Der Auto-Vergleich hinkt, denn wer ein "Retro Auto" fährt (Mini, Fiat 500, New Beetle, Mazda MX-5 etc...) sucht dabei garantiert nicht Young- oder Oldtimer "Feeling" bei der Bedienung, den Sitzen oder den Sicherheitselementen. Hier stinken die alten Karren von A bis Z ab. Es ist eher ein Trend, den "Charme der alten, einfachen Autos" mitzunehmen, ohne sich die vermeintlichen (technische Zuverlässigkeit, Wartungskosten, Verbrauch) und klaren (Sicherheit, Komfort) Nachteile in die Garage zu holen.
In einem Käfer-Cabrio ist eine Frau halt immer 21 Jahre alt, und wenn alle Menschen am Strand liegen würden, gäbe es weniger Kriege. Meine Frau ist inzwischen ganz knapp über 21, ich würde sie nicht mit einem 1968 Käfer Cabrio jeden Tag zur Arbeit fahren lassen. Die Bremsen sind aus heutiger Sicht eine Katastrophe, die Heizung (und damit verbunden die Belüftung der Windschutzscheibe an einem feucht-kalten Tag) ist indiskutabel, Licht gibt es gar nicht und bei einem leichten Aufpraller (der Verkehr ist inzwischen DEUTLICH dichter als vor 50 Jahren) geht kein Airbag auf, sondern die Lenksäule bohrt sich durch ihr Brustbein. So schön es ist, an einem Samstagmorgen im Juni den Käfer aus der Garage zu holen und mit aller Zeit der Welt 120 km ans Meer zu fahren, so unangenehm ist die Vorstellung, bei 3°C im Novemberregen damit 40 km ins Büro zu eiern.
Ein New-Beetle Cabrio ist da einfach besser geeignet. Und wenn man nicht zwei oder drei Autos unterhalten (oder auch nur parken) kann, ist ein New-Beetle die einzig mögliche Wahl.
Die analoge Anmutung eines Photos ist ein künstlerisches Ausdrucksmittel. Hinter der Amateurphotographie stecken keine Sachzwänge. Während mich mein Auto zur Arbeit und in den Supermarkt bringen muss, gibt es kein MUSS bei der Photographie. Man kann komplett darauf verzichten und dennoch ein normales Leben führen. Ohne Auto kann man nur in einer Grossstadt halbweg normal leben. Auf einem Dorf findet ohne Auto kein Einkauf statt - und keine gut bezahlte Arbeit.
Wenn es um die Qualität der photographischen Arbeit geht, muss man zwischen Dokumentation und Interprätation unterscheiden. Ich denke nicht, dass technisch-dokumentarische oder Katalog-Photographie häufig mit Retro-Filtern überzogen wird. Hier geht es um die genauest mögliche Abbildung/Darstellung. Da ist die Digitaltechnik längst tonangebend. Ebenso nehme ich nicht an, dass man über Reportagestrecken einen "Kodak Pan"-Filter legt. Solche Verfremdungen sind stets Ausdrucksmittel und/oder sollen einen gewissen Touch (auch Wiedererkennungswert) bringen. Sie dienen aber nicht der Darstellung an sich.
Ich kann mir vorstellen, dass ein Portrait, ein Stilleben oder eine Landschaft gewinnt, wenn man es mit kleinen Dosen "Analog FX" würzt. Daraus zu schliessen, dass "die analoge Aufnahmetechnik ohnehin besser war" ist aber unsinnig. Viele Bilder hätten analog überhaupt nicht gemacht werden können (und sei es nur, weil gerade der falsche Film in der Kamera war). Sie dann mit einem Effekt zu beladen ist legitim und gibt dem Bild eine Stimmung oder Richtung, die aber eigentlich nur erkannt werden kann, wenn man mit beiden Arten der Photographie (eng) vertraut ist. Handyknipser finden Film-Simulationen einfach nur unscharf (und legen deher gern blasse Farbfilter auf, um "old picture" zu erreichen).
Damit man den New-Beetle irgendwie hübsch finden kann, muss man den Käfer kennen. Ohne Käfer ist der New Beetle einfach nur ein seltsam abgerundeter Klumpen. Und tatsächlich verkauft er sich auch nur in den USA und Deutschland (Ländern mit "Käfer Legende") einigermassen gut. In China oder Russland (sehr starke Märkte für VW) wissen die Kunden überhaupt nichts mit dem Auto anzufangen.
So wie viele Kids sich nicht zwingend mit den Einschränkungen analogen photographierens belasten wollen. Sie kennen halt von Anfang an digitale Qualität und Schärfe. Vielleicht ist der Auto-Vergleich doch nicht soooo unpassend.