Normandie - Scheitelpunkt der Geschichte

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Hallo zusammen und willkommen bei der Nachlese zu meiner kleinen Expedition,

dies ist meine erste Fotoreportage, ich hoffe ich kann hiermit ein wenig unterhalten und euch die "moderne" Geschichte der Normandie bezogen auf die zurückliegenden 100 Jahre etwas näher bringen. In wenigen Tagen, am 6. Juni um genau zu sein, jährt sich die Landung der Alliierten Kräfte in der Normandie zum 75. Mal, bis dahin möchte ich gerne über meine Eindrücke berichten und natürlich auch viele Fotos zeigen.

Es handelte sich um meine erste Reise dieser Art, 7 Tage Camping und Besuch der verschiedenen geschichtsträchtigen Plätze in Nordfrankreich. Unterwegs war ich mit einem gemieteten Land Rover Defender und geschlafen habe ich auf diversen Campingplätzen im Dachzelt auf eben jenem Fahrzeug. Und damit möchte ich hier auch starten, mit einem Foto meines "Zuhauses" für diese 7 Tage.

Schon lange liebäugele ich mit diesem Fahrzeug, allgemein habe ich eine Schwäche für ältere Fahrzeuge mit "Charakter", eine maximale Reisegeschwindigkeit von 100km/h, verbunden mit entsprechender Lautstärke im Inneren sowie die nötige Arbeit hinter dem Lenkrad um das Fahrzeug zu bewegen hinterließen schon nach den ersten Kilometern ein breites Grinsen in meinem Gesicht. Da ich sonst beruflich im Außendienst unterwegs bin und darauf angewiesen bin mehrere hundert Kilometer am Tag "möglichst effizient" zwischen den einzelnen Kunden zurückzulegen bedeutete dies eine andere, besondere Art der Fortbewegung für mich. Der Urlaub fing schon hier an.

Nachdem das Fahrzeug in den Niederlanden bezogen wurde und ich eine erste, wenn auch kurze Nacht, in Venlo am Jachthafen verbracht habe, ging die Reise nach Dunkerque oder auch Dünkirchen oder Dunkirk, je nach Belieben. Nicht erst seit Christopher Nolans eindringlichem Film (eindeutige Empfehlung an dieser Stelle) ein Anzugspunkt für diverse Touristen. Franzosen kommen hier hauptsächlich zum Urlaub machen hin, während die Beneluxländer und wir Deutschen eher aus geschichtlichen Gründen angezogen werden, oder auch als Zwischenstopp auf dem Weg zu den Fähren nach Calais. Auch von Dünkirchen starten Fähren in Richtung Großbritannien.

In der Geschichtsschreibung ist Dünkirchen bekannt für die erfolgreiche Evakuierung des Britischen Expeditionskorps sowie den Überresten der 1. und 7. französischen Armee nach dem Überfall der Niederlande, Belgien und Frankreichs durch die deutschen Streitmächte im Zuge des "Fall Gelb". Insgesamt konnten während der Evakuierung 338.226 (Quelle: Wikipedia) alliierte Soldaten nach England gerettet werden, dabei musste jedoch fast das gesamte Equipment zurückgelassen werden. Diese erfolgreiche Evakuierung ist in Dünkirchen mit einer Gedenktafel honoriert, die französische Inschrift kann frei übersetzt werden mit:

"In glorreicher Erinnerung an die Piloten, Seemänner und Soldaten Frankreichs und der Alliierten, die sich in der Schlacht von Dünkirchen selbst geopfert haben, Mai - Juni 1940."

In den nächsten Posts nehme ich euch dann mit auf die weitere Reise nach Westen entlang der Küste Frankreichs, über die klassischen "Touri-Orte" wie den Felsklippen bei Étretat, hin zu den Landungsstränden wie Omaha Beach und der westlichen Befestigung am Point-Du-Hoc.

Viel Spaß beim Lesen. :)
 
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So und weiter geht es mit meinem kleinen Reisebericht.

Es geht wie beschrieben weiter in Richtung Westen, vorbei an Calais und durch den Nationalpark im Hinterland von Boulogne-sur-Mer, der sicherlich für sich selbst eine Reise wert ist, befindet sich der nächste Stopp in Dieppe.

Weitgehend unbekannt außerhalb von geschichtsinteressierten Kreisen ist, dass in Dieppe bereits am 19. August 1942 eine erste Landungsoperation der Alliierten stattfand. Im Rahmen der "Operation Jubilee" wollten die Alliierten, hauptsächlich bestehend aus kanadischen Truppen, kurzfristig die Stadt Dieppe einnehmen und die Reaktion der Wehrmacht auf eine Invasion testen. Unter hohen Verlusten von bis zu 70% der eingesetzten Streitkräfte wurde die Operation nach wenigen Stunden abgebrochen und ist seither im britischen Sprachraum als "Dieppe Raid" bekannt.

Seither befinden sich am ehemaligen Landungsstrand in Dieppe mehrere Gedenktafeln, diese hier erinnert an das Essex Scottish Regiment, eines der ersten kanadischen Regimenter die durch die Landungsoperation am Krieg in Europa teilnahmen. Das Regiment hatte nach der gescheiterten Landungsoperation 121 Verluste zu beklagen.


Blick über die Promenade auf die Felsklippen bei Dieppe.


Wo Meer und Strand, da sind sie natürlich auch nicht weit. :)

Ich war zum ersten Mal an der Nordküste Frankreichs, gefühlt gibt es hier alle 10km etwas zu sehen. Der grandiose Ausblick aufs Meer und sagenhafte Felsformationen werden fast zur Tagesordnung. Einige Punkte stechen hierbei jedoch besonders heraus und sind somit Anlaufpunkt für Selfie Jäger und Fotografen.

Der Ausblick auf das kleine Dorf Hautot-sur-Mer von der Küstenstraße ist auf jeden Fall einen Stopp wert und hat auch schon Künstler wie Claude Monet angezogen die malerische Szenerie auf Leinwand zu bringen.


Etwas weiter kommt man dann zu einem kleinen Geheimtipp, den ich meinem Reiseführer entnommen habe und der glücklicherweise entgegen der anderen tollen Orte kaum frequentiert war. Es handelt sich um eine 200 stufige Treppe ins Meer in der Nähe des Dorfes Sotteville-sur-Mer. Nach unten kommt man ja bekanntlich schnell und ist durchaus beeindruckt von der Szenerie, der Wiederaufstieg ist die tollen Eindrücke auf jeden Fall wert.

Bevor dieser Tag der tollen Aussichten sich dem Ende entgegen neigte, stand dann noch eine kleine Wanderung an. Nachdem ich meinen Stellplatz auf einem Gemeinde Campingplatz in Veulettes-sur-Mer bezogen hatte unternahm ich noch einen kleinen fußläufigen Ausflug auf die nahe gelegenen Klippen. Auch hier zeigte sich die geschichtsträchtige Seite der Normandie, ich fand vorher keinerlei Informationen über Befestigungen in der Nähe, hatte jedoch schon beim Beziehen des Stellplatzes die Stellungen am Berg ausgemacht. Nach 15 Minuten Wanderung konnte ich dann die Überreste eines "klassischen" deutschen Beobachtungsbunkers mit anliegenden Artillerie -und Flakstellungen begehen. Die Bunker waren entsprechend gesichert und die nicht sicheren Zugänge und Räume waren verschlossen, ansonsten hingen einige Erklärungstafeln an den Befestigungen, man beschränkte sich auf das Mindeste, was mir gut gefiel. Zum Teil sind nämlich die ehemaligen Befestigungen stark umbaut und verbaut um sie den Touristen leichter begehbar zu machen. Was mir jedoch persönlich nicht so zusagt, ich bin eher für eine möglichst authentische Erhaltung.

Das soll es für den Moment gewesen sein. Weiter geht es dann in Richtung Étretat und zum ersten Museumsbesuch im Pegasus War Memorial, der ersten von Alliierten besetzten Brücke im Zuge des D-Days durch britische Fallschirmspringer in der Nacht vor der Landung.
 
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Interessante Reise in eine Gegend, in der ich (leider) noch nie gewesen bin. Danke für die Mühe, die du dir mit deinen Texten machst. Man sieht die Bilder nochmal ganz anders, als wenn es einfach "nur" Landschaftsbilder wären. Das macht Threads besonders!
 
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Vielen Dank für die Blumen rollertilly, freut mich sehr und bestätigt mich genau so fortzufahren. :)

Weiter geht die Tour zum nächsten Touristen Hotspot in der Normandie, dem kleinen Küstenort Étretat.

Der kleine Ort mit seinen lediglich 1339 Einwohnern ist vor allem bekannt durch die steilen Felsklippen, die mit außergewöhnlichen Felsformationen in Form von Toren den Ort von beiden Seiten einrahmen. Dadurch ergeben sich tolle Aussichten und Fotomotive und der kleine Ort zieht täglich mehrere Bustouren sowie zahllose Campingmobile aller Formen und Farben an.

Nachdem man im Ort angekommen ist wird man sogleich auf einen der zahlreichen öffentlichen Parkplätze verwiesen, aber Achtung: Auch wenn die Parkscheinautomaten nicht so prominent wie in Deutschland beschildert sind, sollte man sich dennoch ein Ticket ziehen. Nachdem dies geschehen ist erreicht man innerhalb von maximal 10 Minuten die Strandpromenade. Dort angekommen findet eine wahre Reizüberflutung statt, egal ob der Blick nach Westen oder nach Osten wandert, in beiden Himmelsrichtungen türmen sich die Klippen spektakulär auf.

Im Westen haben ein unterirdischer Fluss sowie maritime Erosionen einen natürlichen Brückenbogen geformt, die sogenannte Arche (Porte d'Aval) oder auch Elefantenrüssel. Hier zeige ich zwei Aufnahmen, einmal fotografiert von der Promenade selbst und von den gegenüberliegenden Felsklippen.

Im Osten liegt das kleinste von insgesamt 3 Felstoren, das Porte d'Amont. Auf dem Gipfel oberhalb der Klippe steht eine kleine Kapelle, die Notre-Dame-de-la-Garde, die Schutzpatronin der Seeleute. Auf dem ersten Bild erneut fotografiert von der Promenade und auf dem zweiten Bild von einem der Gipfel dahinter.

Die kleine Wanderung auf die Klippen kann ich nur empfehlen, man sollte jedoch eher festes Schuhwerk tragen, einige Damen plagten sich sichtlich mit offenen Schuhen oder mit Absatzschuhen ab. Beim "Aufstieg" selbst kann man jederzeit pausieren, der Weg ist breit genug für kleine Pausen im Gras links und rechts des Weges und ist generell mit Absätzen gut gesichert.

Nach diesem Hotspot führte die Tour an Nachmittag von Tag 3 weiter in Richtung Caen. Nördlich des Stadtzentrums liegt die Pegasusbrücke. Bei der Brücke handelt es sich um die erste befreite Stellung im Zuge der alliierten Landungsoperationen in der Normandie. Um 00:16 am 6. Juni 1944 landeten drei britische Lastensegler nah beieinander nur knapp 50m entfernt von der Brücke. Diese sensationelle Flugleistung wurde später vom Oberkommandierenden der alliierten Luftstreitkräfte, Vizeluftmarschall Leigh-Mallory, als eines der "überragendsten Flugmanöver des Krieges" gewürdigt. Da die deutschen Verteidiger die gelandeten Lastensegler für Trümmer eines abgestürzten alliierten Bombers hielten, war der Überraschungseffekt vollends auf Seiten der britischen Streitkräfte und nach kurzen Gefechten konnte die Pegasusbrücke und ihre anliegende "Schwesterbrücke", die Horsabrücke innerhalb von nur 10 Minuten eingenommen werden. Beide Brücken waren von logistischer Bedeutung für die bevorstehende Invasion und zukünftige strategische Operationen. Diesen Leistungen ist ein Museum gewidmet. Die Brücke selbst überlebte den Krieg unbeschadet und war noch bis 1994 im Einsatz, wurde jedoch aufgrund der immer größer werdenden Frachter durch eine baugleiche, größere Brücke, ersetzt. Die alte Brücke wanderte ins angrenzende Museum und kann dort besichtigt werden.


Im Museum erfährt man neben allerlei Informationen zu diesem Teil der Operation Tonga (allgemeiner Operationsname für die Landung der britischen Streitkräfte am D-Day), ebenfalls alles wissenswerte über eingesetzte Truppen und Material der Briten im zweiten Weltkrieg. In 2014 erfuhren sämtliche Ausstellungsstücke im Zuge der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des D-Days eine Generalüberholung. So auch dieser britische Panzer vom Typ Centaur Mk IV, eine schwächer motorisierte Variante des britischen Standardpanzers Cromwell.

An der neuen Brücke findet sich noch eine Büste vom kommandierenden Zugführer der Luftlandeoperation, Major John Howard. Howard selbst landete mit dem ersten Lastensegler und führte den 1. Zug im Kampf auf die Brücke an. Howard wurde für diese Leistung später vom britischen Oberbefehlshaber Bernard Montgomery mit dem Distinguished Service Order ausgezeichnet. Einem britischen Orden, verliehen für "ausgezeichneten und verdienstvollen Einsatz in kriegerischen Auseinandersetzungen ".


Vielen Dank für das Interesse und ich hoffe ich kann den einen oder anderen mit meinen Texten und Bildern gut unterhalten. Weiter geht es morgen mit dem Caen War Memorial und dem Canadian War Cemetry.
 
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Vielen Dank für das Interesse und ich hoffe ich kann den einen oder anderen mit meinen Texten und Bildern gut unterhalten. Weiter geht es morgen mit dem Caen War Memorial und dem Canadian War Cemetry.​

Das tust Du. :)
Danke für die Fotos mit den ausführlichen Informationen dazu! 👍
Ich bin vor einigen Jahren mehrfach dort gewesen und bin schon gespannt auf Deine Fortsetzung.
 
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In der Normandie kenne ich besonders die Orte und Landschaften um Dieppe, Rouen, Fecamp, Etretat, und Honfleur recht gut. Auf Deine weiteren Etappen und Texte freue ich mich sehr ...
 
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Ich danke euch sehr für die positiven Reaktionen. Gerne fahre ich mit meinem kleinen Nachbericht fort. :)

Nach einer Nacht auf einem wirklich schönen und vor allem ruhig gelegenen Campingplatz in den Außenbezirken von Caen ging es sogleich am nächsten Tag in das Mémorial de Caen. Das Museum unterteilt sich hierbei in 4 Bereiche:
  1. Die Vorgeschichte des zweiten Weltkriegs ab dem Friedensvertrag von Versailles und der daraus entstehende "Karthagischer Frieden", über den Holocaust bis zur Kapitulation der Achsenmächte
  2. Die Ereignisse des Krieges in der Normandie (Operation Overlord)
  3. Die Zeit von 1945 bis zum Ende des Kalten Krieges
  4. Der Führungsbunker der deutschen Besatzer befindet sich unterhalb des Museums und ist zu besichtigen
Geht man auf das Museum zu so begrüßen einen gleich die zahlreichen Fahnen der Länder die dieses Museum mit Ausstellungsstücken, Know-How und finanziellen Mitteln unterstützen.


Es würde nun an dieser Stelle den Rahmen absolut sprengen meine kompletten Fotos der einzelnen Ausstellungsstücke zu präsentieren, vor allem da diese für mich auch eher der Dokumentation dienen als der eher künstlerischen Fotografie. Dennoch möchte ich ein Exemplar präsentieren welches für mich die Motivation und den unbedingten Willen der Alliierten am besten wiederspiegelt. Zu sehen sind Zwei Werbeplakate, je nach Ansicht kann dies auch als "Propaganda" bezeichnet werden. Die Plakate sollen die Bevölkerung der westlichen Alliierten zum weiterkämpfen "Attack on all fronts" motivieren, das zweite Plakat ziert ein Zitat von Präsident Roosevelt "Lost ground can always be regained - lost time - never!".


Einen Besuch kann ich jedem der sich mit diesem Thema auseinandersetzt nur bestens empfehlen. Allerdings sollte man wenn möglich vormittags möglichst früh unter der Woche dort aufschlagen, mit jeder fortschreitenden Stunde erreichten bei meinem Aufenthalt vor Ort mehr und mehr Schulbusse das Museum, was zu sehr lauten und häufig desinteressiert durchrennenden Schulklassen führte.

Weiter ging meine Reise an diesem Tag zum Juno Beach Center, dem kanadischen Landungsabschnitt während des D-Days. Obwohl die Gegenwehr der deutschen Verteidiger an diesem Strandabschnitt ähnlich war, wie die mit denen die Amerikaner an Omaha Beach zu kämpfen hatten, gelang es den kanadischen Truppen so weit wie keine andere alliierte Einheit auf französischen Boden vorzudringen. An diesem ersten Tag der Landung verloren hierbei 359 kanadische Soldaten ihr Leben, 715 wurden verwundet.

Da rund um das Juno Beach Center die Vorbereitungen für den anstehenden Jahrestag des D-Days schon in vollem Gange waren, Gabelstapler fuhren auf und ab, Bühnen wurden aufgebaut und ausgerichtet, Zelte gestellt - entschloss ich mich nach kurzem Rundgang am Strand weiter zu reisen. Mein Weg führte mich ins nur wenige Kilometer entfernte Musee de Radar, einem Museum über den Einsatz der Radartechnologie im zweiten Weltkrieg, auf dem Geländer einer ehemaligen Radarstation der deutschen Wehrmacht.

Dort steht unter anderem eine der letzten vollständig erhaltenen Radargeräte vom Typ "Würzburg-Riese". Die gesamte Anlage bestehend aus mehreren Bunkern und anderen Radargeräten kann besichtigt werden.

Auf dem Parkplatz des Museums hatte ich dann noch das Glück eine Gruppe von Sammlern historischer amerikanischer Fahrzeuge aus dem zweiten Weltkrieg ablichten zu dürfen. Der Konvoi machte sich kurz danach auf dem Weg in Richtung Omaha Beach.

Die Tagesetappe fand schließlich ihr Ende auf dem kanadischen Militärfriedhof ganz in der Nähe des kanadischen Landungabschnittes Juno Beach (siehe oben). Auf dem Friedhof liegen 2044 kanadische Soldaten aller Waffengattungen, außerdem 1 Französischer sowie 3 Soldaten aus dem United Kingdom. Die 4 nicht-kanadischen Gräber sind auf Angehörige anderer Alliierten zurückzuführen, die an der Seite der kanadischen Kräfte kämpften, ihr Leben ließen und von denen keine Verwandten ausgemacht werden konnten. Auf diesem Friedhof liegen vor allem Soldaten die in den frühen Phasen der "Schlacht um die Normandie" ihr Leben ließen. Wie alle anderen Militärfriedhöfe auch, ist dieser Friedhof landschaftlich außerordentlich schön gelegen und wird absolut 1A in Schuss gehalten, hierfür befanden sich während meines Aufenthaltes mehrere Greenkeeper auf dem Gelände.

Betritt man den Friedhof so wird man von großen Ahornbäumen empfangen, symbolisch für das Ahornblatt auf der kanadischen Flagge.

Acer

Mittig auf dem Friedhof ist eine Gedenktafel platziert mit der Inschrift "Their name liveth for evermore". Ees handelt sich hierbei um ein Zitat aus der King James Version der Bibel, geschrieben in Ecclesiasticus, Kapitel 44, Vers 14. Diese Inschrift findet man seit dem ersten Weltkrieg auf vielen Kriegsdenkmälern in Europa.

Beschließen möchte ich diesen Beitrag mit einem letzten Bild. Ein Bild von Grabsteinen Gefallener. Der Fokus in diesem Bild liegt auf dem Grabstein von Flying Officer F. Macd. Thomas, einem Pilot der Royal Canadian Air Force, gefallen am 8. Juli 1944 im Alter von 21 Jahren. Betrachtet man die vielen anderen Grabsteine auf diesem Friedhof, so stellt man fest: Viele befanden sich gerade einmal in ihren 20ern, hatten ihr Erwachsenen Leben gerade erst begonnen. Ohne jetzt hier zu sehr ins philosophische abzudriften macht es dies jedoch für mich sehr besonders, bin ich selbst erst mitten in dieser Phase des Lebens mit 24. Ich habe jedoch das Glück in eine Welt geboren worden zu sein, in der Frieden nach dem Ende des Kalten Krieges eine Selbstverständlichkeit ist, ohne das wir dies im täglichen Leben irgendwie sehr zu schätzen wissen. Vor 100 Jahren wäre es sicherlich nicht möglich gewesen "mal eben" über insgesamt 3 Landesgrenzen zu fahren und diese Tour zu machen.


Das soll es für heute gewesen sein, auch mit ein paar ernsten Worten und Gedanken zum Schluss wünsche ich viel Spaß bei der weiteren Nachlese.
Gerne freue ich mich über regen Gedankenaustausch an eben dieser Stelle.

Vielen Dank!
 
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Und weiter in Richtung D-Day.

Die nächste Etappe meiner Rundreise führte mich nach Arromanches-les-Bains, einem kleinen Küstenort mit nur gut 500 Einwohnern. Arromanches liegt am Landungsabschnitt Gold Beach, einem weiteren Abschnitt britischer Truppen. Zunächst dargestellt durch ein bearbeitetes "Color-Key" Foto mit Blick durch die Gassen in Richtung Strand.


Nach der erfolgreichen Befreiung durch die Alliierten entstand in Arromanches einer von zwei sogenannten Mulberry-Häfen. Mithilfe der Selbstversenkung von Schiffen sowie der Anwendung von Senkkästen konnte in diesen künstlichen Häfen das Entladen von Schiffen, unabhängig vom Tidenhub, gewährleistet werden. Der Hafen Mulberry A, weiter westlich gelegen bei Viervilles-sur-Mer, wurde am 19. Juni aufgrund noch nicht komplett fertiggestellter Sicherung gegen die Witterung bei einem Sturm zerstört und nicht wieder in Betrieb genommen. Mulberry B in Arromanches blieb hingegen unbeschädigt und bis zum 31. Oktober konnten insgesamt 628.000 Tonnen Nachschubgüter, 40.000 Fahrzeuge und 220.000 Soldaten angelandet werden. Überreste der künstlich errichteten Anlage befinden sich noch heute im Hafenbecken vor der Küste.


Weiter ging die Reise an diesem Tag zu einer ehemaligen Geschützstellung nahe der Ortschaft Longues-sur-Mer. Bei der Geschützbatterie handelt es sich um die letzte erhaltene Küstenbatterie mit teilweise intakten Kanonen des Atlantikwalls in der gesamten Normandie. Die Batterie besteht aus vier Geschützbunkern in unterschiedlichen Zuständen.

Die Hauptbewaffnung der Batterie bestand neben Maschinengewehren und Mörsern zur Selbstverteidigung aus vier 15cm Torpedobootskanonen. Die Geschütze sind circa 450m von der Küstenlinie entfernt platziert und parallel angeordnet. Um die Besatzung vor Splittern (bei einem Angriff) zu schützen, wurden die Geschütze mit 10-mm dicken genieteten Stahlplatten gesichert. Folgend findet ihr drei der Geschütze in unterschiedlichen Aufnahmen.


Direkt an der Steilküste befindet sich vorgelagert der Feuerleitstand der Küstenbatterie. Dieser ist im Film "Der längste Tag" aus dem Jahr 1962 zu sehen. Vom Feuerleitstand aus hat man einen wunderbaren Weitblick, unter anderem in Richtung Arromanches (siehe Bild 2 im Beitrag).


Das soll es auch schon wieder für heute gewesen sein. Ich danke wie immer für die Aufmerksamkeit und werde dann morgen, am 75. Jahrestag des D-Days, meine kleine Reportage mit Eindrücken von Omaha Beach und umliegenden Museen abschließen.

Vielen Dank! :)
 
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Danke, sehr aufschlußreich und interessant.
Aber nicht interessant, weil ich irgendein positives Interesse an diesem Militaristenmist hätte.
Mein Einwurf an dieser Stelle lautet eindeutig:

Nie wieder Krieg!

Grüße, Christian
 
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Danke, sehr aufschlußreich und interessant.
Aber nicht interessant, weil ich irgendein positives Interesse an diesem Militaristenmist hätte.
Mein Einwurf an dieser Stelle lautet eindeutig:

Nie wieder Krieg!

Grüße, Christian

Guten Tag Christian!

Dem ist zwar uneingeschränkt beizupflichten, besonders weil wir hier in Mittel- und Nordeuropa erfahren durften, welche angenehmen Seiten fast ein Dreivierteljahrhundert Frieden mit sich bringt. Aber schau Dich in der Welt um - es ist ein frommer Wunsch. Seit den 1990er Jahren wissen wir, dass nicht einmal in Europa Frieden ein gesicherte Sache ist. Die Ungeister des Krieges sind auch hier nicht tot, sie schlafen nur - leider, und inzwischen gibt es genügend unerfreulich Typen, die wieder zündeln. Wir können nur hoffen, dass die Besonnen noch möglichst lange die Oberhand behalten.

Trotzdem - oder vielleicht auch gerade drum - allen einen angenehmen Tag.

Wolfgang
 
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Guten Tag Christian!

Dem ist zwar uneingeschränkt beizupflichten, besonders weil wir hier in Mittel- und Nordeuropa erfahren durften, welche angenehmen Seiten fast ein Dreivierteljahrhundert Frieden mit sich bringt. Aber schau Dich in der Welt um - es ist ein frommer Wunsch. Seit den 1990er Jahren wissen wir, dass nicht einmal in Europa Frieden ein gesicherte Sache ist. Die Ungeister des Krieges sind auch hier nicht tot, sie schlafen nur - leider, und inzwischen gibt es genügend unerfreulich Typen, die wieder zündeln. Wir können nur hoffen, dass die Besonnen noch möglichst lange die Oberhand behalten.

Trotzdem - oder vielleicht auch gerade drum - allen einen angenehmen Tag.

Wolfgang

Besser hätte ich es auch nicht formulieren können.

Die Gründe für meine fotografische Reise liegen keinesfalls, und das möchte ich hier gerne nochmal in Textform klarstellen, darin dass ich für die damaligen Verhältnisse eine Bewunderung hege. Ganz im Gegenteil, ich möchte mit Fotos zeigen wie abschreckend und unwirklich menschenverachtend eine Gesinnung durch falsche Anführer und erlogene Begründungen für einen Genozid werden kann.
 
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Und das gelingt dir!
Stimmt. Ich habe dem TO auch nicht angemerkt - oder den diffusen Verdacht gehabt - daß er hier
alten Zeiten hinterherhecheln würde. Ich habe mir auch schon Bunker angesehen und derlei mehr.
Muß man ja machen, so etwas, wenn man sich eine Meinung über diese Finsteren Zeiten machen
möchte.
By the way: Die Landschaft interessiert mich ebenfalls sehr!! Oder besser gesagt, sie interessiert
mich vor allem anderen. Gerne mehr davon!!

Grüße, Christian
 
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Und damit geht meine kleine Reise auch schon zu Ende.

Der letzte Tag begann in Bayeux. Das dortige "Museum of the Battle of the Normandy" befasst sich im Grunde mit der Schlacht selbst und stellt hierbei mit die meisten größeren Ausstellungsstücke im Vergleich zu den zahlreichen anderen Museen aus. Der Fokus liegt hier deutlich auf der Ausrüstung der beiden Fraktionen, zahlreiche Uniformen, Waffen und Dinge für den täglichen Bedarf des Soldaten werden ausgestellt und erklärt. Auch ein Diorama befindet sich im Inneren des Museums, wirkte mir allerdings deutlich zu plastisch als das ich es hier groß präsentieren wollen würde.
(Außerdem sind die Fotos aufgrund der fiesen Beleuchtung Innen nicht wirklich toll geworden).

Einzig den Mittelpunkt dieses Dioramas präsentiere ich in Nahaufnahme hier, rückblickend gesehen hätte man damit auch diesen Thread beginnen können.

Vor dem Museum stehen ebenfalls einige der größeren Fahrzeuge. Im Vordergrund ein deutscher "Hetzer" Jagdpanzer, im Hintergrund 12,8-cm-Flak-Zwilling 40.

Weiter ging es zum amerikanischen Militärfriedhof in der Normandie, dem "Normandy American Cemetry and Memorial". Schon bei der Zufahrt wurde mir klar das hier im Vergleich zum kanadischen Friedhof deutlich mehr los sein würde. Die Dimensionen des Parkplatzes und die geregelte Zufahrt für PKW / Busse / Campingmobile hätten genau so gut zu einem Freizeitpark passen können. Ich weiß, blöder Vergleich, wer allerdings jemals vor Ort gewesen sein sollte wird es verstehen. Auf dem Gelände herrschte reger Betrieb, obwohl Nieselregen eingesetzt hatte und es sich um einen Vormittag unter der Woche handelte. Neben den vielen Besuchern herrschte außerdem einiges an "Wuselei" in Vorbereitung des Jubiläums. Auch hier wurden Zelte gestellt und Bühnen aufgebaut, was irgendwie die Ruhe und Stimmung "komisch" wirken ließ. Ich lief dennoch einmal über das weitläufige Gelände, bis zum hinteren Ende des Friedhofes ist man locker 20 Minuten zu Fuß unterwegs.


Auf dem Friedhof, der 9.388 Gefallenen eine letzte Ruhestätte bereitet, liegen mehrere besonders hervorzuhebende Würdenträger. Insgesamt 3 "Medal of Honor" - die höchste militärische Auszeichnung der Vereinigten Staaten - Empfänger sind auf dem Friedhof beigesetzt, unter ihnen ebenfalls Theodore Roosevelt Jr. .Der Sohn des ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten liegt neben seinem Bruder Quentin Roosevelt, welcher im ersten Weltkrieg starb und in der Normandie neben seinem Bruder erneut beigesetzt wurde.

In der Mitte des Friedhofs befindet sich eine mehrere Konfessionen umfassende Kapelle. An ihrer Wand steht geschrieben: "Through the gate of death may they pass to their joyful resurrection".


Im Anschluss ging es weiter mit einer kurzen Besichtigung des Pointe-du-Hoc. Diese Stellung markiert das westliche Ende des Landungsstrandes Omaha Beach. Aufgrund der exponierten Stellung der Batterie, direkt an der Steilküste gelegen, war die Einnahme der Stellung mit hohem Aufwand verbunden. Soldaten des 2. Rangerbataillions machten sich in zehn Landungsbooten auf dem Weg in Richtung Stellung. Es gelang ihnen, lediglich über Strickleitern an den Felsen hochkletternd, nach nur 35 Minuten alle Männer nach oben zu schaffen, dies unter ständigem Beschuss.


Leider wurde mit verlassen der Batterie das Wetter zunehmend schlechter, was in Küstennähe so viel bedeutet wie: Noch viel windiger als eh schon. Somit wurde mein Besuch an Omaha Beach etwas vom Wetter durchkreuzt und ich hielt mich dort nicht sehr lange auf.

Zentral am Strand befindet sich das Monument "Les Braves". Das Monument besteht aus 3 verschiedenen Elementen. Die einzelnen Monumente werden wie folgt erklärt, und hierbei behalte ich der Einfachheit halber Englisch bei, denn damit lässt sich die Botschaft besser transferieren:


  • The Wings of Hope - So that the spirit which carried these men on June 6th, 1944 continues to inspire us, reminding us that together it is always possible to changing the future​
  • Rise, Freedom! - So that the example of those who rose against barbarity, helps us remain standing strong against all forms of inhumanity​
  • The Wings of Fraternity - So that this surge of brotherhood always reminds us of our responsibility towards others as well as ourselves. On June 6th, 1944 these man were more than soldiers, they were our brothers​

Ich denke mit diesen Worten, wenn sie auch auf Englisch sein sollten, lässt sich meine Fotoreportage gut abschließen.

Ich danke an dieser Stelle nochmals allen Lesern und fleißigen Like-Knopf-Drückern, das freut einen jedes Mal und bestätigt die Arbeit, die diese Beiträge durchaus auch bereiten.

Was gehört sonst noch zu einem Abschlussbericht? Natürlich ein Fazit:

Zunächst zu der eingesetzten Hardware:
Geknipst wurde ausschließlich mit der Nikon D750 und dem dazugehörigen Kit-Objektiv f4/24-120mm. Diese Kombination hat sich erneut als "Meine-Reise-Kombi" bestätigt. Dicke Gläser lasse ich mittlerweile zu Hause, gerade bei Wanderungen zieht das schon nach einigen wenigen Stunden kräftig nach hinten, das muss nicht sein. Falls ich trotzdem mal viel Licht benötigen sollte habe ich noch ein kleines altes 50mm 1:1,4D mit dabei. Außerdem hatte ich den Metz Mecablitz 44 AF2 in der Tasche, dieser kam jedoch nur bei den Shots in der Geschützbatterie in Longues-sur-Mer zum Einsatz. Getragen wurde die Kamera an einem Sun Sniper Schultergurt. Ansonsten habe ich für Wanderungen einen Rucksack von Manfrotto, den Windsor Kamera Rucksack. Obwohl dieser eher als Style Objekt vor einiger Zeit gekauft wurde, bewährte er sich dennoch auf den Wanderetappen dieser Reise.

Entstanden sind über 7 Tage 438 Fotos, es handelte sich jedoch auch nicht primär um eine Fotoreise sondern eher um das Abenteuer an sich. In den vorherigen Urlauben war ich mit meiner besseren Hälfte eher im Rundum-Sorglos Urlaub irgendwo in der Sonne, das war nun schon ein kräftiger Unterschied.
Zusammenfassend kann ich sagen das ich viel mitgenommen habe, Eindrücke aus dem Land, deutsche Geschichte, Völkerverständigung allgemein. Besonders was die netten Franzosen betrifft hatte ich vorher so meine klischeehaften Vorurteile, hört man doch immer irgendwie über die Franzosen Aussagen wie: "Die verstehen ja eigentlich ganz gut Englisch, tun aber immer so als würden sie nur Französisch verstehen". Da hatte ich vorher so meine Bedenken, spreche ich doch bis auf "Bonjour", "Merci" oder "Au Revoir" keinen Brocken Französisch - Grüße an dieser Stelle an meinen Lateinlehrer in der Schule. Jedenfalls bin ich äußerst positiv überrascht worden, selbst die älteren Semester sprachen gutes Englisch und jeder war bereit einem Reisenden bestmöglich weiterzuhelfen.
Meine Gedanken zu den historischen Stätten habe ich schon bestmöglich mit in die Berichte einfließen lassen, weswegen ich an dieser Stelle zu keinem großen Rundumschlag mehr ausholen will.

Bis zur nächsten Tour - ihr seid definitiv wieder mit dabei. ;)

Flo

 
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