Belgien, westwärts gequert

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Die Soldaten hielten sich tagsüber in hölzernen Baracken auf und verbrachten die Nacht in soliden Mannschaftsbunkern, die aus der ersten Bauphase der Batterie datieren. Letztere boten 30 Soldaten, die auf zwei Zimmer verteilt waren, sowie 3 Unteroffizieren, die im kleinen Raum gerade gegenüber der Eingangstür schliefen, Unterkunft.

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Ab Ende August 1942 wurde mit dem Bau des Atlantikwalls begonnen. Nach dem Überraschungsangriff auf Dieppe wurde ein neues umfassendes Bauprogramm aufgelegt. Schon rasch zeigte sich, dass eine vollständige Durchführung dieses Programms unmöglich war. Der Schwerpunkt wurde wieder auf die Häfen und die Befestigung der existierenden Batterien verlegt.

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Die Deutschen räumten der Verteidigung der Häfen absolute Priorität ein. Zu diesem Zweck errichteten sie Küstenbatterien mit Geschützen in offenen Stellungen, die in jeder Lage (360°) einsetzbar waren. Ende 1941 stellte sich heraus, dass an der Ostfront zusätzliche Truppen eingesetzt werden mussten, so dass zahlreiche Soldaten aus der Westfront versetzt wurden. Da demzufolge im Westen ein Mangel an Soldaten entstehen könnte, wurde die Küstenverteidigung weiter ausgebaut.

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Im Jahre 1943 nahm die Angst vor Bombardements der Alliierten zu. Kanonen wurden in Bunker eingebaut, wodurch sie nur noch in Richtung Meer feuern konnten.

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Die Mannschaften machten Truppenübungen und führten Instandhaltungsarbeiten und ihre täglichen Aufgaben aus. Nachmittags hatten sie gewöhnlich frei.
Zur Erholung trieben die deutschen Soldaten Sport und machten sie Ausflüge. Weiter gingen sie ins Kino oder besuchten sie eine Varieté-Show im
Lager selbst oder in der Nähe. Manche Soldaten hielten Kaninchen, Hühner und Schweine oder bauten Gemüse an. Die Batterie verfügte sogar über eine eigene Bibliothek.

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Die Kerben in der Seitenmauer dieser Anlage aus Ziegelstein datieren vom 8. August 1944. Zu jenem Zeitpunkt erkannten die Deutschen, dass keine zweite Landung mehr folgen würde, und bauten sie eine landeinwärts gerichtete Stellung. Die Anlage musste solide aussehen, aber war eigentlich
nur eine Konstruktion aus Ziegelstein, die mit einer Zementschicht überzogen worden war.

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Auch die Geschütze waren sehr veraltet. Die Panzerabwehrkanone hatte jedoch eine starke Feuerkraft, dadurch dass zur Panzerabwehr Hohlladungsgranaten, die auf das Rohr aufgesteckt wurden, verwendet wurden.

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Jeder Mannschaftsbunker verfügte über einen Notausgang: einen Betonschacht, der an den Bunker angebaut wurde. Der Schacht war mit Sand gefüllt und oben mit einem Betondeckel verschlossen. Im Bunker selbst war er mit einer Tür oder Balken, wohinter sich noch mehr Balken sowie Steine befanden, verschlossen. Es war somit ein großes Kunststück, aus dem Bunker zu entkommen.

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Zur einfacheren Identifizierung von Flugzeugen verfügte die Besatzung der Batterie über Schattenrisse. Zum Zielen benutzte man das Visier und
Leuchtspurgeschosse, die sich jeweils nach einer bestimmten Menge von Patronen in Magazin befanden. Jeder auf das Rohr aufgemalte weiße Ring
steht für ein abgeschossenes Flugzeug.

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Die Uniform war feldgrau. Kennzeichnend waren die feldgrauen oder kupferfarbenen Knöpfe mit Anker sowie die Schulterstücke mit goldener geflügelter Granate. Die Soldaten der Marineartillerie-Abteilung 204 trugen - entgegen den Vorschriften - einen gelben Seesterm auf der Kappe oder Mütze.
Bei der täglichen Arbeit trugen sie die klassische weiße Seemannskleidung oder eine einfache feldgraue Jacke und Hose ohne Abzeichen. Die beliebteste Ausgehkleidung war der blaue Matrosenanzug, der man allerdings auf eigene Kosten anfertigen lassen musste.

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Am 6. September 1944 verließen die Deutschen angesichts der Annäherung der Alliierten widerstandslos die Batterie Saltzwedel-neu.
Eigentlich mussten sie dabei die Bunker sprengen, aber sie machten nur die Geschütze unbrauchbar. Der Kampf verlagerte sich nach Knokke und die
Scheldemündung, weil sie den Hafeneingang in Antwerpen verteidigen wollten. Die 2. Kanadische Infanteriedivision, eine zweisprachige, englisch-französische Division, befreite diesen Küstenabschnitt.

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Nach der Landung alliierter Truppen in der Normandie bauten die Deutschen zunächst weitere Verteidigungsanlagen. Sie nahmen an, dass D-Day ein Ablenkungsmanöver für eine Landung an einer anderen Stelle war. Die FLAK-Stellung in der offenen Geschützstellung wurde am 10. Juni 1944 errichtet. Diese schnell aufgestellten, improvisierten Anlagen zeugen von der erhöhten Nervosität der Deutschen.

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In den Batterien lag noch viel Munition verstreut und in manchen Bunkern hatten die Deutschen versteckte Sprengladungen gelegt. Die zahllosen Verteidigungsanlagen mussten denn auch sehr vorsichtig eingenomme werden. Die Entminung der Küstengegend und der Küstengewässer forderte
noch viele Opfer, sowohl Belgier als auch deutsche Kriegsgefangene. Diese räumten Minen, Sprengfallen und Munition, wodurch der Strand im Sommer
1946 bereits wieder sicher war.

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Fazit: Definitiv sehenswert! Das bescheidene Wetter passte auch zur Thematik.


Und damit war's das mit mir und Belgien. Danke allen tapferen Mitlesern für's Durchhalten.​
 
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Danke, Bernhard! :f045:

Eine großartige Reportage, die Lust auf Belgien macht.


Wie wäre es mal mit dem Ruhrgebiet als Ziel?
Wir hätten da etwa die älteste Pfarrkirche nördlich
der Alpen, einen der bedeutendsten Domschätze
Europas … und auch ein paar tolle Zechen.


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Auch von mir ein grosses Danke. Spannend und lehrreich. :) (y)

Ich selbst bin daran, die Geschichte meines Grossvaters aufzuarbeiten, welcher dazumal im Belgisch Kongo als Ingenieur arbeitete. In diesem Zusammenhang ist für mich insbesondere die Zeit vor 1900 und die ersten 30 Jahre des 20. Jahrhunderts wichtig....

Danke noch einmal und bis auf die nächste Reportage.
 
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Danke, Bernhard, für Deine sehr ausführliche Reportage!
Spannend und lehrreich, wie Sam auch schon schrieb.
An manchen Orten bin ich schon gewesen, das meiste war für mich aber neu.
Und wie Du hier im letzten Abschnitt den geschichtlichen Hintergrund dargelegt hast, Respekt! Danke für Deine Mühe! (y)
 
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