Ich habe vor 1,5 Jahren den Wiedereinstieg in die Fotografie gestartet. Vorher analog mit FM, FE und FM2. Die Kameras habe ich immer noch, aber nicht im Gebrauch. Sie dienen mir aber zur Orientierung. Passend hierzu die Nikkore in Ai und Ai-S Ausführung. Die manuelle Fotografie ist meine Lieblings-Vorgehensweise. Da ich nun einen digitalen Body haben wollte und für mich nur Vollformat in Frage kommt (der gewohnte Blickwinkel mit den vertrauten Objektiven) habe ich mir die Nikkons angeschaut (hier war ich auf D750 fixiert) und festgestellt, daß ich damit überhaupt nicht klar komme. Der Sucher liefert mir nicht die Info, die ich eindeutig haben möchte. Nämlich, wo sitzt die Schärfeebene. Ich konnte es kaum glauben und habe mit den alten Schnittbildindikatoren verglichen: hier gabe es nie irgendwelche Zweifel. Das hat mich sehr irritiert und mich weitersuchen lassen. Zufällig konnte ich eine Sony A7 ausprobieren. Die Fokuslupe und Fokus Peaking haben mich derart geflasht, daß ich sofort die Sony gekauft habe. Nebenbei ist die Größe der A7/A7II sehr ähnlich zu den FM/FE Bodies. Hier kannst Du sehen, wie das früher war und jetzt bei mir ist:
https://www.nikon-fotografie.de/vbu.../274477-meine-fototasche-1981-und-2016-a.html
Nach 1,5 Jahren Nutzung und ca. 11.000 Bildern, alle manuell fotografiert, ist meine ehrliche Meinung: Die Entscheidung war richtig, aber die A7 ist nicht perfekt für mich.
1) Der Sucher - erste Generation - rauscht in dunklen Szenen und bei Verwendung der Fokuslupe zu stark. Die genaue Schärfeebene ist dann nicht wirklich erkennbar, vor allem, wenn die manuellen Objektive abgeblendet sind. Hier muß häufig dann offenblendig fokussiert werden. Das ist Meckern auf hohem Niveau, da der optische Sucher dann eh schon ausgestiegen ist, weil es zu dunkel ist. Die Lupe arbeitet (mit Rauschen) mit Lichtverstärkung und hat zwei Vergrößerungsstufen knapp 6 und 11,7-fach. Damit lassen sich aber bei genügend Licht perfekt alle Details erkennen.
2) Da für die exakte Fokussierung die Fokuslupe unabdinglich ist, ist mir heute klar, daß ein IBIS für mich notwendig ist. Nehme ich z.B. mein 135mm F2.8 Ai-S und versuche mit der A7 zu fokussieren (bei Fokuslupenstufe 2), ist das so ein Gezitter, daß ich nichts genau erkennen kann. Hierfür gibt es aber eine Problemlösung, die aktuellen Sony Modelle, z.B. A7II. Die interne Bildstabilisierung (Unterstützung bis 600mm) bringt auch mit dem Altglas einen Belichtungsvorteil von 1-2 Blenden.
3) Der Sucher (EVF) der A7II unterscheidet sich aber nicht signifikant von der A7; hat also im Dämmerlicht oder bei Dunkelheit die gleichen Rauschprobleme. Problemlösung könnte die im Herbst erwartete A7III sein. Die Profiausführung (A9) hat einen vielfach besseren Sucher. Die Erwartungshaltung ist, daß dieser oder ein ähnlicher Sucher verbaut wird. Auch eine Fuji XT-2 hat einen hervorragenden EVF. Es liegt also nicht mehr an der Technik an sich, sondern an der Generation dieser Technik, die verbaut wurde/wird.
4) Ein Problem ist mir aber grundsätzlich noch aufgefallen. Bei meiner Portraitfotografie (vornehmlich mit 85mm und 105mm) fokussiere ich mittels Lupenfunktion auf die Pupillen. Das klappt wunderbar; aber ich sehe dann tatsächlich nur noch das Auge und nicht mehr die Person selbst und deren Interaktion. Sollte mich das weiter nerven, könnte das tatsächlich zum Kauf eines AF Objektives (85mm) führen. Hier bietet das Sony System die Eye-AF Funktion. Ein unglaubliches Feature und seit der A9 perfekt funktionierend.
5) Bei statischen Motiven - egal welcher Art - gibt es für mich nichts besseres, als den EVF. Es ist einfach beeindruckend, welche Kontrolle dieser erlaubt - auch im Vergleich zum Schnittbildindikator.
6) "Nur" Ai oder Ai-S Objektive. Das sehe ich völlig anders. Die Haptik und Bildleistung ist so hoch, daß die meisten Bildmotive damit erfüllt werden können. Gerade in der People und Portraitfotografie sehe ich sogar Vorteile, da eben nicht porengenau abgelichtet wird, sondern ein etwas weicherer Look die für mich realistischere Betrachtung ist. Bei Betrachtung in 100% Ansicht zeigen sie dennoch genügend Details und Bildschärfe. Sogar Details, die bei der persönlichen Beobachtung der Personen gar nicht bemerkt wurden. Die Generation von Objektiven löst somit so hoch auf, daß hiermit für mich perfekte Portraits gemacht werden können. Z.B. Beim Nikkor 105mm F2.8 Micro blende ich auf F=4 ab. Da stimmt der Schärfeverlauf (orientiert an der eigenen Wahrnehmung), die Farben und was früher gar keine Bedeutung hatte, das Bokeh. Natürlich habe solche Objektive auch Schwächen (z.B. Lensflares oder CAs), damit läßt sich aber umgehen. Der Charakter dieser Objektive liegt mir und unterscheidet sich deutlich von den harten Mikrokontrasten moderner Hochleistungsoptiken. Die sehe ich nicht in der Menschenfotografie als sinnvoll eingesetzt. Wenn Deine Objektive also mechanisch und optisch in Ordnung sind, bereiten sie viel Freude. Da meine eingetrocknet waren, habe ich sie zur Aufarbeitung zu Michael (hier im Forum = Beuteltier) geschickt, der sie wieder gut in Gang gebracht hat. Ich erfreue mich jeden Tag über diese schönen Objektive.
7) Bildqualität Bodies: D600 - D750 unterscheiden sich nicht signifikant, auch die Sony A7 / A7II Kameras nicht. Sie haben ja auch die gleichen Sony Sensoren (bei der D600 weiß ich es nicht genau) Wenn Du in RAW fotografierst, sind die Einflußnahmen mittels EBV deutlich höher, als die Unterschiede dieser Kameras. Es gibt einen Unterschied im nativen Bildllook, verursacht durch die Manipulationen der Hersteller bei der RAW-Generierung, bzw. bei der kamerainternen JPG Wandlung. Praktisch irrelevant, da alles den eigenen Wünschen in der EBV angepaßt werden kann.
8) Preislich: keine relevanten Unterschiede zwischen Nikon und Sony.
9) Meine Empfehlung: Nimm ein Superweitwinkel, ein 50mm und ein Tele Objektiv zu dem Händler Deines Vertrauens und probiere die D600/D610 und eine Sony A7 II (wichtig wegen des IBIS und ein paar anderen Verbesserungen). Prüfe, mit welchem Sucher Du besser klar kommst und versuche mal, manuell zu fokussieren. Ich mag es genau zu wissen, was ich eingestellt habe, bevor ich auslöse.
10) Für manuelle Objektive gibt es von Techart einen AF-Adapter. Das Objektiv wird durch das kamerainterne AF-System der Sony A7II oder A7RII (an A7 funktioniert er noch nicht!) hin- und hergeschoben. Die Geschwindigkeit kann man sich bei Youtube - auch mit Nikkoren - anschauen. Natürlich langsamer als mit echten AF-Objektiven, aber auch nicht lahm, wenn genügend Licht da ist.
11) Ich selber warte nun auf die A7III und A7RIII und entscheide mich dann, mit welcher ich weitermache. Eventuell ist auch die A7RII O.K. Der Sucher und der AF ist zwar nicht auf dem neuesten Stand, dafür ist der Preis sehr attraktiv geworden. Mal sehen.