Robert Goppelt;1055816
[url schrieb:
http://www.nabu.de/modules/presseservice/index.php?popup=true&db=presseservice&show=1462[/url]
Ich möchte noch einmal auf den Artikel zurückkommen, der die Diskussion hier ausgelöst hat. Es wird dort viel mit Prozentsätzen gearbeitet. Z.B. dass in anderen Europäischen Ländern viel mehr Flächen als Natura 2000 - Flächen gemeldet wurden, und dass die alpinen Regionen weniger schwer beeinträchtigt werden als die Flachlandregionen z.B. in NRW.
Diese Zahlen sind sicher alle richtig, und man sollte sich auch nicht hüten, den Befund, den Fachleute über den Erhaltungszustand der Natur erheben, zu verharmlosen.
Man sollte aber bei der Bewertung der Zahlen auch die Bevölkerungsdichte in den jeweiligen Gebieten berücksichtigen. Ein Land, dass zu 20% aus unwegsamen und unbewohnten Gebirge besteht, hat es natürlich viel einfacher 20% seiner Fläche als Natura 2000 - Gebiet auszuweisen, als eines, in dem schon fast jeder Quadratmeter bewohnt ist. So ist es sicher kein Wunder, wenn der Erhaltungszustand der Natur im Ruhrgebiet schlechter ist als in den Bialowietza-Sümpfen in Polen.
Das soll nicht der Entschuldigung, sondern der Erklärung dienen; und man sollte, um die Qualität des Naturschutzes anbelangt, nicht nur Zustände mit absoluten Prädikaten beschreiben, sondern vor allem ermitteln, wie sich diese Zustände verändern. Sicher ist der ökologische Zustand von Rhein und Elbe nicht "gut" (in einem absoluten Wert gemessen) und vielleicht im Vergleich zu naturbelassenen Flüssen in Sibirien sogar "schlecht", aber wenn man einmal den heutigen Zustand mit dem vor fünfzig Jahren vergleicht, ist eine Aufwärtstendenz offensichtlich, und die Maßnahmen, die in den Anrainerstaaten dazu beigetragen haben, sind als erfolgreiche Naturschutzmaßnahmen zu bewerten.
Dass in dem Artikel ausgerechnet Italien - auf Grundlage der eingangs erwähnten Prozentzahlen - als vorbildlich im Umweltschutz bezeichnet wird, ist schon einigermaßen seltsam. Man braucht sich nur einmal anzuschauen, mit welche einem Aufwand in Deutschland die am 31.05.2005 geschlossenen TaSi-Deponien rekultiviert werden und wie in Marghiera bei Venedig die Abwässer in die Lagune eingeleitet werden, um erhebliche Zweifel an dieser Aussage zu wecken.
Das Netz umweltrechtlicher Schutzvorschriften ist in Deutschland mittlerweile extrem dicht, das erlebe ich in der Praxis jeden Tag. Sie werden von den zuständigen Behörden extrem ernst genommen und ihre Einhaltung von einem gut organisierten Netz ehrenamtlicher Naturschützer aus den Naturschutzverbänden argwöhnisch beäugt. Es gibt eigentlich kein Großvorhaben der Daseinsvorsorge mehr (sei es eine Autobahn, sei es ein wie auch immer geartetes Kraftwerk), das nicht nach einem langwierigen Zulassungsverfahren von ca. 2 Jahren noch einmal mehrere Jahre bis zum Bundesverwaltungsgericht hochprozessiert wird.
Das größe Umsetzungsdefizit sehe ich im Bereich des Artenschutzes insbesondere von prioritären Fledermaus- und Vogelarten beim Bau von Windkraftanlagen. Wenn man das artenschutzrechtliche Regime der FFH-Richtlinie genau beim Wort nähme, dürfte bei uns in Schleswig-Holstein und an der niedersächsichen Nordseeküste kein einziges Windrad gebaut werden.