Ethische Grenzen

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Moin,

ich hätte selbstverständlich erst einmal für Hilfe gesorgt. Das fotografieren hätte ich denen überlassen, die für die Spurensicherung zuständig sind. Für die Presse habe auch ein wenig Verständnis. Aber wenn hier ca. 50 Leute mit ihren Handycams offensichtlich rein privat fotografieren, ohne Hilfe zu leisten, wird mir schlecht.
Diese Leute können offenbar die Realität nicht vom Fernsehen unterscheiden. Kommt mir ein wenig so vor wie bei den öffentlichen Hinrichtungen im Mittelalter.
So, jetzt höre ich besser auf...
 
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die diskussion um die juristischen feinheiten des suizids ist zwar im grunde hier off topic, soll aber von mir doch noch erhellt werden.

der sprachgebrauch selbstMORD mag vielleicht auch christliche wurzeln haben und aus diesen die tat als verdammungswürdig darstellen (allerdings meines wissens nur im deutschen sprachraum). insofern muss eine diskussion durchaus unter ethischen aspekten geführt werden.

was hier jedoch vorstehend aus juristischer perspektive zur begrifflichkeit angemerkt wurde, entspringt den tatbeständen des deutschen strafrechts. demnach ist mord eine qualifizierte form des grundtatbestandes, welcher totschlag genannt wird. die qualifizierenden merkmale wurden oben bereits genannt.

insofern lässt sich vermeindlich eine selbsttötung mit qualifizierenden merkmalen, beispielsweise der gemeingefährlichkeit, begehen, welche sich sodann als selbstMORD bezeichnen ließe. dies verkennt jedoch, dass die selbsttötung bereits von der tatbestandsbeschreibung des grunddeliktes nicht erfasst wird, da das merkmal "wer einen menschen tötet" nach ganz herrschender meinung verstanden werden muss als "wer einen ANDEREN menschen tötet" und damit die selbsttötung bereits mangels tatbestand straffrei ist, was freilich probleme mit der behandlung der beteiligung (beihilfe, anstiftung) aufwirft.

des weiteren gab es oben eine äußerung von seebi, die auch unter juristischen aspekten unzutreffend ist:

In diesem Fall wäre auch das rechtliche und finanzielle Risiko überschaubar gewesen, es hätte niemanden gegeben, dem ich hätte helfen können, und niemanden dessen Persönlichkeitsrechte verletzt worden wären.

dazu sei hier nur kurz angemerkt, dass auch und gerade persönlichkeitsrechte nicht mit dem tod enden: siehe "mephisto-urteil", BVerfGE 30, 173 (näheres auch unter http://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeines_Persönlichkeitsrecht )

damit wären wir dann schließlich auch beim topic den ethischen fragen angelangt. hier würde ich für mich eine erste grenze ziehen, dass eine dokumentation des geschehens ausnahmslos hinter einer nötigen und möglichen hilfe für die unmittelbar betroffenen und nötigenfalls einer sicherung des unfallortes zur verhinderung weiterer personenschäden oder größerer sachschäden vorrang vor allen eigeninteressen hat.

erst wenn alles nötige in dieser hinsicht getan ist, kann ich überhaupt in erwägung ziehen, mit der den umständen gebotenen rücksicht am ort des geschehens zu fotografieren.

was die veröffentlichung der so entstandenen aufnahmen angeht, stehen dann allerdings in erster linie wiederum juristische aspekte im vordergrund. keinesfalls allerdings würde ich die verwertung von finanziellen vorteilen abhängig machen.

und ein letztes: ich finde gaffer an unfallorten, besonders wenn sie obendrein die rettung oder bergung behindern und andere gefährden, einfach zum kotzen! ganz egal, ob dabei noch fotos gemacht werden oder nicht.
 
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und ein letztes: ich finde gaffer an unfallorten, besonders wenn sie obendrein die rettung oder bergung behindern und andere gefährden, einfach zum kotzen! ganz egal, ob dabei noch fotos gemacht werden oder nicht.
Bei der beschriebenen Szene ist vielleicht noch anzumerken, dass der Springer die Rettungskräfte und die Passanten gefährdet und evtl. sogar traumatisiert. Also sich selbst zu töten kann man auch etwas respektvoller gestalten.

Grüße
Roland
 
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Ich weiß nicht wie es in D ist.

Suizide werden in CH nicht publiziert unter anderem wegen Nachahmung. (Suizidprävention / siehe auch Goethe : Die Leiden des jungen Werther )

Gruß
Peter
 
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Ich weiß nicht,ob es sinnvoll ist,Suizide aus Angst vor Nachahmungen publizistisch ganz unter den Tisch zu kehren,aber mir gefällt diese Vorgehensweise.
Ich lehne Selbstmorde grundsätzlich ab,ausgenommen Menschen,welche krankheitsbedingt unter schwersten Schmerzen dauerhaft zu leiden haben.
Aber in jedem Falle würde ich,aus meinem ethischen Verständniß heraus,ein Selbstmordopfer nicht fotografieren.
Ich habe mich selbst hinterfragt,warum ich diese Einstellung habe und ich habe irgendwie keine konkrete Antwort gefunden.
Ich habe keine Angst vor dem Tod,ich habe in einem Pflegeheim gearbeitet,in dem pro Woche ca 3 Patienten verstarben und der Tod ist kein Tabuthema für mich.
aber irgendwie finde ich die fotografische Abbildung von Selbstmördern sollte den Polizeifotografen vorbehalten bleiben.
Nebenbei bemerkt,finde ich auch die Ausstellungen dieses >Doktor Tod< einfach daneben.
Aus den Körpern verstorbener Menschen >Kunstwerke< zu schaffen,kann wirklich nur mit der um sich greifenden Dekadenz unserer Zeit erklärt,aber nicht entschuldigt werden.
Mit freundlichen Grüßen,-kumgang!
 
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Ich hätte es fotografiert und verkauft. Tot ist tot und Geld ist Geld. In diesem Fall wäre auch das rechtliche und finanzielle Risiko überschaubar gewesen, es hätte niemanden gegeben, dem ich hätte helfen können, und niemanden dessen Persönlichkeitsrechte verletzt worden wären.

Irgendjemand hätte es sowieso getan, und Geld ist prinzipiell in meiner Tasche besser aufgehoben als in anderen Taschen. Den Toten ist's egal. Wer den öffentlichen Freitod wählt, entscheidet sich damit auch für Zeugen und eine entsprechende Berichterstattung.

tja.... dar Buss färt ja eh, ob du eine Fahrkarte kaufst oder nicht wenn du drinn sitzt...:nixweiss:

also, ich weiss nicht.... kann man so sehen.:confused:

Ich stand da 20 Meter von weg, fotografiert hätte ich aber nicht.

http://rhein-zeitung.de/on/96/05/20/topnews/artisten.html
 
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Mmmmh, der Begriff 'Selbstmord' ist also offenbar wg. juristischer Spitzfindigkeiten und aus Protest gegen 2000 Jahre Kirchengeschichte abzulehnen. Okay, dann also 'Selbsttötung', meinetwegen. Aber was ist denn dann derjenige der vom Hochhaus springt, sich eine Kugel in den Kopf jagt, hinter den Zug springt oder durch den Strick guckt? Ist das dann ein 'Selbsttöter'? Also ich kenne Old Shatterhands Bärentöter, ich kenne den Neuntöter, aber bei aller political correctness glaube ich nicht das dem Ausdruck 'Selbsttöter' eine große sprachliche Karierre bevorsteht. Man sollte es einfach nicht immer übertreiben, aber vielleicht könnte man auch ein neues denglisches Wort dafür finden, mir schwebt da sowas wie 'Suicidist' vor. ;)

Gruß
Dirk
 
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Wenn es nach der >PC< gehen würde,dürfte auch Dr.Hofmanns >Struwelpeter< nicht mehr verlegt werden,dort wird von einem >Mohren< gesprochen,was ja heute irgendwie als >überpigmentierter Mitbürger< zu übersetzen wäre!:cool:
Nur,das reimt sich leider nicht!:confused:
Interessant vielleicht noch,daß das Wort >Mohr< eine Verbalhornung des Wortes >Maure< ist (nein,nicht Mauer,menno!:confused:):lachen:
Mit freundlichen Grüßen,-Stephan!;)
 
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Selbstmord ist Umgangssprache und sicherlich der am meiten verwendete Begriff. Wenn man nicht gerade katholisch ist, ist er sicherlich eher unpassend. Ich bevorzuge den Suizid (als Begriff natürlich).

Ich bin zwar der Meinung, dass der Mensch ein Recht auf Suizid hat, allerdings ist die hier gewählte Form nicht akzeptabel, denn andere müssen die Schweinerei wegputzen. Das gleiche gilt für Züge. Daher sehe ich keine ethischen Gründe die gegen Fotos sprechen.

Meine Entscheidung müsste spontan fallen, da ich hier sehr unentschlossen bin.
 
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Hallo,

interessante Diskussion über Voyeurismus, Grenzen des guten Geschmacks, politisch korrektes Benehmen und moralisch verwerfliches Handeln - bezogen auf geschildete fotografische Situation.

Sex & Crime sind nun mal die besten Titelstories! Ganz der Voyeur schielt jeder auf diese Art von Fotos und Stories, nicht nur in der bunten Presse sondern auch im wirklichen Leben. Entweder versteckt aus der 2. Reihe oder vordrängelnd und bekennend. Scheint wohl in unser aller Wesen zu liegen.

Und es liegt auch an uns dies zu fördern und anderen diese Bilder zugänglicher zu machen oder es nur entsetzt - aber mit der Gewissheit um eine gebannte Zuhörerschaft - zu erzählen.

Wäre ich nur der Technokrat und Fotograf der eine Profi-Ausrüstung hat und der sich beweissen möchte dass seine eigene Ausrüstung gestochen scharfe hochauflösende Fotos von dieser Situation macht, dann würde ich nicht scheuen draufzuhalten.
Doch bin ich Mensch, Vorbild meiner Kinder, mir selbst und meinem Gewissen verpflichtet, dem Voyeurismus und dem ev. damit zu verdienenden Geld nur bedingt verfallen - und würde es nicht tun.

Grüsse,
DANY
 
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um beim thema zu bleiben:
nein, ich hätte nicht geknipst... und zwar aus dem ganz banalen grund, dass es mich nicht interessiert... weder der vorfall an sich, noch die berichterstattung darüber. als augenzeuge hätte ich noch den notruf gewählt und wäre dann weiter gegangen.
 
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Ja, ich hätte Bilder gemacht, nachdem ich Polizei und Rettungskräfte alarmiert hätte.
Bei einem Suizid wäre es ärgerlich gewesen, denn die Bilder sind in dem Fall unverkäuflich.
Bei einem Unfall hätte ich die Bilder an eine lokale Zeitung verkauft.
In keinem Fall hätte ich Bilder für mich gemacht. Da bevorzuge ich andere Motive.
Das hat nichts mit Voyerismus zu tun, sondern ist seit ewigen Zeiten Teil der Berichterstattung. Da hat mich die Lokalredaktion früher losgejagt, um Unfälle auf der nahegelegenen Autobahn zu fotografieren.
Keinerlei ethische Bedenken, darüber zu berichten.
 
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Ich denke, zum Thema ist alles gesagt. Letztlich wird jeder, wenn er in eine entsprechende Situation kommt und eine Kamera zur Hand hat für sich selbst entscheiden wie er damit umgeht.
 
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