Analog ist nicht tot. War letztes WE in Zingst. Die jungen Wilden (meistens Studenten) zeig(t)en dort bevorzugt analog fotografierte Bilder (sie nennen es selbst "Arbeiten"; natürlich, war ja Kunst). Da ich selber jahrelang in meinem Fotolaor gestanden und meine S/W Negative entwickelt und aufs Papier gebracht habe, traue ich mir zu, aus Erfahrung zu sprechen. Stilistisch sind die Bilder eindeutig als analog zu identifizieren, wenn man mal damit zu tun hatte. Stilistisch sind aber die technischen Mängel Elemente der Kunst oder des anders seins. Da ich selber mit den gleichen Objektiven wie damals fotografiere (Nikkor Ai/Ai-s an FM+FE, heute an Sony A7), weiß ich, was der eigentliche Unterschied ist. Es ist vor allem die Möglichkeit der Reduktion auf die wesentlichen fotografischen Parameter (Fokusebene, Blenden- und Zeitwahl, DIN/ISO Einstellung. Die manuelle Auswahl und daraus resultierende Durchdachtheit ermöglicht eine bewußtere Komposition, sofern der künstlerische Blick und das technische/handwerkliche Vermögen vorhanden ist. Der reine Bildlook selbst, kann digital genauso erzeugt werden. Natürlich nur dann, wenn nicht brutal kontrastharte Objektive zum Einsatz kommen. Die Bilder, die mich dort angesprochen haben, wurden allerdings digital fotografiert und ebenso (teilweise sehr aufwendig) in der EBV bearbeitet. Der analoge Look der dort ausgestellten Arbeiten war für mich nicht aussagestark genug; die Bilder (aus meiner Sicht) eher schwach. Das Stilmittel analoge Fotografie hat schon andere Höhepunkte erlebt. Ausnahme waren die Großformatbilder von Christoph Morlinghaus. Er nutzt das Großformat für die Umsetzung seiner Auflösungsvorstellungen, Detailwiedergabe und Schärfentiefe. Seine Homepage:
http://www.morlinghaus.com
Ausgestellt wurde diese Serie: Superlatives (Kamera: Sinar mit einer Negativgröße von 8x10"). Eins der Highlights in Zingst. Analog war dort aber nicht der Bildlook, sondern die Technik für höchste Auflösung und Dynamikumfang. Die Bildanmutung seiner Fotografien, ist für mich, wie ich es von digitalen Ergebnissen kenne (Hasselblad, PhaseOne...). Klar, da er eine entsprechende EBV ja nachgeschaltet hat (Scan bis zum digitalen Print).
Meine Lösung ist wie oben angedeutet. Ich habe den analogen Bildlook von der Pike auf gelernt und erlebe ihn auch heute als natürlicher, da er meinem praktischen Sehen näher kommt; für mich also meiner Wahrnehmung der Realität näher dran ist. Die analytische, detailaufdeckende Fotografie hat aber ebenfalls ihre Reize. Da braucht es dann moderne Kleinbild-Objektive, wenn auch offenblendig dies erlebbar sein soll. Abgeblendet sind die damaligen Profilinsen immer noch problemlos einsetzbar. Für mich habe ich damit beide Welten auf sehr angenehme Art und Weise vereint und ich geniesse jeden Tag der manuellen Fokussierung (ich beschäftige mich nicht mit AF), genauso wie die absolut überzeugende Haptik meiner "Altglas"-Nikkore. Ich warte noch auf einen besseren Sucher (EVF), der es mir ermöglicht, ohne den Umweg der Fokuslupe die Schärfebene zu erkennen. Dann werde ich auch schneller und habe geringeren Ausschuß.
In diesem Sinne: Analog lebt bei mir (eingeschränkt) weiter, da ich meinen digitalen Body, analog - nämlich manuell, wie damals die FM/FE - bediene.