Was ist eigentlich schlimm daran, wenn sich ein Verlag an einer Unterschriften-Aktion beteiligt, die eine bestimmte inhaltliche Position zu einer umweltpolitischen Frage vertritt, zu der verschiedene Leute und Gruppen mit guten und weniger guten Argumenten unterschiedliche Meinungen vertreten?
Man kann der Ansicht sein, die "Verspargelung der Landschaft" und der Bau großer Stromtrassen seien umwelt-, natur- und wirtschaftspolitisch das kleinere Übel gegenüber der "Klimaerwärmung".
Man kann der Ansicht sein, dies sei nicht so, und die "Verspargelung der Landschaft", der Bau großer Stromtrassen und überhaupt die ganze Idee von der "Energiewende" seien ein großer Fehler.
Weil man die Prioritäten und Risiko-Einschätzungen anders vornimmt, oder weil man gleich gar nicht an die "Klimaerwärmung" glaubt.
Ebenso kann man zur Frage "Wieviele Kormorane (Wölfe, ...) sollte es in einem bestimmten Gebiet geben, gibt es zu viele, gibt es zu wenige, und wie sollte man damit umgehen?" eine Vielzahl unterschiedlicher und teilweise völlig konträrer Ansichten vertreten.*
All das ist völlig legitim. Und es wird in der politischen Auseinandersetzung entschieden. Durch Diskussion, durch Information, durch Meinungsbildung, und letztlich durch Wahlen.
Es ist ebenfalls legitim, der Ansicht zu sein, daß nur die eigene Meinung richtig sei und alle anderen sich irren und komplette Volltrottel oder bösartige Finsterlinge seien.
Damit outet man sich zwar nicht gerade als toleranten Menschen, aber dazu ist ja auch keiner verpflichtet.
Nicht legitim ist meiner Ansicht nach nur eines: die eigene Meinung dazu, die eigene Einschätzung dazu als die einzig zulässige darzustellen.
"Wenn die gesamte Menschheit mit Ausnahme eines einzigen einer Meinung wäre, und nur dieser eine verträte eine andere, gegenteilige Meinung, dann wäre die Menschheit nicht mehr berechtigt, diesen einen zum Schweigen zu bringen, als dieser eine berechtigt wäre, die Menschheit zum Schweigen zu bringen, wenn er dies denn vermöchte."
John Stuart Mill (1806-73), "On Liberty" (1859)
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*) Ich zum Beispiel bin der Ansicht, daß in Deutschland überhaupt keine Wölfe, Bären oder andere gefährliche Raubtiere frei herumlaufen sollten (dazu ist Deutschland viel zu dicht besiedelt), und auch keine unangeleinten Hunde ohne Maulkorb. Und daß Kormorane gefälligst woanders fressen sollen als in den Fischteichen der Fischerei-Industrie, und daß man sie dort, wo sie stören, am besten vergrämt oder wenn das nicht hilft eben abschießt. Ebenso wie jene Landplage, die man auch "Krähen" nennt.
Ich bin aber ebenso auch der Ansicht, daß man in diesen Punkten absolut anderer Ansicht sein kann.