Professionelle Anwender sind eher konservativ in ihrer Ausrüstungswahl.
Es gibt ein paar Leute, die im Netz sehr prominent zu sehen sind und
immer Vollgas das neueste Zeug haben.
Die meisten anderen arbeitenden Fotografen testen regelmäßig neue Sachen,
wechseln/upgraden aber erst wenn Kunden das verlangen oder die neuen
Sachen dramatische Verbesserungen für die eigene Arbeit versprechen.
Es ist möglich daß es nach der D850 noch Verbesserungen gibt, mehr Pixel
wären Evolution, nicht Revolution. Das würde man gelegentlich kaufen bei
Ersatzbeschaffungen oder Upgrades bei Berufsanfängern.
Andere kaufen das um mit der jeweils fettesten Kamera prahlen zu können,
aber die fallen momentan eher dem Sony Marketing zum Opfer.
Die Canon 90D hat gezeigt daß auch hier eher Evolution als Revolution im
Bereich DSLR zu sehen ist. Ausser Nikon und Canon gibt es de facto niemand
mehr der nennenswert DSLR fertigt. (Jaja, ich weiss, Pentax.... )
Falls es also jetzt keine plötzlichen überraschenden neuen Features geben
sollte, sind die Tage der DSLR in den meisten Bereichen gezählt, und die
Boliden an den Rändern der Sportplätze sind zumindest stark angezählt.
Goldene Zeiten für die Käufer von Gebrauchtobjektiven bei Nikon.
Für die könnte eine neue verbesserte DSLR noch einen Sinn ergeben,
aber das würde voraussetzen daß die Mehrzahl der Varianten des
F-Mount unterstützt werden.
Was sagt meine Glaskugel also?
Nikon:
Eine D6 wird es sicher geben um die letzten konservativen DSLR-Verwender
zu den olympischen Spielen 2020 zu versorgen. Kleinere DSLRs sind möglich,
aber das wird Systempflege sein, nichts was überraschend oder gar
dramatisch weiterentwickelt wird. Das Angebot an F-Mount Objektiven wird
dünner werden, einiges an Lagerware wird nicht nachproduziert werden
wenn es abverkauft wurde, neue werden nicht mehr entwickelt werden.
Nikon kann kaum anders als auf Spiegellos zu setzen. Zu deutlich sind die
Vorteile die sich mit dem neuen Anschluss für die optische Konstruktion
ergeben. Canon und die L-Mount Alliance nutzen diese Vorteile, Nikon
wäre wahnsinnig das nicht auch zu tun.
Die Zukunft ist auch bei Nikon aus verschiedensten Gründen ohne jede
Diskussion ausschliesslich spiegellos. Die D6 wird die letzte ihrer Art bei
Nikon sein, und falls es eine D950 geben sollte, wird sie vermutlich kaum
mehr als den 61MP-Chip bekomen. Darauf zu warten kann ich nicht anraten.
Sony:
Sony ist technisch an einem Punkt angelangt, an dem ihre Sensoren
ein Plateau erreicht haben das mit bestehenden Verfahren kaum noch
Verbesserungen ermöglicht, und sie haben jetzt von den mittlerweile
vier Anbietern (L-Mount, anyone?) das Bajonett mit den meisten
Begrenzungen. Sie können die Vorteile der Spiegellosen in der optischen
Konstruktion nicht ganz so nutzen wie die anderen drei (Can/Nik/L-Alliance),
weil sie nur die kurze Schnittweite, aber nicht die große Bajonettöffnung haben.
Da rächt sich daß sie allein auf spiegellos=klein gesetzt haben.
L-Alliance:
Hier muss abgewartet werden, wie die sich entwickeln. Von eher günstig
(im Vergleich) und innovativ bei
Sigma (fp, Art-Serie) über stark im Video
(Panasonic) bis hin zu Luxusgeruch (Leica) gibt es viele interessante Faktoren.
Der L-Mount scheint ausreichend zukunftssicher und weist im Vergleich
zum Wettbewerb keine offensichtlichen Nachteile auf wie bei Sony.
Die Möglichkeit zahlreiche Altgläser zu adaptieren wird vor allem bei
den Filmern viel Zuspruch finden.
Canon:
Bei Canon sieht der Wechsel weit weniger dramatisch aus, weil die
EF-Objektive an den Spiegellosen ohne Gezappel weiterfunktionieren,
und weil zwei der drei EF auf RF Adapter mit zusätzlichem Control Ring
oder Hinterlinsenfilter noch einen ziemlichen Mehrwert bieten.
Canon setzt die Vorteile in der optischen Konstruktion konsequenter
um als alle anderen. Bei einer großen Bajonettöffnung mit geringer
Schnittweite kann man die großen und schweren Linsengruppen auch
nach hinten packen, statt an die Frontlinse. Das führt zu besser balancierten
Systemen, insgesamt leichteren Objektiven und erlaubt z.B. am RF 2.8/15-35mm
den Einsatz gewöhnlicher Einschraubfilter mit 82mm Durchmesser.
Man sieht das besonders an diesem Objektiv im Vergleich zum konventionell
konstruierten Tamron 2.8/15-30mm G2. 5mm mehr Zoombereich,
Stabi drin, dennoch 2cm weniger Durchmesser und satt 260 Gramm
leichter. Flache Einschraufilter sind möglich.
Ich halte die M-Serie für zu kurz gesprungen, auch wenn ich selbst
drei davon und fast alle Objektive habe. Die fehlende Kompatibilität
mit RF nimmt der M-Serie die Chance ein Startangebot mit der Option
der fliessenden Aufrüstung zu RF bieten. Ich hab Ms gekauft weil ich
spiegellos wollte, nicht weil ich klein wollte. Von M auf EF geht mit
Adapter, aber eben nicht auf RF.
Canon sagt es nicht offiziell, aber die Tage der DSLR sind auch bei
denen gezählt. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es noch eine 1D-X MkIII
als DSLR geben wird. Die Chancen stehen 50:50. Wenn der kommende
83MP-Sensor Quadpixel AF hat, per Binning auf 20MP runterskalieren
und dabei gleich mit Bordmitteln debayern kann, könnte das kommende
Spitzenmodell auch spiegellos daherkommen. Eine 5D MkV sehe ich nicht
mehr, aber ich kann mich natürlich irren.
Das Fazit von all dem? Wenn Du eine Kamera willst, dann kauf jetzt.
Es ist schade um jedes Bild das bis zur nächsten Kamera nicht gemacht wurde.