Ich habe meine Antwort zu Häuschens Frage aus dem D800/D800E Thread herausgelöst, da er vermutlich bald in eine philosophische Diskussion abwandern wird.
Häuschen,
es ist noch ganz schön früh so eine Frage anzugehen. Einen Versuch ist es jedoch allemal wert.
Die D4 ist gerade mal 2 Wochen bei mir und die D800 eine Woche. 2000 Bilder sind es bis jetzt auf der D4 und ca. 1000 Bilder mit der D800.
Bevor die neue Generation kam, habe ich in letzter Zeit vorwiegend mit 4 Gehäusen fotografiert. In Verwendung waren mehr, aber ca. 80% aller Bilder kamen von der D3s, D3X, D7000 und V1. Jede dieser Kameras verkörpert für mich einen "Sweetspot" in dem breiten Bereich den wir fotografieren nennen. Wenn ich die letzten 13 Jahre Revue passieren lasse und durch die Wiederherausnahme von Gehäusen aus vergangenen Epochen (1999, 2001, ... ) direkt vor das Auge halten kann, dann realisiert man erst, wieviel Fortschritt es in Summe aller möglichen Eigenschaften gegeben hat. Es ist scheinbar tatsächlich so, daß man die Bedeutung des unmittelbaren Fortschritts von einer Sache überbewertet aber andererseits den gesamtheitlichen Fortschritt über einen größeren Zeitraum (sagen wir mal 10 Jahre) unterschätzt.
Ich habe mal versucht das in ein Radar Chart zusammenzufassen. Die eingetragenen Werte sind so Pi*Daumen mein Gefühl wie weit sich die Sachen weiterentwickelt haben.
Eine zweite Entwicklung die sich unter der Motorhaube getan hat ist die Fähigkeit der Sensoren, zunehmend mehr Photonen "aufzusaugen". Ich habe hier die Daten der Kameras mit den Full Well Capacity Daten von Sensorgen.info in Relation gesetzt. Was hier gezeigt wird ist folgendes: Jeder Pixel kann eine gewisse Anzahl von Photonen aufnehmen bis er voll ist (Full well capacity). Multipliziert man diese Anzahl mit der Anzahl der Pixel am Sensor, bekommt man die Gesamtaufnahme pro Sensor. Klar sind FX Sensoren hier bevorzugt, deren Fläche ist ja auch größer.
(Update: falconeye hat auf einen Fehler in meiner Darstellung hingewiesen. Der Sensor ist nicht in der Lage alle Photonen die auftreffen in Elektronen für die Weiterverarbeitung umzuwandeln. Daher schlägt falconeye vor, statt dessen den Begriff "registrierte" Photonen zu verwenden. Diese beschreibt besser die tatsächliche Aufnahmefähigkeit des Sensors und der nachgeschalteter Sensorelektronik eintreffende Photonen zu erkennen. Danke für den Hinweis. Bitte entsprechend beim Lesen des Artikels berücksichtigen)
Es sind nicht alle Photonen die auf den Sensor auftreffen
Diese Grafik zeigt recht schön wie groß das "Photonenbudget" einer Kamera über 10 Jahre angewachsen ist und mit dem man softwaretechnisch etwas anfangen kann. Eindrücklich auch der Sprung den die D4 und die D800 hinlegten. Die D4 ist ca. 20% besser als die D800.
Nun zu deinem Punkt der "Seidigkeit", der für mich nur sehr schwer in Zahlen zu fassen ist und eher ein Empfinden ausdrückt.
Die D4 ist für mich eine evolutionäre Weiterentwicklung der nach wie vor fantastischen D3s, die für lange Zeit die Fahnenstange für die ultimative Vielseitigkeit gehalten hat. Keine leichte Aufgabe für einen Nachfolger, nochmals hier so einen deutlichen (Fort)schritt zu setzen. Daher ist aus meiner Sicht der Weg von Nikon gewesen, mit einer Vielzahl von tw. kleinen, tw. subtilen, tw. deutlichen Verbesserungen das Gesamtpaket D4 runder als das des Vorgängers werden zu lassen. Ähnlich der Mercedes E Klasse. Durch den Erfolg der bestehenden Generation ist weniger Raum für großartige Experimente vorhanden, aber in Summe wird es wieder deutlich besser.
Die 16 MP ggü. den 12 MP der D3 spüre ich kaum. Ja es ist mehr, aber that's it. Dort wo die D4 deutlich anders ist, ist bei der Feinheit des Bildeindruckes. Speziell wenn die ISO raufgehen. Man könnte fast sagen, daß die Softwareleute die Kamera so abstimmen wollten, daß sie dem ursprünglichen "Film" ähnlichen Bildeindruck näher kommen wollten als es die D3 je war. Auch wenn es eine andere Kategorie ist, aber die Nikon V1 ist ähnlich abgestimmt. Ob das erst möglich war durch die schnellere CPU mit hochwertigeren Algorithmen? Don't know, aber es könnte sein. Die Nikon V1 hat bei ISO 1600 deutliches Rauschen. Wenn man das Bild ausdruckt, wirkt es besser als es bei der technischen Analyse rüberkommt.
Nimm das Erlebniss der V1 und potenziere es mit den HW Fähigkeiten der D4, die vor der gleichen CPU verbaut sind. Das passendste Wort dazu das mir einfällt ist "smooth". Sie tut das was sie tun soll und das mit bestechender Unauffälligkeit. Das ist aus meiner Sicht auch eine ihrer Schwachstellen. Sie erzeugt durch diese "Perfektion" nicht diese emotionalen Gefühle des Besitzers, wie es seinerzeit die D3 bei Vielen ausgelöst hat. "Wow", "boah", "urgut", usw. waren die oft vernommenen Urlaute der D3 Fotografen nachdem sie verfügbar wurde.
Um es klar auszudrücken. Die D4 Bilder sehen für mich besser und angenehmer aus, als jene der D3s. Sowieso besser als der D3/D700, die fast schon grobschlächtig wirken (speziell ab ISO 3200) (Achtung!: Differenzierung auf sehr hohem Niveau)
Wechsel zur D800. Sie ist für mich das riskantere Design von Nikon. Es wurde einige der runden Fähigkeiten der D4 aufgegeben um den Bereich der Auflösung stark auszubauen. Ähnlich wie in anderen Bereichen, wenn etwas riskant ist wird es stärker beobachtet, schneller verdammt wenn es schiefgeht ("Haben das immer schon gesagt") aber es weckt Emotionen, positive Emotionen wenn es gelingt.
Die D800 emotionalisiert mehr als die D4, man kommt öfter in den vergleichbaren Gemütszustand, so wie bei der D3 im Jahr 2007. Boah, wow sind die wiederholt kommenden Laute. Was bei der D800 gefällt ist, daß dieses "Auflösungsbudget" so vielfältig verwendet werden kann.
Daß die D800 noch dazu die für eine breitere Kundengruppe spezifizierte Kamera ist und der Preispunkt vergleichsweise aggressiv angesetzt wurde, verstärkt die Emotionen einer breiteren Kunden/Interessengruppe zusätzlich.
Was mich bei der D800 freut ist, daß sie in dieser ersten Woche keinen offensichtlichen Schwachstellenbereich hat. Es ist dieses Fehlen der Schwachstellen, daß die D800 für mich das Potential besitzt in 10 Jahren rückblickend eine "Meilenstein" Funktion in der Nikon Produktlinie ähnlich einer D3 zu erhalten. Man wird sehen.
Die D4 hat für mich einen Einsatzbereich, den ich mit der D800 nicht angehen kann. Peoplefotografie in der Nacht (Meine Oslobilder). Da ist die D800 grad unter der Grenze der Leichtigkeit, die die D4 überschreitet.
Aus diesen und ein paar anderen Gründen ergänzen sich für mich die beiden Kameras so gut, daß ich zwar gerne zurück denke an die Tage wo ich mit der D3s/D3X vergnügt durch die Gegend zog. Ab jetzt ist es eben bis auf weiteres die D4 und die D800.
Liebe Grüße,
Andy
Versuchs mal, Andy. Du hast beide und hast sie bislang nicht miteinander verglichen. Du schreibst, sie ergänzen sich gut. Warum ist das so?
Häuschen,
es ist noch ganz schön früh so eine Frage anzugehen. Einen Versuch ist es jedoch allemal wert.
Die D4 ist gerade mal 2 Wochen bei mir und die D800 eine Woche. 2000 Bilder sind es bis jetzt auf der D4 und ca. 1000 Bilder mit der D800.
Bevor die neue Generation kam, habe ich in letzter Zeit vorwiegend mit 4 Gehäusen fotografiert. In Verwendung waren mehr, aber ca. 80% aller Bilder kamen von der D3s, D3X, D7000 und V1. Jede dieser Kameras verkörpert für mich einen "Sweetspot" in dem breiten Bereich den wir fotografieren nennen. Wenn ich die letzten 13 Jahre Revue passieren lasse und durch die Wiederherausnahme von Gehäusen aus vergangenen Epochen (1999, 2001, ... ) direkt vor das Auge halten kann, dann realisiert man erst, wieviel Fortschritt es in Summe aller möglichen Eigenschaften gegeben hat. Es ist scheinbar tatsächlich so, daß man die Bedeutung des unmittelbaren Fortschritts von einer Sache überbewertet aber andererseits den gesamtheitlichen Fortschritt über einen größeren Zeitraum (sagen wir mal 10 Jahre) unterschätzt.
Ich habe mal versucht das in ein Radar Chart zusammenzufassen. Die eingetragenen Werte sind so Pi*Daumen mein Gefühl wie weit sich die Sachen weiterentwickelt haben.
Eine zweite Entwicklung die sich unter der Motorhaube getan hat ist die Fähigkeit der Sensoren, zunehmend mehr Photonen "aufzusaugen". Ich habe hier die Daten der Kameras mit den Full Well Capacity Daten von Sensorgen.info in Relation gesetzt. Was hier gezeigt wird ist folgendes: Jeder Pixel kann eine gewisse Anzahl von Photonen aufnehmen bis er voll ist (Full well capacity). Multipliziert man diese Anzahl mit der Anzahl der Pixel am Sensor, bekommt man die Gesamtaufnahme pro Sensor. Klar sind FX Sensoren hier bevorzugt, deren Fläche ist ja auch größer.
(Update: falconeye hat auf einen Fehler in meiner Darstellung hingewiesen. Der Sensor ist nicht in der Lage alle Photonen die auftreffen in Elektronen für die Weiterverarbeitung umzuwandeln. Daher schlägt falconeye vor, statt dessen den Begriff "registrierte" Photonen zu verwenden. Diese beschreibt besser die tatsächliche Aufnahmefähigkeit des Sensors und der nachgeschalteter Sensorelektronik eintreffende Photonen zu erkennen. Danke für den Hinweis. Bitte entsprechend beim Lesen des Artikels berücksichtigen)
Es sind nicht alle Photonen die auf den Sensor auftreffen
Diese Grafik zeigt recht schön wie groß das "Photonenbudget" einer Kamera über 10 Jahre angewachsen ist und mit dem man softwaretechnisch etwas anfangen kann. Eindrücklich auch der Sprung den die D4 und die D800 hinlegten. Die D4 ist ca. 20% besser als die D800.
Nun zu deinem Punkt der "Seidigkeit", der für mich nur sehr schwer in Zahlen zu fassen ist und eher ein Empfinden ausdrückt.
Die D4 ist für mich eine evolutionäre Weiterentwicklung der nach wie vor fantastischen D3s, die für lange Zeit die Fahnenstange für die ultimative Vielseitigkeit gehalten hat. Keine leichte Aufgabe für einen Nachfolger, nochmals hier so einen deutlichen (Fort)schritt zu setzen. Daher ist aus meiner Sicht der Weg von Nikon gewesen, mit einer Vielzahl von tw. kleinen, tw. subtilen, tw. deutlichen Verbesserungen das Gesamtpaket D4 runder als das des Vorgängers werden zu lassen. Ähnlich der Mercedes E Klasse. Durch den Erfolg der bestehenden Generation ist weniger Raum für großartige Experimente vorhanden, aber in Summe wird es wieder deutlich besser.
Die 16 MP ggü. den 12 MP der D3 spüre ich kaum. Ja es ist mehr, aber that's it. Dort wo die D4 deutlich anders ist, ist bei der Feinheit des Bildeindruckes. Speziell wenn die ISO raufgehen. Man könnte fast sagen, daß die Softwareleute die Kamera so abstimmen wollten, daß sie dem ursprünglichen "Film" ähnlichen Bildeindruck näher kommen wollten als es die D3 je war. Auch wenn es eine andere Kategorie ist, aber die Nikon V1 ist ähnlich abgestimmt. Ob das erst möglich war durch die schnellere CPU mit hochwertigeren Algorithmen? Don't know, aber es könnte sein. Die Nikon V1 hat bei ISO 1600 deutliches Rauschen. Wenn man das Bild ausdruckt, wirkt es besser als es bei der technischen Analyse rüberkommt.
Nimm das Erlebniss der V1 und potenziere es mit den HW Fähigkeiten der D4, die vor der gleichen CPU verbaut sind. Das passendste Wort dazu das mir einfällt ist "smooth". Sie tut das was sie tun soll und das mit bestechender Unauffälligkeit. Das ist aus meiner Sicht auch eine ihrer Schwachstellen. Sie erzeugt durch diese "Perfektion" nicht diese emotionalen Gefühle des Besitzers, wie es seinerzeit die D3 bei Vielen ausgelöst hat. "Wow", "boah", "urgut", usw. waren die oft vernommenen Urlaute der D3 Fotografen nachdem sie verfügbar wurde.
Um es klar auszudrücken. Die D4 Bilder sehen für mich besser und angenehmer aus, als jene der D3s. Sowieso besser als der D3/D700, die fast schon grobschlächtig wirken (speziell ab ISO 3200) (Achtung!: Differenzierung auf sehr hohem Niveau)
Wechsel zur D800. Sie ist für mich das riskantere Design von Nikon. Es wurde einige der runden Fähigkeiten der D4 aufgegeben um den Bereich der Auflösung stark auszubauen. Ähnlich wie in anderen Bereichen, wenn etwas riskant ist wird es stärker beobachtet, schneller verdammt wenn es schiefgeht ("Haben das immer schon gesagt") aber es weckt Emotionen, positive Emotionen wenn es gelingt.
Die D800 emotionalisiert mehr als die D4, man kommt öfter in den vergleichbaren Gemütszustand, so wie bei der D3 im Jahr 2007. Boah, wow sind die wiederholt kommenden Laute. Was bei der D800 gefällt ist, daß dieses "Auflösungsbudget" so vielfältig verwendet werden kann.
Daß die D800 noch dazu die für eine breitere Kundengruppe spezifizierte Kamera ist und der Preispunkt vergleichsweise aggressiv angesetzt wurde, verstärkt die Emotionen einer breiteren Kunden/Interessengruppe zusätzlich.
Was mich bei der D800 freut ist, daß sie in dieser ersten Woche keinen offensichtlichen Schwachstellenbereich hat. Es ist dieses Fehlen der Schwachstellen, daß die D800 für mich das Potential besitzt in 10 Jahren rückblickend eine "Meilenstein" Funktion in der Nikon Produktlinie ähnlich einer D3 zu erhalten. Man wird sehen.
Die D4 hat für mich einen Einsatzbereich, den ich mit der D800 nicht angehen kann. Peoplefotografie in der Nacht (Meine Oslobilder). Da ist die D800 grad unter der Grenze der Leichtigkeit, die die D4 überschreitet.
Aus diesen und ein paar anderen Gründen ergänzen sich für mich die beiden Kameras so gut, daß ich zwar gerne zurück denke an die Tage wo ich mit der D3s/D3X vergnügt durch die Gegend zog. Ab jetzt ist es eben bis auf weiteres die D4 und die D800.
Liebe Grüße,
Andy