Image averaging/Bildmittelung - so wird's gemacht

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manichino

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Rauschreduzierung durch Bildmittelung - so wird’s gemacht.


Nachfolgend möchte ich als kleine Anregung den Prozess der „Bildmittelung“ in Form eines kleinen Tutorials darstellen. Für die Profis und ambitionierten Amateure unter euch ist das natürlich ein alter Hut. Für den einen oder anderen Neueinsteiger könnte es aber vielleicht ganz nützlich sein. Insbesondere für Besitzer mit Kompaktkameras wie der P5100 oder P50 könnte diese Technik ihre Spielräume erweitern.

Vorab: Das ganze ist nicht auf meinem Mist gewachsen und es gibt hier sicher Leute, die wesentlich besser fotografieren und ganz sicher auch viele, die sich in Bildbearbeitung deutlich besser auskennen, als ich. Dieser Beitrag soll nur als Denkanstoß dienen und richtet sich eher an Einsteiger in die EBV!

Grundgedanke: Digitale Kameras neigen zum Rauschen. Die modernen DSLR sind in dieser Hinsicht schon sensationell gut. Bei schlechten Lichtverhältnissen und damit verbunden sehr langen Belichtungszeiten kommen aber auch sie irgendwann an ihre Grenzen. Das trifft insbesondere auf Nacht- und Infrarotaufnahmen zu, wo auch schon mal Zeiten von mehreren Minuten oder gar Stunden anfallen können. Bei Kompaktkameras tritt schon bei Belizeiten von ca. 1 Sekunde oder länger kräftiges Rauschen auf. Bei DSLR ist dies zwar auch bei langen Zeiten geringer ausgeprägt, irgendwann setzt aber das sogenannte Sensorglühen in Form von großflächigen violettfarbigen Verfärbungen ein. Wer das schon mal erlebt hat, weiß, was ich meine. Bei der D70S ist das schon bei ca. 2,5 Minuten der Fall, bei der D200 dauert es einige Minuten länger.

Es gibt heute ja sehr gute Entrauschungsprogramme: noise-ninja, neat image etc. Diese Programme haben aber einen Nachteil: sie verändern die Bilder immer mehr oder weniger stark, da ja Pixel heraus oder hinein gerechnet werden müssen. Ab einem gewissen Rauschgrad nützen auch diese Programme dann nichts mehr. Das gilt insbesondere für das oben genannte Sensorglühen.

Es gibt jedoch ein sehr einfaches Mittel, starkem Rauschen durch das Aufnehmen mehrerer Aufnahmen entgegen zu wirken. Dabei werden von ein und demselben Motiv mehrere Aufnahmen kurz hintereinander gemacht. Diese werden dann im Bildbearbeitungsprogramm übereinander gelegt und verrechnet. Man spricht von image averaging, zu deutsch in etwa „Bildmittelung“.

Als Beispiel möchte ich auf mein Bild „Der Galgen“ zurückgreifen:
http://www.nikon-fotografie.de/vbulletin/showthread.php?p=560840#post560840
Da ich meine Nikon DSLR nicht dabei hatte, musste ich auf meine „Immerdabei“, eine kleine Canon G6 zurückgreifen. Die ist eigentlich für eine Kompakte recht rauscharm. Bei dem Bild handelt es sich aber um eine IR-Aufnahme. Für eine große Tiefenschärfe setzte ich hier auf Blende 6,3 und kleiner. Wegen des dunklen IR-Filters sind hier lange Belichtungszeiten notwendig. Bei Blende 6,3 liegen diese schon bei über 20 Sekunden für ein korrekt belichtetes Bild. Dabei entsteht jedoch sehr starkes Rauschen. Außerdem erlaubt die G6, wie die meißten Kompakten keine besonders langen Zeiten oder gar „bulb“. Bei der G6 sind es gerade die genannten 20 Sekunden als längste Beli-Zeit. Es bleibt also nur eine Erhöhung des ISO-Wertes. Folge: noch stärkeres Bildrauschen! Ein Teufelskreis…

Das Ergebnis sieht im Crop so aus:
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In solchen Fällen kann nun die Technik der Bildmittelung helfen. Bildrauschen ist ja nichts anderes als mehr oder weniger zufällige Störungen im Bild aufgrund der zunehmenden Erwärmung des Sensors. Die Technikfreaks unter euch können dies sicher besser erklären als ich. Entschuldigt also bitte meine laienhafte Ausdrucksweise! Wenn die Störungen aber zufällig sind, bedeutet dies nichts anderes, als dass sie in jedem ansonsten identischen Bild unterschiedlich auftreten. Mit anderen Worten: wo man in einem Bild ein „Störpixel“ hat, hat man in einem anderen Bild eine verwertbare Bildinformation. Das Grundprinzip der Bildmittelung ist es daher, mehrere identische Aufnahmen zu machen und übereinander zu legen.

Und so wird’s gemacht:

Zunächst muß die Kamera auf ein stabiles Stativ gestellt werden. Dann werden kurz hintereinander mehrere gleiche Aufnahmen gemacht. Wichtig: die Einstellungen hinsichtlich Blende, Verschlusszeiten etc. dürfen nicht verändert werden! Die Bilder müssen möglichst identisch sein. Selbst kleinste Ausschnittsänderungen würden das Ergebnis unbrauchbar machen. Also zwischen den Aufnahmen Finger weg von der Kamera! Kabel- oder Funkauslöser sind also angesagt.

Anschließend werden die Bilder alle in die Bildbearbeitungssoftware geladen. Bei mir ist es Uralt-Photoshop 6. Geht aber mit jeder anderen Software, die Ebenen unterstützt.

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Dann wird das vorderste Bild durch Doppelklick auf die Miniatur in der Ebenenpalette zum Hintergrund gemacht. In der Fragenbox gebe ich „Hintergrund“ ein und bestätige:

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Anschließend erstelle ich ein Ebenenset, indem ich im Ebenenfenster auf den Pfeil oben rechts klicke und „Neues Ebenenset“ wähle. Das ist zwar nicht unbedingt notwendig, gestattet mir jedoch, mit einem Klick alle darin liegenden Unterebenen auf einmal ein- und auszublenden. Dies ist hilfreich für einen schnellen Vorher/Nachher-Vergleich.

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Ich benenne den Ebenensatz mit „Bildmittelung“.

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Jetzt wähle ich das zweite Bild, wähle durch Strg+A den kompletten Inhalt als Auswahl und kopiere ihn durch Strg+C in die Zwischenablage.

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Anschließend wechsle ich wieder zum ersten Bild. Ich achte darauf, dass das Ebenenset im Ebenenfenster markiert ist und kopiere den Inhalt des Zwischenspeichers durch Strg+V als 1. Ebene in das erste Bild:

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(Achtung: Bitte nicht durch die geänderten Bildnamen in den Titelleisten verwirren lassen. Ich musste den Ablauf zwischendurch abbrechen und neu aus Lightroom laden)

Diese erste Ebene muß jetzt markiert werden. Danach wird über den Schieberegler im Ebenenfenster die Deckkraft reduziert. Hier auf 50 %:

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Das zweite Bild wird jetzt nicht mehr benötigt und kann geschlossen werden.

Dann wird das gleiche mit der Ebene 2 und 3 gemacht. Bei der zweiten Ebene habe ich die Transparenz auf 30 % reduziert.

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Bei der dritten Ebene sind es nur noch 17 %.

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Das Rauschen ist jetzt schon deutlich geringer und könnte an dieser Stelle noch durch ein Entrauschungsprogramm oder Filter weiter reduziert werden:

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Da der Kontrast etwas gering ist, hebe ich ihn durch eine Eistellungsebene „Gradationskurve“ an.

645347bb471345e91.jpg


Jetzt muß das Bild noch maßvoll geschärft werden. Ich mache das gerne über eine eigene Schärfungsebene, da die Schärfung hierdurch recht subtil gesteuert werden kann. Zunächst wird dazu eine leere neue Ebene angelegt.

645347bb471369cd0.jpg


Dann werden die darunter liegenden Ebenen durch den Befehl „Sichtbare auf eine Ebene reduzieren“ bei gleichzeitig gedrückter Maus- und Alt-Taste in die neue Ebene verschmolzen.

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Nun wird die neue Ebene mit dem Unscharf-Maskieren-Filter kräftig geschärft.

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Über den Schieberegler Deckkraft im Ebenenfenster werden jetzt die Transparenz der Schärfungsebene und damit die Schärfung fein abgestimmt.

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Fertig!

Hier nun noch mal das Ausgangsbild:

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Und zum Vergleich das Endergebnis, wohlgemerkt, ohne Anwendung eines Rauschfilters:

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Der Effekt könnte theoretisch gesteigert werden, indem noch mehr Bilder aufgenommen werden, bspw. 16. Dann werden je 4 Bilder wie soeben gezeigt verrechnet und die Endergebnisse wieder mit einander verrechnet. Allerdings steigt damit auch die Gefahr von Unschärfen.

Viel Spaß beim Ausprobieren!
 
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Es besteht auch die Möglichkeit, dieselbe Wirkung zu erzielen mit Hilfe einer Mehrfachbelichtung. Das Überlagern der Bilder findet dabei direkt in der Kamera und ohne Software statt.

Tinker
 
Kommentar
Habe ich noch nicht ausprobiert. Danke für den Tip. Allerdings setzt das voraus, dass die Kamera Mehrfachbelichtungen erlaubt. Bei vielen Kameras ist das ja nicht der Fall. Bei meiner G6 und D70S jedenfalls nicht. Außerdem weiß ich nicht, ob dies ohne Berührung der Kamera möglich ist. Das hängt von der jeweiligen Kamerafunktion ab.
 
Kommentar
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