Mitmachthema Der Literaturclub im Netzwerk Fotografie!

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sam25

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Geschätzte Foto- und Bilderliebhaber, geschätzte Liebhaber von Literatur

Schon lange habe ich diese Projekt im Kopf. Es gibt immer wieder tolle Literatur im Zusammenhang mit Fotografie und Literatur. Dabei geht mir nicht um die klassischen Bildbände, sondern eher um Literatur und Geschichten, wo Bilder und Fotografie eine zentrale oder eben eine nebensächliche Bedeutung haben.

Es seien Geschichten von Menschen, die eigentlich nicht fotografieren, aber eine Tour in den Bergen unternehmen und ihre Eindrücke festhalten. Es sei, dass jemand etwa ganz anderes arbeitet, wie der Samenhändler im Bleniotal und nebenbei noch fotografiert. Oder es sei, wie im folgenden Buch, ein Wissenschaftler, welcher ohne es vermutlich zu wissen, unglaubliche Bilder zusammen mit seinen beiden Frauen gemacht hat....

Und so stelle ich mir das vor:

- das Buch wird von jedem der es hier vorstellt, fotografiert.
- Links sind erlaubt, wenn es darum geht, weiterführende Informationen zu erhalten.
- Es geht nicht um Rezension im eigentlichen Sinne.
- Vielmehr interessiert, warum das Buch bei Euch gelandet ist, warum es berührt
- Eine kurze Beschreibung des Inhaltes ist hilfreich
- Eine Bewertung braucht es nicht
- Und vielleicht kommen Erinnerungen hoch bei Euch, persönliches oder das Buch motiviert Euch, sich in ein Thema einzuarbeiten

Kurze Reden ... dann mal los.

Die Vogel-WG

Schon nur der Titel hat mich angesprochen. Irgendwie erinnert mich das an unsere Kinder- und Tier-WG, welche wir seit Jahren leben. Bunt gemischt mit Pflegekinder, mit Findeltieren, mit Katzen und Hunden und allerlei andern Gästen. Unter anderem eben auch Vögel.
Wir haben schon einige Vögel das Leben gerettet, einem Mäusebussard, einem Turmfalken und unzähligen Kleinvögel. Jeden Tag geniesse ich das Singen, das Kommunizieren von ihnen und auf unsere Spatze-WG am Haus in den Gebüschen würde ich um keinen Preis der Welt hingeben ....

"Bis in die 1930er Jahre hatten es sich der kurzsichtige Oskar Heinroth und seine Frau Magdalena zur Aufgabe gemacht, alle Vogelarten Mitteleuropas selbst aufzuziehen und ihre Entwicklung zu dokumentieren...."

So lautet der Kurzbeschrieb. Nur durch Zufall ist man wieder auf die Aufzeichnungen und persönlichen Notizen gestossen und eben auch Fotografien, welcher ein professioneller Fotograf aufgearbeitet hat. Eine wirkliche Augenweide ....

Das Buch nimmt einerseits die Beobachtungsnotizen auf, man lernt über das Verhalten der Vögel, welches noch heute Fundament der ganzen Ornithologie ist. Und andererseits lernt man Oskar und Magdalena kennen, welche unbeirrt ihren Weg gingen, mitten in Berlin in einer Wohnung voller Vögel. Heute nicht mehr denkbar.

Mich hat die Geschichte berührt, die Menschen berührt und irgendwie habe ich eine tiefe Bewunderung, einen tiefen Respekt und eine grosse Liebe zur Forschung und zu den Tieren erlebt. Viele Tiere wurden nach der Beobachtungszeit dem Zoo in Berlin übergeben.

Das Buch wird in der Bibliothek in unserem Ferienhaus einen Stammplatz erhalten. Liegt das Haus doch sehr nahe an einem Vogelschutzreservat. Das Buch ist handlich und findet auch in einem Rucksack platz. Das Deckblatt gefällt mir weniger. Einerseits ist nur Oskar Heinroth abgebildet und die farbigen Vögel passen irgendwie nicht. Oder anders ausgedrückt, es ist mir zu überladen.....

Nun seid Ihr am Zug. Uns wünsche ich im Literaturclub freudige Unterhaltung viele lehrreiche Stunden. Und ich hoffe doch, dass viel mitmachen .... :)


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Drei Gedanken:

1. Tolle Idee,
2. werde ich gern darauf zurückkommen,
3. ein inhaltlicher Beitrag braucht ein wenig Zeit.

Daher, lieber Sam, habe ein wenig Geduld - ich freue mich über diese Anregung!
Kay
 
1 Kommentar
sam25
sam25 kommentierte
Danke lieber Kay: pressiert nicht, lass Dir Zeit .... und ich bin neugierig was sich hier alles zusammentut .... Take care und bleib' mir ja gesund .... :)
 
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Reaktionen: Kay
Das zweite Buch, nicht weniger spannend, eher Fotografie betont.

Roberto Donetta, der Lichtmaler

Ich habe vor zwei Jahren schon einmal kurz von ihm berichtet. Seither habe ich hie und da im Buch gestöbert. Es passt in den Literaturclub, auch wenn ich es sprachlich nicht sehr spannend finde.

Die Geschichte hingegen ist faszinierend und berührt hat es mich natürlich, weil es eine Tessiner Persönlichkeit war und er nebst seiner Fotografie einen Job hatte, welcher längst ausgestorben ist. Berührt hat mich aber vor allem sein Leben und sein Streben seine Leidenschaft und seine Fähigkeiten auszuleben. Letztlich gelang es zwar - so gesehen im Nachhinein - er selbst starb bitterarm, mittellos und unglaublich einsam. Ein Künstler der keiner war, ein Talent das nett war, aber wirtschaftlich nicht gefragt war.

Roberto Donetta, welcher von Haus zu Haus ging, mitunter mit seiner Kamera, aber vor allem mit seinen Samen, welche die Leute und Bauern bei ihm bestellten und er sie lieferte. Ein Mensch, hin und her gerissen zwischen Leidenschaft, Hoffnung und den wirtschaftlichen Herausforderungen. Der schnellen Entwicklung konnte er sich nicht anpassen und nur per Zufall, als man seine belichteten Glasplatten fand, wurde er, so wie mancher, zu einer faszinierenden Person. Ohne seine Glasplatten, wäre sein Name nicht einmal eine Kreuzinschrift wert gewesen....

Ich hätte ihn gerne kennen gelernt, diesen Menschen. Und irgendwie peilt er etwas in mir an, was ich nachvollziehen kann ...

Das Buch lohnt sich anzuschaffen. Zwar ist der Schwerpunkt eher fotografisch, aber dennoch hochspannend. Was mir fehlt, ist eine umfassendere Beschreibung des Umfeldes, der Situation. Aber das war vermutlich auch nicht Ziel dieses Buches.

Mittlerweile gibt es eine Stiftung welche auch Veranstaltungen organisiert. Leider alles in italienischer Sprache.




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2 Kommentare
Kay
Kay kommentierte
Sono tedesco - no che parlato italiano molo tempo. Ist der Text auf italienisch - braucht man das, oder ist es eher ein Bilderbuch ?
 
sam25
sam25 kommentierte
....der Text ist deutsch, Kay. Nein, ein Bilderbuch ist es nicht. Es ist einfach geschrieben, eine Art Biografie und informativ.
es isr sicher kein Buch, das in die Bestsellerliste kommen würde. Ist man aber interessiert an Menschen, ihrem Leben, an Ihren Schicksalen, dann ist das Buch sehr berührend. Eine Tiefe mehr erzielt man, wenn man sich mit der Geschichte der Nordtäler des Tessins auseinander gesetzt hat ...
Für mich erreicht es deshalb einen hohen emotionalen Wert, obwohl mir die eigentliche fotografische Arbeit mit den gestellten Szenen eher fremd ist ....
 
Nun komme ich gerne zurück auf meinen gestarteten Thread. Selbstverständlich mit der Einladung an alle, hier auch mitzumachen.

Gleich zwei Bücher - eher wieder zufällig - sind es geworden. Wobei das eine Buch schwerpunktmässig auf die Portraits von Frauen aus dem Bergell fokussiert und das andere, das grössere, auf die Stiftung rund um den Fotografen Andrea Garbald mit seinem Lebenswerk und wie es dazu gekommen ist, dass man seine Fotografieren überhaupt wieder gefunden hat.

Beide Bücher haben mich tief berührt. Die Frauenportraits von Garbald sind so was von innig und haben eine Tiefe, welche ich kaum je gesehen habe.

Andrea Garbald ist Zeit seines Lebens im Bergell geblieben. Bis auf die Studienjahre in Zürich. Das allermeiste hat er sich selbst beigebracht. Seine Mutter war wohl die erste Schriftstellerin vom Bergell, sein Vater Zollbeamter. Sie pflegten Beziehungen zu der Künstlerfamilie Giacometti und die Familie war sehr belesen und gebildet. Finanziell war er nicht auf die Fotografie angewiesen. Er betrieb schon früh ein eigenes Optikergeschäft und verkaufte vom Feldstecher über Kameras so ziemlich alles was damit zu tun hatte.

Andrea schien der Beschreibung nach ein sehr scheues und zurückgezogenes Kind gewesen zu sein. Er philosophierte viel alleine für sich und irgendwie kam es mir vor, als ich die Biographie las und die Bilder betrachtete, dass er wohl die Zeit brauchte, um überhaupt jene Tiefe und Innigkeit welche seine Bilder ausstrahlen, herzustellen. Intensive und lebenslange Unterstützung erhielt er von seiner Schwester, zu welcher er ebenfalls eine enge Beziehung pflegte.

Andrea Garbald pflegte eine innige Beziehung zu seiner Mutter. Als sie starb, traf es ihn wohl hart. Vom "Tal-Orgignial" und geschätzten Fotografen wurde er gegen Ende seines Lebens zunehmend zum Gespött. Er starb, wie schon mancher Künstler, arm und einsam im Elternhaus. Als man ihn tot im Bett fand, hielten seine Katzen Mahnwache.

Er geriet schnell in Vergessenheit und wäre es nicht über viele Zufälle zu diesem Fund seiner schlecht und unordentlich gelagerten Abzügen, belichteten Glasplatten und Negative gekommen, wäre er heute vergessen. Es ist vielen Menschen zu verdanken, dass dieser einzigartige Nachlass nun in Fachhänden ist, seine Werke u.a. im Museum in Chur zu bestaunen sind.

Beide Bücher sind toll, das eine ist eben eine Biographie, ein Werdegang der Geschichte von Andrea Garbald. Und das andere, das kleinere, zeigt ausschliesslich Portraits von Frauen aus dem Bergell.

Ich habe selten so innige Bilder gesehen wie jene von Andrea Garbald. Bilder welche weit über das Bergell hinausstahlen. Und nur allzu gerne hätte ich ihn kennengelernt.



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