Liebe SW-Umkehrfreunde und Scalisten,
ich möchte mich kurz vorstellen, mein Name ist Maro Moskopp, Fotoingenieur, Spezialgebiet Fotochemie, habe beruflich 25 Jahre lang Entwickler hergestellt.
Ich war erstaunt, im Netz noch diese Diskussion zu SW Dia zu finden. Was ich beitragen kann, möchte ich tun, und Restbestände an Material gibt es auch. Dieses bitte NICHT hier anfragen, sondern bei:
[email protected]
- Der Scala war keine wirklich eigenständige Emulsion. Es war ein etwas dicker gegossener Agfa APX 100 auf einem anderen Träger. Grundsätzlich kein schlechter Film, für SW Dia geeignet, aber es gab und gibt Besseres.
- Viele SW Filme lassen sich sinnvoll umkehren, manche besser, manche schlechter, früher habe ich das systematisch verfolgt und untersucht. Filme kamen und gingen.
- Der Scala-Prozess von Agfa wurde in einigen Fachlaboren durchgeführt; ich war bei Studio 13 und Dormoolen in Hamburg. Im Scala-Prozess ging eigentlich nur der Agfa Film vernünftig, es gab alternative SW-Umkehrchemie, die viele andere Filme nutzbar machte, aber Agfa hat aus kommerziellem Interesse natürlich bei den Laboren den Scala-Prozess durchgesetzt.
- Eine kurze Liste von Filmen, die erstklassige Ergebnisse lieferten: Kodak Panatomic-X, eingestellt, Tura P150, eingestellt, Orwo NP15, eingestellt, Agfa APX25, eingestellt, Agfa APX100, eingestellt, Ilford Pan F, Kodak Tmax100, Ilford Delta100. Heute ist aus meiner Sicht Ilford Delta 100 die eindeutig beste Wahl. Es gibt hier noch Agfa Avipan 80 in 70mm doppelt perforiert, der hat sogar IR-Empfindlichkeit.
- Was muss ein "Negativfilm" können um gute Dias zu liefern? Er muss bei ausreichender Entwicklung (Durchentwicklung) ein Gamma von ca. 1,5 erreichen. Viele hochempfindliche Filme können das nicht, deshalb sind niedrige und mittlere Empfindlichkeiten i.d.R. besser. Die maximale Schwärzung sollte ca. Dichte 3,5 erreichen. Ist der Wert geringer, resultiert ein zu schwaches Grundschwarz; ist der Wert wesentlich höher ( Dichte 4 bis 5) werden die Erstentwicklungszeiten zu lang, die Körnung höher, die Schärfe schlechter. Der Träger sollte transparent sein, was bei den meisten "Negativfilmen" eine Dichte von ca. 0,23 bedeutet. Nur REINE Diafilme werden auf glasklarem Träger gegossen, dann sinkt die minimale Dichte auf 0,05. In der Projektion sind diese Unterschiede aber irrelevant.
- Ein guter Negativentwickler ist in aller Regel ein sehr schlechter Erstentwickler, die Hoffnung "einer für alles" bitte ganz schnell begraben.
- Es gibt zwei Wege zum Erstentwickler: einen kräftigen Papierentwickler mit ca. 1,5 Gramm Kaliumrhodanid (leichtes Schleiermittel) pro Liter zu versetzen. Rhodanid handhabt man optimal als 10 bis 50%ige Lösung. Besserer Weg: einen speziellen Erstentwickler ansetzen, dessen Abstimmung von notwendiger Schleierwirkung und den üblichen Antischleierzusätzen so eingestellt ist, dass unnötiges Gasgeben mit dem rechten Fuss und bremsen links sich nicht unsinnig gegen die Empfindlichkeit wenden. Für einen solchen Entwickler benötigt man Kalkschutz, Natriumsulfit, Hydrochinon, Kaliumcarbonat, Phenidon, Kaliumbromid, Benzotriazol und Kaliumrhodanid in der "Basisausstattung". Wenn ein solches Rezept gut abgestimmt ist, überholt man Scala locker.
- Ein leicht saures Essigstopbad (0,5 bis 1%) nach dem Erstentwickler ist optimal, danach kurz wässern.
- Es gibt Substanzen, die heute schwierig zu beschaffen sind: für das optimale Bleichbad benötigt man Kaliumdichromat (in der Kritik wegen des Chroms) und Schwefelsäure ( Akkusäure, Autozubehör).
- Das Bleichbad so lange auswässern, bis keine Gelbfärbung des Waschwassers mehr zu sehen ist.
- Das Klärbad als Konzentrat ansetzen und mit 1:20 Verdünnung im Einmalgebrauch; das gibt sichere Wirkung und Schonung des Grundschwarzes. Viele Klärbäder klären entweder zu wenig (pH Wert zu tief) oder tuen zu viel (fressen Schwarz auf). Ein nur leicht alkalisches Klärbad mit wenig Sulfit im Einmalgebrauch ist konstant und ohne Schwarzverlust.
- Die Zweitbelichtung nicht bei Tageslicht durchführen, sondern kontrolliert auf einem Leuchtpult, 30 sec auf beide Spulenseiten.
- Zweitentwicklung mit einem kräftigen Positiventwickler wieder in der dunklen Entwicklungsdose
- leicht saures Essigstopbad
- frischen neutralen Fixierer, am Besten keinen sauren Fixierer. Fixierer regelmässig wechseln, auch wenn noch kein nennenswerter Silbergehalt zu messen ist. Umkehrfixage ist speziell!
- Schlusswässerung
- Schlussbad mit Netzmittel wie Agepon und leichtem Formalinzusatz (1-2%, bessere Trocknung, robustere Mechanik). Regenwasser mit Spülmittel ist die Lösung für Arme.
-----------------------
Moderne Emulsionen wie Ilford Delta 100 sind fabrikatorisch so gut gehärtet, dass während der langen Nassphase keine schädliche Schichtaufweichung passiert. Gegenpol wäre Orwo NP15, dessen Gelatine läuft bei 30 Grad einfach weg....
-------------------------
Mit Ilford Delta 100 sind mühelos ISO 200 praktisch erreichbar. Das Satt des Schwarzes und der angenehme Bildton sind einfach Klasse.
Warnung: gute SW Dias können süchtig machen. Davor steht allerdings ein langer Weg des Einarbeitens, Ausprobierens, Testens. Eine Affinität zu Flüssigkeiten und Chemie ist notwendig.
Dann aber bekommt man Ergebnisse mit Tiefe, Brillianz und Schärfe, auch mit Rollfilm 120! Der ist übrigens vom Trägermaterial klarer als der Kleinbildfilm mit der gray base.
Viel Freude beim Tüfteln wünscht
maro moskopp