einer langen Reihe ausgemusterte, ausgeschlachtete und verrostete Dampfloks auf das Museum.
56 525 (Deutschland Baureihe 52) wartet auf das Museum oder den Zerfall.

Zum Zeitpunkt unserer Reise war nur noch eine Lokomotive betriebsbereit (56 548).
Ein Jahr davor war noch eine zweite Lok fahrbereit.
Die 56 508 wurde hinter dem Lokschuppen versteckt.
Kiboko hat sie trotzdem gefunden.



Das Bild zeigt einen blick durch zwei Fenster aus einem dunkeln Lokschuppen. Dur die Fenster sind Ausschnitte des Fahrwerks einer Güterzugdampflok sichtbar.


Bild 2: 56 508 steht mit abgelaufener Frist in Usak


Am Nachmittag geht dann die Reise endlich los.
Wir mussten noch eine Runde warten, bis die frische Farbe am vierten Personenwagen soweit getrockent war,
dass die Beschriftung angebracht werden kann.
Wundert Euch nicht, wenn Ihr an den Bildschirm fasst und grüne Finger bekommt.

Das Bild zeigt eine Güterzugdampflok mit 5 Treibachsen  mit einem Zug aus 4 grünen Personenwagen und Güterwagen in einer Kurve vor einer Ortschaft unter grauem Himmel. Aus dem Schornstein entweicht eine schwarze Rauchfahne.


Bild 3: Es geht los. 56 548 bei Usak


Am ersten Tag schaffen wir es nur bis zum nächsten Bahnhof Banaz.

Das Bild zeigt eine Nachtaufnahme einer Dampflok schräg von vorn. Dampf ist im Scheinwerferlicht sichtbar.


Bild 4: Übernachtung in Banaz
 
Anzeigen
Am 2. Tag setzen wir unsere Reise mit dem Charterzug fort.
Wir fahren im Zug mit.
An landschaftlich reizvollen Stellen halten wir an, steigen aus und machen für Fotos Scheinvorbeifahrten.
Teilweise machen wir mehrere Vorbeifahrten an einen Ort und können so unterschiedliche Perspektiven wählen.
In den Bahnhöfen müssen dann Planzüge vorbeigelassen werden.

Hier warten wir in Oturak.
In der Türkei werden schon seit langem die Güterwagen von braun nach grau umlackiert.
2014 war es schon schwierig noch ein paar braune Güterwagen für unseren Fotozug aufzutreiben.
Leider viel die Wahl auf 4 Großraumgüterwagen vom Typ Gabs (G=Gedeckter, a= mit mehr als 2 Achsen, b= Großraum, s = schnell (100km/h)).
Diese Wagen sind leider nicht so ganz typisch für eine Nebenbahn.
Da wir mit den Wagen nicht ganz so glücklich waren, haben wir sie dann irgndwo stehen lassen. :)

Das Bild zeigt eine schwarze Gützerzugdampflok mit 4 grünen Personenwagen und mehreren braunen Güterwagen in einem Bahnhof. Neben den Gleisen stehen Bäume mit herbstlich gefärbten Blättern.

Bild 5: Zwischenstopp in Oturak am 2. Tag


Das Bild zeigt eine Landschaftsaufnahme mit einem Dampfzug in einer Berglandschaft. Die Felder im Vordergrund sind abgeerntet.

Bild 6: In der Steigung bei Dumlapinar


Das Bild zeigt eine Dampflok von Vorn in einer Kurve. Neben den Gleisen stehen Bäume, die die nachfolgenden Wagen teilweise verdecken. Die Lok stößt eine dunkelgraue Rauchwolke aus.

Bild 7: 56 548 dampft die Steigung bei Dumlapinar hinauf

Das Bild zeigt eine Güterzugdampflok mit 4 grünen Personenwagen mit viel Dampf aus Kamin und Zylindern zwischen gelb gefärbten Laubbäumen.

Bild 8: Bunte Bäume in Abendlicht bei Balmahmut
 
Kommentar
Am dritten Tag fahren wir von Afyonkarahisar nach Burdur.
Am Morgen toben wir uns in der Steigung mit engen Kurven und zwei Tunneln bei Tinaztepe aus.

Das Bild zeigt eine Dampflok mit 4 grünen Personenwagen mit sehr starker Dampfentwicklung auf einem Damm for gelbgrünen Laubbäumen. Im Hintergrund ist eeine Ortschaft mit einer Mochee vor hohen, felsigen Bergen.

Bild 9: Am dritten Tag bei Tinaztepe


Das Bild zeigt eine Dampflok bei der Ausfahrt aus einem Tunnel. Grauer Rauch quillt aus dem Tunnel und steigt über der Lok auf.

Bild 10: Ausfahrt aus Tunnel zwei bei Tinaztepe


Gegen Mittag macht die Luftpumpe zum ersten mal schlapp.
Längere Pausen sind die Folge.
Bei tiefstehender Sonne gelingen noch ein paar Aufnahmen für einen versöhnlichen Tagesabschluss.
Eine herannahende Gewitterfront kann uns nicht bremsen.

Das Bild zeigt eine Dampflok mit 4 grünen Wagen in einer kargen felsigen Landschaft im Abendlicht bei tiefstehender Sonne. Der Himmel ist dunkelgrau. Das Lok zieht eine graue Dampffahne hinter sich her.

Bild 11: Im letzten Abendlicht am Abzweigbahnhof Karakuyu
 
2 Kommentare
Kay
Kay kommentierte
Hallo Bernd, Eisenbahnen fotografieren, das kann Kiboko.
Kommen auch noch Aufnahmen vom drumherum wie rangieren, Kohle laden, Lokführer bei der Arbeit, ... ?
 
Kiboko
Kiboko kommentierte
Hallo @Kay
Ich muss Dich leider entäuschen.
Die Bilder dieser Fotoreportage sind aus einer Bildgalerie mit 24 Bildern.
Der Schwerpunkt sind hier Fotos von unserem Charterzug.

Im übernächsten Beitrag wird es ein paar Bilder rund um die defekte Luftpumpe geben.

Als kleinen Bonus für Dich:
In Isparta hat sich ein Hochzeitspaar vor der Dampflok fotografieren lassen.
Möge ihre Liebe länger als die Luftpumpe halten ...

s141017_1845_Isparta_56-548_Paar_6176.jpg
 

Luftpumpe​


Während der Reise geht der Luftpumpe immer wieder die Puste aus.
Ohne Druckluft gibt es keine Bremse.
Ohne Bremse kann die Lok nicht fahren.
Viele Zwangspausen von unbestimmter Dauer waren die Folge.


Zur besseren Reparatur wurde die 56 548 in Burdur in den Schuppen gefahren.
Dort hat das ganze Team die halbe Nacht an der Luftpumpe gearbeitet.

Voriges Jahr hat da die Lok noch in den Schuppen gepasst.
Jetzt gibt es ein neues Rolltor.
Das neue Rolltor ist nicht ganz profilfrei.

Die Dampfpfeife macht daraufhin einen geknickten Eindruck.
Ohne Pfeife darf die Lok auch nicht fahren.
Aus Teilen der Denkmallok in Burdur wird eine funktionsfähige Pfeife gebastelt.

Kaum sind wir auf der Strecke, war die Luftpumpe wieder kaputt.

Am vierten Tag sind daher nur wenige Bilder entstanden.
Immerhin hat die tiefstehende Sonne für einen veröhnlichen Tagesabschluss gesorgt.

Das Bild zeigt eine Dampflok mit einem Personenzug schräg von hinten im Gegenlicht. Über der Lok geht die Sonne unter. Der Himmel ist gelblich gefärbt.
Bild 12: Fahrt in den Sonnenuntergang am vierten Tag bei Burdur


Auf der gegenüberleigenden Seite spiegelt sich die Sonne im Lack von Lok und Wagen.
Glint!


Das Bild zeigt eine Dampflok mit Personenzug schräg von hinten von der Sonnenseite. Die Sonne spiegelt sich in Wagen und Lok und erzeugt eine goldene Reflektion.
Bild 13: Glint bei Burdur


In der Nacht wird der Zug noch nach Dinar geschafft.
Wir wollen in den kühlen Morgenstunden den Zug in der Steigung von Dinar nach Karakuyu mit viel Dampf fotografieren.
Lok und Luftpumpe spielen am morgen des 5. Tages mit.

Das Bild zeigt eine Dampflok mit einem Personenzug bei der Ausfahrt aus einem Tunnel in einem Einschnitt aus hellem Kalkstein.

Bild 14: Am fünften Tag zwischen Dinar und Karakuyu
 
Kommentar
Bild 12 und 13 gefallen mir sehr gut Gruss Wolfgang
 
1 Kommentar
Kiboko
Kiboko kommentierte
Danke Wolfgang für das Lob.
Da Dir die beiden Bilder gut gefallen, habe ich auch gleich noch ein Bonusbild für Dich. :)

Die vier Gabs haben wir inzwischen gegen einen zweiachsigen offenen Güterwagen eingetauscht.

Sonnenuntergang zwischen Gümüsgün und Burdur
Bonsusbild zwischen Gümüsgün und Burdur
 
Nach ein paar schönen Aufnahmen am Morgen ist für die Dampflok

DUR --> Stop!

Das Bild zeigt ein achteckiges rotes Stoppschild mit der Aufschrift: DUR. Darunter ist ein waagerechtes Andreaskreuz. Dahinter ist der Ausschnitt einer Dampflok.

Bild 15: DUR!


Die Luftpumpe ist wieder kaputt.
Der Schlosser gibt alles:


Das Bild zeigt einen Mann mit einem großen Schraubenschlüssel auf dem Umlauf einer Dampflok. Er arbeitet an einer Pumpe.

Bild 16: Lokschlosser bei der Arbeit (Zweitverwertung aus Menschen bei der Arbeit)


Das Bild zeigt einen Ausschnitt von einer Dampflok mit 5 Treibrädern. Drei Männer stehen ratlos in der Mitte davor und betrachten eine Pumpe.

Bild 17: Ratlosigkeit - Ohne Druckluft keine Bremse


Das Bild zeigt zwei Polizisten in hellblau-dunkelblauen Jacken vor einer Dampflok.

Bild 18: Auch die Polizei kann nicht helfen
 
Kommentar
Am Morgen des letzten Tages in Isparta.
Der erste vorsichtige Blick.
Die Dampflok bewegt sich alleine.
Die Lokschlosser haben letzte Nacht die Luftpumpe flicken können.


Das Bild zeigt eine Güterzugdampflok mit Wannentender schräg von hinten im frühen Morgenlicht. Die Sonne spiegelt sich in der Lok.

Bild 19: Am Morgen des letzten Tages in Isparta


Das Bild zeigt einen Mitzieher einer Dampflok vor einem mit einzelnen Büschen dekorierten Berg.

Bild 20: 56 548 in voller Fahrt bei Isparta



Das Bild zeigt eine Dampflok mit einem Personenzug schräg von vorn in einem Einschnitt aus hellem Kalkstein. Aus dem Schornstein kommt eine weiße Dampfwolke.

Bild 21: Zwischen Isparta und Gümüsgün
 
Kommentar
Am letzten Tag spielen wir noch etwas mit dem Zug.
Immer wieder fährt er die Steigung bei Isparta herauf.

Das Bild zeigt eine Landschaftsaufnahme mit einem Dampfzug in einer Steigung. Links ist ein Berghang. Rechts ist eine weite Ebene. Im Hintergrund ist ein Gebirge im Dunst versteckt.

Bild 22: Mit Volldampf bergauf


Das Bild zeigt eine Dampflok mit drei grünen Personenwagen und einen braunen Güterwagen bei der Ausfahrt aus einem kleinen Bahnhof mit einem kleinen gelbem Bahnhofsgebäude.

Bild 23: Ausfahrt aus Bozanönü


Fazit​

Trotz aller Schwierigkeiten ist es doch noch gelungen.
Alle geplanten Strecken konnten befahren werden.
Jeden Tag sind ein paar schöne Bilder entstanden.
Aber seit dieser Reise versucht Kiboko Fotoreisen mit nur einer Dampflok zu meiden.
Das Risiko eines Totalausfalls ist leider sehr hoch.


Das Bild zeigt ein rotes quadratisches Schild mit einem weißen Stern und weißen Halbmond an einer verrosteten Dampflok. Rechts daneben ist mit weißer Farbe ein weißes Herz gemalt.

Bild 24: Alte Dampflokliebe rostet nicht. Oder doch? (Am Führerstand von 57 009 in Usak)

Am Nachmittag ging es mit dem Bus nach Antalya.
Am nächsten Morgen hat Kiboko ein Flieger wieder nach Hause gebracht.


Vielen Dank für Euer Interesse, die netten Kommentare und die Likes.
Bernd
 
Kommentar
Interessante Reportage, beeindruckende Fotos (y)
Organisatorisch stelle ich mir das recht anspruchsvoll vor. Auch sehr langwierig, verbunden mit viel Wartezeit durch die vielen Fahrten vor, zurück, vor, zurück und das Vorbeilassen der Planzüge .... Oder liege ich da falsch?
 
5 Kommentare
Kiboko
Kiboko kommentierte
@Lydian
Danke Steff für das Lob.

Der organisatorische Aufwand ist immens und oft für den Teilnehmer kaum zu erfassen.

Es fängt mit den ersten Planungen an, die sich über Jahre hinziehen können.
Das geht in einigen Ländern hoch bis auf die Ebene Bahnchef, Eisenbahnminister, Tourismusmininster.
Wenn bis zur Reise die Politische Lage sich in einem Land ändert,
dann treffen neue Personen die Entscheidungen.
Alles beginnt von vorn!

Ein Organisator hat in Myanmar mit dem Bahnvorstand in einem heißen, stickigen Büro gesessen.
Die Gespräche verliefen zäh.
Am nächsten Morgen war dort - oh Wunder - eine Klimaanlage installiert.
Daraufhin liefen die Gespräche sehr wohlwollend.

Jede Fahrt, jeder Halt, jeder Fotopunkt, jede Scheinanfahrt muss geplant und genehmigt werden.
Es bedarf Fotogenehmigungen, Besuchsgenehmigungen der Werkstätten, Polizeieskorte, Militäreskorte, Beobachtung vom Geheimdienst.
In manchen Ländern sind Eisenbahnen immer noch ein Miltärgeheimnis.

Die Fahrzeuge müssen vorbereitet werden.
Loks und Wagen müssen vorher untersucht, repariert, aufgearbeitet werden.
In Sri Lanka war ein britischer Lokschlosser monatelang vor Ort um die Aufarbeitung einer Dampflok zu überwachen.
Dabei mussten einige Ersatzteile in Deutschland neu gefertigt werden.

Das Risiko trägt der Organisator.
Ein Organisator hat in Südafrika eine Dampflok aufarbeiten lassen.
Kosten > 100.000$.
Dann kam Corona.
Die Reise ist ausgefallen.
Die Lok konnte nicht eingesetzt werden.
Als Reisen wieder möglich waren sind die Fristen bereits abgelaufen.
Die Lok muss erneut aufgearbeitet werden.

Loks und Wagen werden teilweise für landesinterne Touristenfahrten eingesetzt.
Dafür bekommen sie dann eine "ansprechende" Fantasielackierung.
Daher braucht es eine Genehmigung und Aufwand die Fahrzeuge in die Originallackierung zurückzuversetzen.
Das lassen sich die Bahnen fürstlich bezahlen, um sie nach der Fahrt sofort wieder in eine neue Zirkuslackierung tünchen zu können.
Same procedure as last year. Same procedure as every year.

In Sri Lanka dürfen keine zweiachsigen Wagen mehr eingesetzt werden.
Dafür ist eine Sondergenehmigung von ganz oben erforderlich, die den Einsatz erlaubt.

In Bulgarien sollen für einen Fotogüterzug Wagen eingesetzt werden.
Es stehen viele alte Güterwagen rum.
Die sind ausgemustert.
Der Organisator wird die Aufarbeitung der Wagen bezahlen, das ist OK..
Die Wagen gehören aber dem "Stillstandsmanagement" und will sie nicht abgeben.
Die Güterverkehrssparte will die alten Wagen nicht einsetzen.
Der Leiter Ausbesserungswerke muss für die Aufarbeitung Kapazitäten bereithalten und freut sich auf Arbeit.
Der Organisator hätte die ausgemusterten Wagen kaufen können, aufarbeiten können und
unter einer eigenen Bahnverwaltung betreiben können.
Der Organistor müsste aber dann die nächsten zwei Jahre Gleise anmieten um die Wagen abstellen zu dürfen ...
Viel billiger wäre es gewesen ähnliche Wagen aus Serbien anzumieten.
Die Bulgarische Staatsbahn weigerte sich aber die Serbischen Wagen einreisen zu lassen, weil man hat doch Eigene und möchte daran verdienen.

Eine Dampflok braucht Betriebsstoffe.
Kohle wird zunehmend schwieriger, da durch den geringeren Bedarf während Corona einige Zechen den Verkauf von Lokomotivkohle eingestellt haben.
Die Kohlepreise sind explodiert.
In Eritrea wurde die Lokomotivkohle durch Erlass des Päsidenten (!) in der Zementfabrik verfeuert.
Später soll die Bahn Ersatz bekommen.
Der Ersatz kam dann auch in Form von feiner Kraftwerkkohle, die bei den Dampfloks durch das Rost fällt.
Der Organisator hat dann einen Container voll Lokomotivkohle aus Südafrika geordert.
Die Transportkosten waren ein vielfaches des Kohlepreises.

Wasser: Die Infrastruktur zum Wasserfassen von Dampfloks (Wassertürme, Wasserkräne, Wasseraufbereitung) ist oft nicht mehr vorhanden.
Hier muss dann z.B. die Feuerwehr aushelfen.
Oder im Zug müssen Kesselwagen mit Wasser mitlaufen. Es muss dann umgepumpt werden.
Oder die Bahn hat einen Tank LKW, aber keine Pumpe. Dann müssen erhöhte Positionen gefunden werden, um die Schwerkraft zu nutzen.

Schmierstoff: Eine Dampflok braucht auch viel Schmieröl - Heißdampföl.
In Sri Lanka war das Öl nicht mehr aufzutreiben.
Das wurde sehr spät bemerkt.
Also musste das Öl in Kanistern aus Deutschland mitgenommen werden.
Wer ist schonmal mit feuergefährlichen Inhalt in einen Flieger gestiegen?
Das ist mein Liebliengsölkanister. Ich reise niemals ohne ihn!
Für den Lufttransport musste ein feuerfester Transportcontainer organisiert werden,
damit das Heißdampföl in den Flieger durfte.
Dieser Transport hat ein kleines Vermögen gekostet.

Vor Ort kann es auch wieder Überraschungen geben.
- In Pakistan haben wir einen halben Tag verloren, weil der Eisenbahnmisiter auf dem Bahnhof vor uns eine Rede halten wolle.
Einen weiteren halben Tag haben wir verloren, weil der Bahnchef mit uns frühstücken wollte.
- In Eritrea hat ein Erdrutsch die Strecke unpassierbar gemacht.
- In Eritrea hat ein Dieseltriebwagen einen nicht profilfrei geparkten LKW gerammt.
Alle Mitfahrer, bis auf dem 82 jährigen Lokführer haben das Unglück kommen sehen.
Rumms.
Triebwagen kaputt, LKW kaputt, die Fahrgäste sind durch den Zug gekullert, kein Personenschaden.
Der Triebwagen ist dann für den Rest der Reise ausgefallen.
- In Bangaladesch gab es einen Generalstreik.
- In Nordkorea hat der große Kim durch einen Ausflug unseren Fahrplan kaputtgemacht.
- In Sri Lanka hat unmotiviertes Personal viele Zugfahrten sabotiert. Das hat den Bahnchef den Kopf gekostet.
- In Simbabwe wurde von einem konkurrierenden Organisator ein Lokpersonal geschmiert, um die Lok während der Tour zu beschädigen.
- In Bosnien halten unglaublich viele Leute die Hand auf und wollen vom Sonderzug etwas abhaben.
Sonst bummelt der Stellwerker so lange herum, bis er die Ausfahrt erlaubt, dass die Unterwegshalte nicht mehr möglich sind.

Loks und Wagen können kaputtgehen.
Die Fahrzeuge stehen of lange herum, werden selten eingesetzt, da kann es viele versteckte Mängel geben,
die bei einer ersten Probefahrt nicht sichtbar sind.
Das Wissen für den Betrieb, Unterhalt, Pflege und Reparatur von Dampflokomotiven schwindet weltweit.
Es kann dann auch Schänden durch Fehlbedienung, oder mutwillige Fehlbedienung (Sri Lanka) geben.

Die Fahrten selbst laufen sehr routiniert ab.
In der Regel wird im Zug mitgefahren.
Das können Personenwagen sein.
Bei Güterzügen wird auf oder in den Güterwagen mitgefahren.
In Eritrea bin ich in einen gedeckten Güterwagen ohne Boden gefahren.
Da stand ich auf einen Stahlträger und habe mich innen am Türgriff festgehalten.
Unten konnte ich zusehen, wie sich die Räder drehen und dabei die Schwellen zählen.
Einmal Balance verlieren ist tödlich.
In Indonesien sind wir auf einen Rungenwagen mitgefahren.
Beim Einsteigen stand der Wagen so unglücklich, dass Kiboko zwei Meter Höhe ohne Tritt, ohne Griff ohne Leiter überwinden musste.
Zwei Freunde haben gezogen, drei geschoben und Eisenbahnromantik stand daneben und hat gefilmt ...

Bei einem Fotohalt pfeift die Dampflok dreimal kurz.
Nach dem Halt stürmen alle aus dem Wagen.
Jeder kämpft und rangelt um die beste Fotoposition, wie bei einer Pressekonferenz.
Wieviele Scheinanfahrten an der Stelle gemacht werden, wird dann manchmal spontan entschieden.
Liegen die Fotostellen eng zusammen, wird zu Fuß zur nächsten Position gegangen.
Bei größeren Entfernung wird wieder in den Zug eingestiegen.

Neben der eigentlichen Bahnfahrt müssen auch Übernachtungen, Essen, Transferbusse für die Reisegruppe organisiert werden.
In manchen Regionen gibt es keine "Hotels".
Ein Organistor verteilt für die Hotels nicht nur die bekannten Sterne.
Es gibt auch eine Abwärtskategorie für ohne Sterne.
Das sind dann die schwarzen Löcher.
In China gab es dann die Kategorie "fünf schwarze Löcher" mit Schlafen auf dem Lehmofen bei -27°C und Kacken im Garten auch bei -27°C.

Die Liste ist mit Sicherheit nicht vollständig.
 
1
1bildermacher1 kommentierte
Das konnte ich mir gar nicht vorstellen. Deine Reiseberichte sind auch für die Nachwelt sehr wichtig, denn das wird es in 10 - 20 Jahren kaum noch geben. Hut ab vor Dir
Auch ich habe ein Eisenbahnhobby, ich sammle alte Medaillien von Eröffnung einer Eisenbahnstrecke oder Bücher darüber.
Gruss Wolfgang
 
Wölkchen
Wölkchen kommentierte
So eine aufwendige Organisation habe ich mir auch nicht vorgestellt.

@Kiboko
In Eritrea bin ich in einen gedeckten Güterwagen ohne Boden gefahren.
Da stand ich auf einen Stahlträger und habe mich innen am Türgriff festgehalten.
Unten konnte ich zusehen, wie sich die Räder drehen und dabei die Schwellen zählen.
Einmal Balance verlieren ist tödlich.
Bernd, ein bisschen verrückt bist Du aber schon, oder?;)🛤️
 
Kiboko
Kiboko kommentierte

Danke Wolfgang,
die Reiseberichte von den Charterzugfahrten sind auch nur noch ein müder Abklatsch vom Planbetrieb früherer Zeiten.
Die Welt verändert sich.
Die Technik verändert sich.
Wir können nur versuchen den Augenblick in Bilder und Erinnerungen zu konservieren.

Inzwischen wurde der planmäßige Verkehr auch in den letzten chinesichen Kohleminen eingestellt.
Die letzten beiden aktiven Dampfloks weltweit rangieren in Bosnien in der Nähe von Tuzla.
Die Dampfloks weden dort noch eingesetzt, weil die Kohlemine kein Geld für Dieselloks hat.
Eventuell gibt es noch vier Dampfloks in einem Stahlwerk in Nordkorea.

Es bleiben nur noch Museumsbahnen und Touristenbahnen.
Viele Museumbahnen leiden an mangelnden Nachwuchs.
Es ist abzusehen, dass alles wenige wird.

Meine Eisenbahnreisen in den letzten Jahren wurden auch zunehmend schlechter.
Die Preise werden immer höher.
Die Kosten steigen.
Viele "wichtige" Leute in den exotischen Ländern wollen davon profitieren.
Die Teilnehmerzahl wird immer höher und die Kosten im Rahmen zu halten.
Die große Teilnehmerzahl reduziet die Fotomöglichkeiten.
Gleichzeitig wird die Qualität schlechter.
Lokomotiven sind oft kaputt.
Die Welt wandelt sich auch in exotischen Ländern, wie Eritrea, Myanmar oder Pakistan.
Wenn der Dampfzug im Bahnhof steht, strömen hunderte Leute mit Handy und Lionel Messi Kostüm zusammen und zerstören das Bild.
Die Landschaft ändert sich, mit Lärmschutzwänden, Sat-Antennen, Windrädern, Betonschwellen, ...

Immer mehr Organisatoren für diese Reisen ziehen sich zurück.
Aufwand und Risiko steigen und der Ertrag an Bildern sinkt.

Eigentlich wollte ich jetzt in Südafrika sein.
Ein Land, wo sich die Möglichkeiten für Dampfzüge in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert haben.
Es wäre vielleicht die letzte Chance gewesen.
Alleine das Zugprogramm hat 5000 EUR gekostet. Bei 80 Teilnehmern (Volumen rund 400.000 EUR).
Dafür wurde ein Lok aufgearbeitet, eine Strecke reaktiviert eine Lok neu lackiert.
Leider spielt die Gesundheit momentan nicht mit.
Reise und Geld sind pfutsch.
Ob Kiboko noch weitere Reisen machen wird, ist ungewiss.

Große Reisegruppen sind problematisch.
Kiboko ist mit dickem Bauch und dicker Kamera in der Regel immer einer der letzten am Fotopunkt.
Kiboko bleibt dann nur die schlechteste Fotoposition.
Auf den letzten Reisen hat Kiboko oft eine kleine Trittleiter mitgenommen, um sich vor die Fotografenreihe zu setzen oder von hinten über die Köpfe knipsen zu können.
Aber das ist wieder ein Stück mehr, das mitgeschleppt werden will.
Auf diesen Stress hat Kiboko auch keinen Bock mehr.

Von vielen dieser Reisen gibt es schon Berichte hier im Forum.
Manchmal habe ich sie auch nur in den Eisenbahnthread eingereiht.
Fotoreportagen und Bildgalerien gibt es auch auf meiner Heimseite.
Es gibt aber noch ein paar Bild-Konserven, die ich so nach und nach aufmachen kann.
 
Kiboko
Kiboko kommentierte

Bernd, ein bisschen verrückt bist Du aber schon, oder?

Ein bisschen verrückt reicht da nicht.
Weltweit gibt es so ca. 500 Verrückte, die an diesen Reisen teilnehmen.
Man trifft immer wieder auf dieselben Leute.

Einen schweren Unfall hat es auf meinen Reisen nicht gegeben.
Diese Aktionen sind aber riskant.
In vielen Ländern gibt es nicht die Sicherheitsstandards, wie bei uns.
Das ist auch gut so, denn sonst wäre vieles nicht mehr möglich.

Es gibt immer mal wieder jemanden der von einer Kohlehalde fällt, einen Hang runterpurzelt oder im Schlamm versinkt.
Zweimal hat das marode Trittbrett eines Personenwagens dem Nilpferdgewicht nicht standgehalten und Kiboko ist durchgebrochen und abgesürzt.
Einmal hat sich dabei die Gegenlichtblende des 70-200 in einem höheren Trittbrett verhakt und die Kamera hat sich dann in den Nilpferdbauch gerammt.
Der blaue Fleck war sensationell.
 
Eine ganz besondere Reise, inklusive Murmeltier-Effekt und tollen Bildern - aufgenommen in unsere Highlights (y)(y)(y)
 
1 Kommentar
Kiboko
Kiboko kommentierte
@Bettina
Vielen Dank Bettina. Ich fühle mich geehrt.
 
-Anzeige-
Zurück
Oben Unten