DerHeilige schrieb:
Moin,
da Langzeitarchivierung von Bildmaterial immer wieder eine wichtige Rolle spielt, empfehle ich euch diesen hochinteressanten, wissenschaftlichen Artikel zur Lektüre. Neben Informationen zur unterschiedlichen Dauerhaftigkeit von SW Papieren (Baryt versus PE), gibt es auch Interessantes zur Sprengkraft von Filmen zu lesen. Ich sage nur Schießbaumwolle
http://www.klauskramer.de/Richt/ric_top.html
Grüße
Thomas
Servus Thomas,
einige kritische Anmerkungen zu dem Link: Zunächst handelt es sich nicht um einen Artikel, der wissenschaftlichen Kriterien genügt (ich sage das als jemand, der selbst lange Zeit im Wissenschaftsbetrieb gearbeitet hat). Dafür sind u.a. auch zu viele systematische und inhaltliche Fehler vorhanden.
Der Autor ist Fotograf und Inhaber eines gewerblichen Betriebes und verkauft bestimmte Dienstleistungen, die auch mit Restaurierung und Archivierung zu tun haben. Dementsprechend sind auch die Formulierungen des Artikels.
Einiges in dem Artikel ist zutreffend, aber eben nicht alles. Ich will nicht auf alle Schwächen eingehen. Aber folgendes erscheint mir besonders wichtig:
- Haltbarkeit PE-Papiere: Nur aus einem (ev. sogar noch fehlerhaft verarbeitetem) Abzug eine generell schlechte Langzeitstabilität von PE abzuleiten, ist unhaltbar. Ich habe z.B. bei mir PE-Abzüge an der Wand hängen, die über 25 Jahre alt sind und aussehen, als hätte ich sie eben gerade aus der Entwicklerschale gezogen. Bei befreundeten Fotografen desgleichen. Und seitdem sind PE-Papiere weiter technologisch verbessert worden, auch in Sachen Haltbarkeit und Oxidationsfestigkeit. Moderne PE-Abzüge können bei korrekter Verarbeitung und Dunkellagerung bis zu 100 Jahre halten. Das Baryt-Abzüge noch besser haltbar und in Sachen Haltbarkeit bisher unerreicht sind, ist unbestritten.
- Langzeithaltbarkeit T-Grain/Delta-Kristalle: Das Bild und die daraus abgeleiteten Aussagen sind schematisch so vereinfachend, dass sie verfälschend wirken. Zwar sind die moderneren Kristallstrukturen etwas kleiner als die klassischen, der Unterschied ist aber nicht so groß wie in der Schemazeichnung dargestellt. Außerdem ist entscheidend, wieviel Silber nach der Entwicklung und Fixage noch im Film ist. Und das ist bei vielen T-Grain/Delta-Kristall Filmen mehr als bei klassischen Filmen.
Folgt man weiterhin der Argumentation des Autors, müssten demnach bei klassischen Filmen hochempfindliche Filme mit großen Silberkristallen langzeitstabiler als niedrig empfindliche Filme mit kleinen Kristallen sein. Sind sie aber definitiv nicht. Gerade für die Langzeitarchivierung werden sehr niedrig empfindliche Mikrofilme mit extrem kleinen Kristallen ( nochmals deutlich kleiner als Delta-Kristalle!) verwendet.
- Bei der Haltbarkeit der Farbstoffe, sowohl in Fotopapieren, als auch in Farbnegativ- und Diamaterialien, hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Da hat es deutliche Verbesserungen gegeben, z.B. Fuji Chrystal Archive Supreme und Kodak Endura Papiere, Fuji und Kodak Farbfilme. Auf alte, nicht mehr verfügbare Materialien Bezug zu nehmen Bedarf also zumindest der inhaltlichen Ergänzung.
Soviel in Kürze. Der Artikel sollte nicht kritiklos gelesen werden.
Ciao,
Jo