Instagram-Tourismus | Warum wollen alle das gleiche Bild?

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Hallo zusammen,

hoffe, das Thema passt in dieses Unterforum. Heute früh kam im Fernsehen wieder ein Bericht über Touristenströme, die einen Berg hinaufgekraxelt sind, um sich dann auf einer Hängebrücke vor einem Stausee fotografieren zu lassen. Bei geschickt gewählter Perspektive sieht es so aus, als stünde man über einem Abgrund, aber die Brücke hängt tatsächlich nur 2-3m über einem Bachbett. Instagram hat den Berggipfel hier mal wieder mit einer Horde von (meist bergunerfahrenen) Touristen gesegnet.

Nun, jeder wie er möchte. Aber was mich fasziniert, bzw. was ich nicht verstehe, ist, worin der Reiz liegt, das gleiche Bild zu machen, das andere bereits hundert mal gemacht haben? Nicht falsch verstehen, wenn ich da oben gewesen wäre, hätte ich auch ein Foto gemacht. Ich wäre aber nicht extra DESWEGEN da hochgeklettert.

Ich beschäftige mich ja gerne mit Landschaftsfotografie und wundere mich immer wieder, dass ich häufig auf beinahe identische Bilder stoße. Und klar, irgendwann gehen einem die Berge halt aus, aber ich habe häufig das Gefühl, dass man genau das Bild machen möchte, das andere genau so schon hundert mal gemacht haben (wenn ich da nur an diese beiden Bäume auf dem Fels im Hintersee denke ... Oder diese Kirche vor den Dolomiten ...)

Mich persönlich reizt an der Landschaftsfotografie weniger das Bild als viel mehr die Erkundung. Das Planen mit einer Karte und dann die vielen Entdeckungen bei der Wanderung zum Zielort. Und wenn ich mit guten Bildern heimkomme, umso besser!

Nicht falsch verstehen! Ich sage weder, dass man nicht fotografieren sollte, was bereits fotografiert wurde (wär ja Blödsinn), noch dass mein Portfolio ausschließlich aus Orten besteht, die vorher noch niemand fotografiert hat. Darum geht es nicht. Aber ich hatte noch nie den Drang, das gleiche Bild zu machen, dass ich irgendwo gesehen habe. Reizt mich einfach nicht.

Wie sind da so eure Gedanken dazu?
 
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Ich glaube, viele haben einfach keine eigenen Bildideen. Auf einigen Plattformen kann man sich ja sogar die Exifs ansehen und dann auch nur das "Nötigste" mitnehmen :D
Vor noch nicht allzu langer Zeit wäre es verpönt gewesen, Personen in Landschaftsbildern abzubilden. Mittlerweile hat sich der Trend aber komplett gedreht und der Selbstinszenierung sind keine Grenzen mehr gesetzt.
Angestachelt durch Instagram und Co. werden kleine Orte in der Nähe der Locations regelrecht überrannt und vielerorts leidet auch die Natur unter dem "Follower-Effekt".
Ich fotografiere auch am liebsten, wo mich niemand stört - aber Fluch und Segen der sozialen Medien ist auch irgendwie, dass sich beinahe jede halbwegs taugliche Location "viral" verbreitet und irgendwann totfotografiert wird.

Viele Grüße
Rolf
 
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Wenn ich nicht gut drauf bin, habe ich eh das Gefühl, dass es der Ewigkeit völlig wurscht ist, ob Kay K. noch das Foto von der Eidernordwand (kein Schreibfehler) knipse, oder die dritte Mühle auf Malle, oder das Rapsfeld. Von daher war ich bei Landschaftsaufnahmen schon immer leicht unfähig.

Wenn ich gut drauf bin, knipse ich Leute, oder Situationen, die mir (!) in dem Augenblick (!) etwas sagen.
Es kann passieren, dass ich diese Fotos weder kommuniziere noch ausdrucke. Da reicht mir der Moment der bewußten Wahrnehmung.

Manchmal freue ich mich über irgendeinen Blödsinn, den ich fotografiert habe, der mir gute Erinnerungen vermittelt.
 
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ja, es ist schon ein seltsames Phänomen. Gelegentlich komme auch ich an solche Orte. Eigentlich eher zufällig und weil es eben auf dem Weg liegt. Und da ich in diesen sozialen Netzwerken nicht unterwegs und somit nicht informiert bin was gerade angesagt ist, auch ohne vorherige gezielte Planung. Mir ist es durchaus schon passiert dass ich dann angesprochen wurde warum ich denn KEIN Bild machen würde, wo doch alle nur deswegen hergekommen sind. Immer wieder werde ich dann auch gefragt ob ich sie nicht fotografieren könnte, was ich inzwischen jedoch meistens ablehne weil es einfach nervt. Ich müsse ja, aufgrund meiner Ausrüstung, ein Profi sein. Darauf eine Antwort zu geben die den Fragenden nicht gleich beleidigt fällt mir dann schwer. Ich versuche mich dann immer irgend wie um eine Antwort zu drücken. Denn so wenig wie ich diese Leute verstehe, würden die mich nicht verstehen.
 
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ich finde dies auch befremdlich und tatsächlich kann ich kein Lavendelfeld in der Provence mehr sehen, das Motiv ist vollkommen "ausgelutscht". Weil dies so ist, turnt mich das auch nicht an, irgendwelche Anstrengungen zu unternehmen diesem nachzueifern. Es gibt bei mir aber auch den anderen Effekt: Wenn ich ein (aus meiner Sicht) gelungenes Landschaftsfoto mache, dann spüre ich bei mir eine sehr ausgeprägte Zurückhaltung die Location - im wahrsten Sinne des Worte - zu verraten. Gruß Clemens
 
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Moin
Ich weis nicht ob es bei euch bereits angekommen ist, aber es gibt mittlerweile "Instagram Pop Up Museen" wie das Supercandy oder Cali Dreams. Wenn ihr Augenschmerzen haben wollt, googled mal danach.
Ihr glaubt gar nicht wie viele Anfragen von Cosplayern ich schon ablehnen musste, die UNBEDINGT DORT Shooten MÜSSEN! Das ist so KREATIV und EINZIGARTIG. Man kauft sich also ein Ticket für diese "Museen" und darf dann eine gewisse Zeit dort Shooten.
Die Bilder sehen nahezu identisch aus, ob ein Fotograf mit Kamera oder Jenny mit dem Handy sie gemacht hat. Rosa und Austauschbar.

Warum diese "Museen" die Zielgruppe so triggert? :unsure:

Denke das ist genau das gleiche wie die Insta-Touris. Irgendein "Influencer" macht es vor und alle wollen es ihrem Idol gleich tun, um genau so "cool" zu sein. Oder anders ausgedrückt: der "Influencer" hat genau das gemacht was er soll. die Leute triggern. Wenn es mit Insta-Foto-Spots klappt, dann auch sicher mit dem neuen Make-up, den hippesten Schuhen oder was weis ich was.

Ziel erreicht.

jm2c
Cassie
 
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Finde ich auch nicht schlimmer, als das 100ste Blümchenbild oder Schmetterlingsbild oder Blaumeise im Garten :cool:
 
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Man kann das Lavendelfeld auch besser fotografieren als alle diese Knipser, oder soll ich mich einfach umdrehen und sagen, ist schon abfotografiert.

full
 
1 Kommentar
bernd0501
bernd0501 kommentierte
Da stimme ich Dir zu. Fotos können auch Sehnsüchte auslösen. Mal die Lavendelfelder zu sehen, den Duft aufzusaugen und den Augenblick genießen. Auch wenn schon zig mal fotografiert, möchte ich auch eine Erinnerung heim bringen und so wie Du sagst, einen anderen Blickwinkel versuchen. Vielleicht sind die Wolken oder das Licht an diesem Tag besonders. Auch ich strebe nicht an, diese Bilder zusätzlich zu zeigen. Sie dienen mir und sind beim Betrachten eine schöne Erknnerung.
 
Moin,
auf unseren Reisen habe ich immer wieder folgendes beobachtet: Ein menschenleerer Ort und die Idee, von dieser Szene ein paar Bilder zu machen. Was passierte? Kaum stand das Auto und war die Camera "im Anschlag", kam Besuch (Aber nicht nur einer, "man fand sich ein"!). Der dann auch seine Camera zückte und bei seiner Motivwahl keine Rücksicht auf meine Situation / Aktivität nahm. Meine Interpretation: Ideenarmut (s. o.), Neid und der Wille, ja nicht etwas zu verpassen.
 
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Und dann machen wir auch keine Fotos mehr vom Eiffelturm oder der Golden Gate Bridge, keine mehr vom Grand Canyon, keine mehr von den Wüsten in Namibia usw.
Die Elefanten in Masai Mara ind auch schon alle bekannt, die Löwen sowieso, tja was bleibt ? Die Mutti beim Kartoffel schälen oder als Akt ?
Sorry hatten wir auch schon.
 
5 Kommentare
E
endtimeimages kommentierte
Darum geht es nicht. Steht auch so im Eingangspost. Es geht darum, dass viele das beinahe exakt gleiche Bild machen, nicht darum nur unentdeckte Gegenden zu fotografieren.
 
M
MartinRS kommentierte
Was soll man das diskutieren, wenn viele das gleiche Foto machen, was solls, mach es besser
 
E
endtimeimages kommentierte
Was man diskutieren soll steht im Eingangspost. Und nein, ich werde hier nichts besser machen. Hab ich doch geschrieben. Es reizt mich nicht, das gleiche Bild zu machen, das schon hundert andere gemacht haben. Genau darum geht es in diesem Thread. Warum zieht das so viele Leute an. Warum klettern hunderte auf einen Berg, um ein Bild zu machen, dass schon hundert mal gemacht wurde? Hast du den Eingangsbeitrag überhaupt gelesen? Du diskutierst vollkommen am Thema vorbei.
 
M
MartinRS kommentierte
Wieso diskutiere ich am Thema vorbei ? Wenn jemand ein Foto vor einem Berg machen will, ist das doch ok, auch wenn andere das auch schon gemacht haben. Diese Schulmeisterei, was andere tun oder lassen sollten, ist doch völlig daneben. Wenn ich mit meinem Sohn vor der Golden Gate Bridge stehe, mache ich ein Foto von ihm davor, wie es schon Hunderte zuvor gemacht haben. Ich wüsste nicht, was das irgend jemanden angeht. Und ja ich mache sogar noch ein Foto nur von der Brücke, auch wenn die schon tausende Mal fotografiert wurde. Ich versuche eben ein gutes Foto zu machen, das nicht nur mir gefällt. Dass sich die Fotos ähneln, ist normal, weil es nun mal 2 Stellen gibt, von denen aus man den besten Blick auf die Brücke hat.
 
Kay
Kay kommentierte
Es geht doch nicht darum, dass Du das machst. Das ist doch o.k. Und wenn Dein Sohn auf das Bild soll, versteht das auch jeder.
Aber nimm mal an, Du kommst dahin, es ist miserables Wetter, keine Sonne. Würdest Du dann trotzdem noch ein Foto machen? Wenn ja, warum?
Vielleicht gibt es Postkarten, professionell fotografiert bei bester Beleuchtung.
Gibt es dann bei uns Fotografen so ein Haben-Wollen-Gen, das uns sagt, nur das eigene Foto speichert uns die eigene Erinnerung? Mir kommt es fast so vor.
 
[...] es gibt mittlerweile "Instagram Pop Up Museen" wie das Supercandy oder Cali Dreams. [...]

Warum diese "Museen" die Zielgruppe so triggert? :unsure:
Ja, das frage ich mich auch. Es ist ja egal, ob jemand auf einen Berg klettert oder in ein Museum rennt – das Phänomen ist das gleiche. Irgendwas treibt diese Leute an, "auch so ein Bild" zu bekommen (und der Welt zu zeigen). Kreativität und Individualität sind es sicher nicht. Aus Asien kenne ich das Phänomen: hat einer etwas, haben es alle. In Deutschland dagegen war Kopieren lange Zeit verpönt und Individualität wurde wertgeschätzt. Aber anscheinend ändert sich das gerade.
 
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Das "gleiche" Bild kann man ohnehin nur dann machen, wenn man zur gleichen Zeit am gleichen Ort ist und mit der gleichen Ausrüstung fotografiert. Der Reiz, auch an sogenannten Hotspots Bilder zu machen, liegt doch darin, andere Perspektiven zu finden oder besondere Stimmungen einzufangen, damit sich die eigenen Bilder vom Mainstream abheben. Das ist nach meiner Meinung das spannende an der Fotografie.
 
2 Kommentare
HaDiDi
HaDiDi kommentierte
Geht es bei Hotspot Bilder wirklich um Fotografie, oder nur um eine Bestätigung - ich war auch da?

Ein beliebtes Motiv mit anderer Perspektive, individuell darzustellen, ist was ganz anderes und eine ganz andere Zielsetzung.

Hier ein sehenswerter Beitrag zu diesem Thema von der Brooklyn Bridge NY:

 
Kay
Kay kommentierte

Gerade bei diesen Selbst-Aufnahmen mit Spielhebel, die in das Netz gestellt werden, geht es mal wieder nur um die Ich-Wichtigkeit :cry: !
 
Aber was mich fasziniert, bzw. was ich nicht verstehe, ist, worin der Reiz liegt, das gleiche Bild zu machen, das andere bereits hundert mal gemacht haben? Nicht falsch verstehen, wenn ich da oben gewesen wäre, hätte ich auch ein Foto gemacht.

Klar, viele Menschen wollen einfach nur ein paar Urlaubsfotos von den Hotspots haben.
Am besten noch mit Familie oder Freund/Freundin im Vordergrund. Ist doch auch OK.
Wer sich intensiver und bewusster mit Fotografie befasst, wird sowieso bei der Motivwahl
kreativer sein.

Von Venedig gibt es wahrscheinlich zig tausende Fotos, die alle schön, aber sehr ähnlich sind.
Wie es anders geht, hatte hier vor einiger Zeit unser NF-Kollege häuschen mit ein paar
ungewöhnlichen Ansichten der Lagunenstadt gezeigt.

Grüße aus HB
Heiner
 
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Ich fotografiere auch Motive, die viele andere auch fotografiert/geknipst haben. Aber: ich fotografiere ausschließlich für mich selbst. Ok, ich poste auch Fotos hier (und NUR hier) oder schicke Fotos aus dem Urlaub per E-Mail oder whatsapp, statt Postkarten. Wenn Freunde oder Bekannte mal meine Fotos von Hastenichgeshen sehen wollen, dann zeige ich sie gerne.
Meine Fotos sind meine Erinnerungen. Ich habe keinen Selbstdarstellungsdrang in Insta oder ähnlichen Apps. Daher ist es mir völlig wumpe, ob es MEIN Bild schon tausendmal in ähnlicher Form gibt.
 
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Ich fotografiere auch Motive, die viele andere auch fotografiert/geknipst haben. Aber: ich fotografiere ausschließlich für mich selbst. .................
Meine Fotos sind meine Erinnerungen. Ich habe keinen Selbstdarstellungsdrang in Insta oder ähnlichen Apps. Daher ist es mir völlig wumpe, ob es MEIN Bild schon tausendmal in ähnlicher Form gibt.

Genauso sehe ich es auch. Sehr schön zusammengefasst. (y)
 
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Hier ein weiteres Beispiel, das einige vielleicht kennen: Naturpool in den Bergen. https://www.merkur.de/bayern/koenig...esgaden-sperrung-unfall-tote-zr-13790172.html

Das Video in dem Beitrag ist bezeichnend.

"Influencer" haben das Bild mit Wegbeschreibung bei Instagram gepostet und jetzt wird der abgelegene, recht schwer zu erreichende Ort überrannt. Warum? Weil alle das gleiche Bild machen wollen ... von sich wohlgemerkt, nicht nur von der Natur. Die Leute stehen dort Schlange, die Mädels hüpfen im Bikini in den eiskalten Pool, während die Jungs das Foto machen. Dann kommen die nächsten dran. Das ist, was mir nicht in den Kopf will; die fehlende Individualität und der Drang, etwas zu kopieren, das andere vorgemacht haben.

Dieser Naturpool ist kein Standardmotiv wie der Eiffelturm, den man bei der Parisreise natürlich fotografiert. Es ist ein schwer zu erreichender Ort. Anscheinend verspüren die Leute einen Drang, genau dort zu fotografieren; genau dieses eine Foto zu machen. Das, das sie im Internet gesehen haben. Sie verspüren einen Drang, das gleiche Foto zu machen. Ein Drang wohlgemerkt, der die Leute beträchtliche Risiken in Kauf nehmen lässt. Ich weiß ja, dass der Sexualtrieb ein starker Antrieb ist, der vor allem männliche Kandidaten gerne mal in Schwierigkeiten bringt, aber Fotos für Instagram und Co? :p. Naja, vielleicht hoffen die Jungs, in der Gunst des Mädels zu steigen, wenn sie tolle Fotos von ihr machen :ROFLMAO:

Und wieso in allen Berichten über den Fall ständig der Name der "Influencerin" genannt wird – die damit nur noch mehr Zulauf bekommt – ist mir schleierhaft. :sick:
 
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3 Kommentare
E
endtimeimages kommentierte
Nachtrag: In dem zweiten Video aus dem Link wird ab Minute 3 meine Frage von einem Psychiater beantwortet. Fazit: Alle krank :LOL::ROFLMAO::LOL:
 
Quincy 66
Quincy 66 kommentierte
An den Königssee hatte ich auch spontan gedacht. Ein anderes Beispiel wäre der "Reinebringen" auf den Lofoten. Anders als in Bayern haben die Norweger den Zugang sogar erleichtert, indem sie die gefährlichen Passagen durch Treppenstufen begehbar gemacht haben. Der Rettungsdienst hatte wohl keine Lust mehr, alle paar Wochen die Überreste von irgendeinem Trottel zu bergen, der es mal auf Flip-Flops probieren wollte und dabei abgeschmiert ist.
 
Georgie1956
Georgie1956 kommentierte
Das ist der Herdenzwang. Wenn Lina das Parfum „Grand Odeur de Cacque“ hat, muss Jana das auch haben. Dasselbe gilt für Selfies an irgendwelchen Hotspots. Das ist Wettbewerb, wer ist besser? Lina, weil sie zuerst da war, oder Jana, weil sie höher sprang? Nur mal so als Beliebig austauschbares Beispiel......
 
Moin,
eine Idee hätte ich noch: Wenn ich schon sonst nichts habe und nichts kann, dann ist es doch eine sehr gute Idee, durch ein sogenanntes spektakuläres Photo auf mich aufmerksam zu machen. Wenn man sich die Selfies genau getrachtet, dann können die doch alle im Schwarzwald oder in den Alpen, mit oder ohne Wasser gemacht worden sein. Es geht ja nicht um den Ort oder die Landschaft, sondern um meine "Großartigkeit", die da formatfüllend auf den Sensor soll und die allen mitgeteilt werden muss. Sofort. Was ja allenthalben zur Verzweiflung führt: Wenn diese Menschen sich abgelichtet haben, müssen sie sofort auf dem Display sehen, wie toll sie sind. Bleiben stehen und dikutieren über ihre Großartigkeit. Vor lauter "Ich" registrieren sie nicht, dass das noch andere Menschen ggf. das Motiv als solches photogen finden.... Oh, was war das heute ein schöner Tag an Grabe von Chopin. Gut, ich weiß nicht genau, wer das war. aber ist ja auch egal. Mit Teilen seines Grabsteins, dem man nicht ansehen kann, dass er Chopin würdigt, mache ich eine großartige Figur... Ach, ich könnte noch weiter so ablästern über das, was ich in den Jahren so alles erlebt habe....
Gruß Emc2
 
4 Kommentare
Beuteltier
Beuteltier kommentierte
Ich vermute, dass da eine um so größere Divergenz zwischen Absicht und Ergebnis auftritt, je mehr Menschen dieses Verhalten "nachmachen":
Das Ziel scheint zu sein, das eigene Herausgehobensein aus der Masse derer, die sich nicht am gleichen Ort in ähnlicher Pose fotografieren ließen, zu belegen.
Je mehr die Erreichung dieses Ziels durch ihr Handeln anstreben, desto geringer wird die Zahl der "Mittelmäßigen", und das Herausgehobensein aus dieser Masse dadurch schwächer...
 
Kay
Kay kommentierte
Wenn es das nicht jetzt schon gibt, kann man sicher bald für kleines Geld den virtuellen Hintergrund kaufen und seine selbstberäucherte Figur einfügen.
Ist auch nicht anders als " unser Korrespondent berichtet aus ... " mit einem Hintergrundfilmchen, auf dem sogar die Flaggen wehen.
 
E
endtimeimages kommentierte
Kay
Interessant wäre, ob das diese Leute genauso befriedigen würde, wie das Heraufkraxeln auf den Berg. Ich kann es nicht sagen ...
 
Kay
Kay kommentierte
Es gibt wohl beides.
Zu " meiner Zeit " war ich ein stolzer Besitzer eines BMW 1502. Andere kauften sich einen Kühlergrill mit zwei Leuchten und machten auf 2002.
Schätzungen gehen davon aus, dass jeder zweite AMG in gewissen Gegenden nur optisch aufgemotzt ist.
 
Lasst doch bitte die Leutchen in Massen hinrennen wohin sie auch möchten, fotografieren was immer sie auch möchten und mit ihren Fotos machen was sie möchten, solange alles im gesetzlichen Rahmen bleibt.
Meine Lieblingsbeschäftigung seit Jahren ist anderen und vor allem jeglichen Menschenmassen im großen Bogen aus dem Weg zu gehen...

Grüße - Bernhard
 
1 Kommentar
E
endtimeimages kommentierte
Keiner hindert sie. Aber es ist dennoch interessant, was dahinter steckt. Und die damit einhergehende Umweltzerstörung muss auch thematisiert werden.
 
Was gesehen werden will, wird auch gezeigt. Was gehört werden will, wird, gespielt. Und was gekauft werden will, wird auch produziert. Das ist heute so und war früher nicht anders.
Und "das Motiv" wird erst spannend, wenn es zu "meinem Motiv" wird. Denn dann lege ich meine Intension mit ins Bild. Ludwig van Beethovens Kompositionen sind deshalb so spannend und haben deshalb bis heute überlebt, weil ganz viel von ihm selbst hörbar ist.

Vivian Maier, die verstorbene Fotografin, hat ganz viel über sich in die Bilder hineingegeben, obwohl sie kaum eines ihrer Bilder nie auf Papier brachte. Nur eben, das grosse Publikum hatte sie auch nicht. Beethoven mit der Zeit schon. Und Mozart auch. Hätten sie aber nicht zu dieser Zeit gelebt, wären sie vielleicht nie so beachtet worden.

Ein Grund, warum ich mich sehr zurückhalte, im Netz Bilder anzuschauen, ausser hier. Ich fotografiere gerne, weil ich den Austausch zwischen meinem Innern und meinem Aussen mag. Die Motive sind mir weitgehendst egal. :)
 
Kay
Kay kommentierte
Ach, Sam, die Postkarten waren ja soo wichtig.
Es gab aber auch die Erwartungshaltung der zu Hause gebliebenen. Ich höre noch dieses vorwurfsvolle: " Du hast uns aber gar keine Karte geschrieben ! "
Der typische Text war damals: " Herzliche Grüße vom Gardasee sendet Euch Euer ... " - das reichte meist.
 
sam25
sam25 kommentierte
Kay


Oh, ja: ich wurde als Kind jeweils von meiner Mutter fast gezwungen, Postkarten zu schreiben:

"Liebes Grosi, wie geht Dir mir geht es gut. Wir sind in den Ferien. Liebe Grüsse" ......
Standard. Und ich hasste und ich mag es heute noch nicht. Das doofe an den Postkarten war halt, dass man den eigenen Kopf nicht noch vor den Eifelturm brachte. Ansonsten war es für die meisten derselbe Grund, wie heute die Selfis vor dem Turm von Pisa: man war stolz, dort hin reisen zu können und wollte das dann auch beweisen .... :)
 
Kay
Kay kommentierte
Das kenne ich auch noch: " Schreib doch bitte noch etwas an den Rand! " - grausig!
 
Georgie1956
Georgie1956 kommentierte
Postkarten schreiben..... wie habe ich das gehasst.....
 
E
Emc2 kommentierte

Moin,
wenn wir verreisen, machen wir das schon jahrelang so: Wir wissen nur die Richtung, aber wann wir wo genaus sein werden, wissen wir nicht. Wann genau wir zurückkommen wissen wir nur, wenn wir einen Flug oder ein Schiff gebucht haben. Jetzt, als Privatiers ohne berufliche Verpflichtung, ist die Freiheit noch größer. Wir schreiben weder Post-, noch Ansichtskarten. Wir telefonieren nicht und sind für diese Zeit auch nicht telefonisch oder sonstwie erreichbar. Unser uraltes Nokia ist nur dabei, um im Notfall den ADAC oder seine Freunde anzurufen. Internet, eMail und was es sonst noch so alles gibt - bleibt alles zu Hause. Unterwegs kein Suchen nach einem Andenkenladen, kein Grübeln: Wer bekommt welche Ansichtskarte? Kein Grübeln, was schreibe ich wem? Glaubt mir, es ist ein unglaublich entspanntes Reisen, sich nur um sich selbst kümmern zu dürfen! Nach der Reise hält sich die Neugier auf das Erlebte in Grenzen: Die meisten wollen nur erzählen, was sie selbst erlebt haben und wie toll das alles so war und wo wir unbedingt noch hinmüssen - kennt Ihr sicherlich auch.
Euch allen ein entspanntes Reisen
Gruß Emc2
 
Sieht es doch bitte positiv: Ohne Postkarten muss kein Baum sterben für die Menschen, die vielen anderen mit ihren Instagram- oder Whatsapp-Fotos zeigen wollen, wo sie waren...

Grüße - Bernhard
 
4 Kommentare
Kay
Kay kommentierte
Da würde ich noch gern wieder anfangen, diese blöden und lästigen Postkarten zu schreiben, bevor man mich bei diesen sogenannten " Diensten " findet, pfui spinne!
 
BernhardJ
BernhardJ kommentierte
Aber E-Mails schreibst Du auch, oder? Das sind genauso moderne Postkarten, ohne größere Probleme fast für alle lesbar die es tun wollen.

Grüße - Bernhard
 
Kay
Kay kommentierte
Die Bilder, die ich mit e-mails verschickt habe, waren rein persönlich. Da war von Sehenswürdigkeiten nichts dabei. Ich mache mir auch nichts aus Sehenswürdigkeiten.
 
Georgie1956
Georgie1956 kommentierte
Man muss schon unterscheiden, ob man E-Mails oder whatsupmessages (oder telegram etc...) an Freunde und Familie schickt, oder sich der „ganzen Welt“ in Insta, tik-tok oder ähnlichen Selbstdarstellungs-Apps präsentiert.
Im Übrigen:
Postkarten kosten Papier, Energie usw.
elektronisch versandte Bilder kosten ebenfalls Energie und andere Ressourcen.
Was schlimmer ist, kann ich nicht sagen.
 
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