Hallo Medicus,
Entschuldige vielmals meine Neugierde. Aber in den Köpfen vieler Amateure herrscht die Meinung vor, dass Profis zummndest beruflich nur mehr digital arbeiten, und dass aus Gründen der trefferquote keine Mensch mehr sich Manualfokus antut.
Es würde mich sehr interessieren, und ich denke etliche andere auch, warum Du nur Film verwendest.
Das ist ganz einfach: ich arbeite seit fast 40 Jahren mit dem Medium Film. Film ist genial einfach und sehr ausgereift, spezielle Diafilm (ich arbeite ausschliesslich mit Fuji Provia 100F und Fuji Velvia 50 für 35mm und MF).
Ich weiss wie Film in verschiedenen Lichtsituationen reagiert, und ich kann Film ohne grossen Aufwand auf dem Leuchttisch betrachten, das beste Foto aussuchen und scannen.
Ein paar Infos warum Analog findest Du u.a. hier:
http://www.warum-analog.aphog.de/
Entweder hat man ein Auge und ein Händchen für die Fotografie oder man hat es nicht. Es nützt wenig, 600 Knipsbildchen mit dem Sensor einzufangen, in der Hoffnung, es wird 'das Beste' dabei sein. Wenn man ein Konzept hat, Erfahrung, know how und sich in seinem Bereich auskennt, dann hat man ein Gefühl dafür, wie sich eine Situation entwickelt (entwickeln kann) und drückt im richtigen Moment ab - ohne jedwede Verzögerung. Wer das nicht hat/kann, der 'videografiert' halt 600 oder mehr Bildchen pro Stunde und sortiert später tagelang (oder wochenlang) aus.
Dieses ganze Gelaber über den 'entscheidenden Augenblick' oder 'decicive moment' ist Quark - siehe oben. Man kann es oder man kann es nicht, da hilft die Technik nicht sonderlich weiter.
Ich persönlich brauche selten AF, weil ich häufiger statische Motive ablichte. Dieses Geschrei in den Foren über 59 AF Sensoren etc halte ich für übertrieben - es erweckt bei mir nur den Eindruck, dass 98% der Möchtegern-Profis ausschliesslich Sport-& Eventfotografie betreiben, sprich ca. 95% der deutschen Profis (die eigentlich weniger Zeit haben, sich tagelang in Foren herumzutreiben).
Wenn ich manuell fokussiere, weiss ich genau, wo die Schärfe liegt. Aber weiss ein Digiknipser, welches seiner 59 oder mehr AF-Messfelder genau **den** Punkt trifft, den er haben will? Wohl kaum, daher auch die ewig sinnleeren Diskussionen über 'Frontfokus und Backfokus'. Das sind nur dumme Ausreden, denn würden sich die Leutchen mal auf ihre Augen verlassen, gäbe es das Problem nicht. Und vor allem sollten sie auf diese Hyper-Super-Zooms verzichten, auch wenn sie noch so praktisch sind.
**Ich** möchte die Entscheidung treffen, mit welcher Zeit, Blende und welcher Fokusebene ich ein Foto komponiere, ich möchte mich nicht auf die angebliche Erfahrung der grünen Jungs, d.h. der Marketingfuzzies und oberschlauen Programmierer verlassen, die angeblich jede erdenkliche Situation in die Chips einprogrammiert haben - das ist mathematisch unmöglich.
Bei meinen Fotos entscheide **ich** und nicht irgendein Chip, wo die Schärfeebene liegen soll - das ist **mein** Job und mein know how.
Abgesehen davon, dass viele meinen es wäre erforderlich mit zig Messpunkten zu arbeiten: Quatsch! Es ist einfacher, ein gutes Objektiv zu nehmen (ich habe neben Nikon noch zwei Contax-Systeme mit Zeiss-Objektiven, MF 6x9 Fujis und Plaubels mit Shift ohne jedwedes AF und ohne eingebauten Belichtungsmesser oder eine Automatik, etc), auf Blende 11 abzublenden und bewegte Objektive einzufangen, als mit 2.8/105mm und einem hechelnden Motörchen irgendwelchen Hirngespinsten hinterher zu jagen. 11/105mm gibt mehr als ausreichend Spielraum wenn man das Prinzip der Schärfentiefe verinnerlicht hat, und man muss nicht durch endlose Menus auf einem Mäusekino hangeln - das Motiv/die Szene wartet nicht auf den genervten Fotografen!
Reicht das Licht nicht aus kommt halt ein anderer Film rein. Reicht das Format wegen Körnigkeit des Films nicht aus, kommt eben eine MF-Kamera zum Einsatz.
Apropos: Egal ob Nikon oder Canon - wenn ich ein MF Dia im Format 6x9 cm (!) @ 4.000 ppi scanne, kommt ein 130 Megapixel-Foto raus, dem keine Profi-Digiknips das Wasser auch nur annähernd reichen kann. Ich scanne dabei selten das volle Diaformat, sondern beschränke mich auf 12.900 x 8.600 Pixel Bildgrösse - das hat **Format**. Hubraum ist eben durch nichts zu ersetzen als durch noch mehr Hubraum! (kleiner Tip: lege mal ein 6x9 Dia neben einen Vollformat-Sensor
)
OK, die Digijünger mögen jetzt schon wieder schreien: bei 6x9 hast Du aber nur 8 Aufnahmen zur Verfügung. Richtig. Aber ich weiss halt, wann ich auslösen muss.
Meine Fotos werden dann in einem Format von 60x90 cm bei KB oder 35mm ausbelichtet, bis zu 120x180 cm bei 6x9. Wenn es grösser sein soll, geht bei 6x9 auch problemlos bis zu 300x200 cm, also 3x2 Meter. Knackscharf und mit Farben, die Digi noch lange nicht erreichen kann (ein Velvia ist nicht zu übertreffen).
Für meine letzten beiden Bücher habe ich die kleine und handliche Contax G2-Ausrüstung eingesetzt, ein Rangefinder-System, d.h. 'nicht einmal' SLR. Die Dias wurden nur gescannt, eine Verzeichnung, Farbabweichungen, chromatische Abberation etc brauche ich bei erstklassigen Objektiven nicht zu korrigieren. Die Nachbearbeitung tendiert gegen Null. Mein 8.0/16mm Hologon (Neupreis mal 3.500 Euronen) ist 100% verzeichnungsfrei. Mein 2.8/15mm Nikon hat nur geringe Verzeichnungen, muss aber mit Blende 11 und Stativ eingesetzt werden. Das 2.8/20 Nikon ist fast perfekt. Von den Superweitwinkelobjektiven im Mittelformat will ich hier noch garnicht reden. Grade die Qualität der Super-WW Aufnahmen bietet mir noch kein Digi-System, da fehlen noch Welten an der Abbildungsqualität und Auflösung. Bisher habe ich noch jeden Digi-Fan bei Shoot-Outs am langen Arm verhungern lassen - auch bei Mittelformat, denn dort regieren leider auch nur die Krüppel-Sensoren mit 'Crop-Faktor' (das Wort allein finde ich schon zum Ko..en).
Deshalb Film, deshalb keine Automatiken. Brauche ich nicht, denn schliesslich fahre ich auch einen echten Offroader mit richtigem Leiterrahmen und 15 Gängen, die per Hand geschaltet werden müssen. Damit bin ich bisher immer am Ziel angekommen, im Gegensatz zu den 'Sofa-mit-4-Rädern-Komfort-Fahrern', die dank ihrer eingebauten, elektronischen Berganfahrhilfe oder Bergabfahrhilfe bereits irgendwo direkt neben der Strasse im ersten Geröll, Schlamm oder Graben hoffnungslos verrecken, weil sie keine Ahnung von Geländefahrten haben.
Reicht eben nicht, nur tief genug in die Tasche zu greifen und zu glauben, dann wäre man ein Profi und könne die Welt besiegen.
Oh, ja klar, da gibt es noch die Profis, die tatsächlich Sport & Events knipsen, aber das ist wirklich nur Knipsen, denn wenn die Zeitung gedruckt ist, sind die Bildchen bereits Schnee von Gestern. Den meisten Reportage-Fotografen ist das jedoch sehr bewusst.