Inspirierende Anregungen ohne großartige Spezialausrüstung
Das Buch zur Foodfotografie ist von Maria Panzer geschrieben. Schnell bemerkt der Leser, dass die Autorin vom Fach ist, und damit ist nicht nur die Fotografie gemeint. Maria Panzer hat einen Bachelor in Ernährungsmanagement & Diätetik und eine Weiterbildung zur veganen Ernährungsberaterin. Insgesamt fühlt sie sich der nachhaltigen Lebensweise verpflichtet: „Ich bin der Überzeugung, dass leckere Foodfotos die Welt zu einem schöneren und besseren Ort machen können. Daher möchte ich nachhaltige Produkte und wertschätzende Firmen unterstützen. Für einen Lebensstil, der Genießer-Zeit statt Wegwerf-Zeug zelebriert.“
Diese Einstellung wird auch in ihrem sehr schön bebilderten Buch sichtbar. Sehr liebevoll aufgebaute Szenen rund um die Foodfotografie, die ohne (schmutzige) Tricks und Bombast auskommen. Die Fotos wirken leicht, klar und immer sehr überlegt strukturiert. Das regt sofort zur Nachahmung an und zu eigenen kreativen Experimenten. Es werden keine besonderen Hilfsmittel vorausgesetzt, auch das Fotografieren mit einer guten Smartphone-Kamera ist natürlich erlaubt und durchaus geeignet.
Das Buch ist in acht Kapitel aufgeteilt, die kurz besprochen werden sollen:
1 Technik
Wie in vielen anderen Büchern wird im ersten Abschnitt die unvermeidliche Abhandlung über die Kameratypen und Objektive gottlob schnell und unkompliziert abgehandelt. Ebenso kurz ist die Besprechung des Belichtungsdreiecks, der Schärfentiefe, die Fokusmethode und einige Grundlagen zur richtigen Belichtung. Ich persönlich finde diese Einleitung überflüssig, da sie als echter Einstieg viel zu allgemein und kurz ist und aus meiner Sichtweise nicht Gegenstand eines solchen Buches sein sollte. Dem einen oder anderen Einsteiger in die Fotografie mag sie aber hilfreiche Tipps geben. Abgeschlossen wird jedes Kapitel mit einem Take away aus Dos & Don’ts. Vor allem die Dont’ts zum ersten Kapitel fand ich eine gute und stimmige Zusammenfassung:- Investieren Sie nicht zu viel Geld (in die Ausrüstung) und zu wenig Zeit (in das Fotografieren).
- Meiden Sie den manuellen Modus nicht, er ist nur vermeintlich kompliziert.
- Verzichten Sie nur in Ausnahmefällen auf ein Stativ, und setzen Sie auch nicht auf ein billiges.
- Auf den kleinen Kamerabildschirm zu vertrauen und Bilder nicht zu vergrößern um deren Qualität zu kontrollieren, ist ein Anfängerfehler.
2 Licht
Neben knappen Grundlagen zu den generellen Eigenschaften des Lichts werden vor allem die Wirkungen der unterschiedlichsten Lichtrichtungen (Seitenlicht, Gegenlicht, Kreuzlicht etc.) auf die Foodfotografie vorgestellt. Natürlich werden auch die Effekte von gezielt eingesetzten Aufhellern/Schatten, weichem und/oder gestreutem Licht wie auch natürliches und künstliches Licht bzw. deren Mischung besprochen. Unterstützt wird das alles mit schönen Fotos von Lebensmitteln und sehr hilfreichen Bildern zum konkreten Setaufbau. Meine persönliche Quintessenz zum Kapitel findet sich diesmal in den Dos: „Arbeiten Sie mit dem Licht, das Sie haben. »Schlechtes Licht« gibt es nicht.“3 Foodstyling
Das Foodstyling ist ein zentrales Kapitel in diesem Buch. Das Foodstyling beruht für Maria Panzer auf den vier Grundpfeilern: Einkauf, Zubereitung, Anrichten/Präsentation und Garnitur. Allen Bereichen sollte gleich hohe Aufmerksamkeit zukommen. In meinen eigenen Anfangstagen der Fotografie habe ich z. B. zu wenig auf den Einkauf schon perfekter Lebensmittel geachtet und der Bildverarbeitung einen zu hohen Stellenwert beigemessen. Wie sich schnell herausstellte ein grober Fehler.Sehr ansprechend finde ich auch den Ansatz der Autorin, keine unaufrichtigen Branchentricks beispielsweise mit Rasierschaum, Bastelkleber oder Haarlack einzusetzen. Es „… ist mir wichtig, dass alles, was ich fotografiere, nach dem Shooting gegessen werden kann. Alles andere wäre Verschwendung …“.
Ausführlich wird auf die Besonderheiten einzelner Lebensmittelgruppen wie z. B. Gemüse, Fleisch/Fisch oder Beeren und die unterschiedlichen Zubereitungsarten (Suppen, Aufläufe, Eintöpfe etc.) eingegangen. Ganz auf Tipps und Tricks wird im Buch nicht verzichtet, allerdings immer so, dass die Gerichte anschließend noch verzehrt werden können.
Weitere Abschnitte im Kapitel handeln von nützlichem Zubehör, Getränken und umwerfenden Desserts.
4 Setstyling
Ebenso wichtig wie das Foodstyling ist das Ambiente, das Setstyling. Erst ein überzeugender und einladender Kontext macht ein Bild verführerisch und erzählt eine Geschichte. Im Englischen wird er Props (properties) genannt, zu Deutsch etwa Requisite. Damit ist alles rund um die Gerichte und Lebensmittel gemeint, wie z. B. Zutaten, Geschirr, Besteck oder Textilien. Es werden sehr viele Requisiten angesprochen, ohne dass sich die Autorin im klein/klein verliert. Zu den einzelnen Gruppen werden übersichtliche »All you Need«-Boxen zusammengefasst, die einen schnellen Überblick verschaffen und auch zum Nachschlagen geeignet sind.Es handelt sich um ein ungemein kreatives Kapitel, in dessen Themen man sich wirklich leicht verlaufen kann. Damit das nicht so leicht passiert, werden sogenannte »Prop Capsules« zusammengestellt. Das ist eine Kollektion von Grundrequisiten zu bestimmten Themen, wie z.B. zum Schwerpunkt Backen. Ansatzweise werden sogar selbsthergestellte Hinter-/Untergründe vorgestellt.
Zum Schluss werden wichtige Themen wie Bildanalyse, Storytelling oder Moodboards vorgestellt und mit praktischen Arbeitsblättern ergänzt.
Der Exkurs Restaurantfotografie ist mir persönlich mit zwei Seiten etwas sehr knapp ausgefallen, aber man kann in einem Buch nicht alles haben .
5 Komposition
Ein bisschen Komposition wird schon im Kapitel Setstyling behandelt. In diesem Kapitel wird das Thema noch weiter intensiviert und erweitert. Zuerst werden Basisinhalte wie Bildformate und -ausschnitte, Aufnahmeperspektiven und der Bildaufbau behandelt. Wie ein Bild interpretiert wird, bestimmen u. a. die Gestaltungsgesetze. Wie diese Gesetze der Nähe, der Ähnlichkeit oder der Symmetrie optimal auf die Foodfotografie angewandt werden können, klärt der folgende Abschnitt. Abgerundet wird das Kapitel damit, wie der Fotograf den Blick des Betrachters durch das Bild lenkt. Nach all den Regeln und Gesetzen hat mir ein Abschlusssatz besonders gefallen: „Strikt an den Regeln festzuhalten, ist ein absolutes Dont’t. Manchmal ist es besser, sich einfach auf sein Gefühl zu verlassen.“6 Bilder bearbeiten
Aus meiner Sicht ein eher schwächeres Kapitel. Es behandelt zum größten Teil eine sehr knappe Einführung in Lightroom(!). Aber nicht jeder Leser hat Lightroom und wenn doch, dann kennt er es wahrscheinlich bereits. Für mich wären universelle Tipps, wie man z.B. Farben intensiviert, ohne sie in Bonbonfarben abrutschen zu lassen, oder kleine Retuschearbeiten für typische Foodproblemstellen durchführt, hilfreicher.7 Workflow
Dieses Kapitel vermittelt den kompletten Workflow am Beispiel eines konkreten Projektes, von der Inspiration über den Einkauf, das Shooting, das Rezept bis zur Bildbearbeitung und Präsentation. Für Einsteiger ist so ein Durchlauf sicherlich sehr hilfreich, um zu verstehen, wie ein Projekt fest umrissen umzusetzen ist. Besonders unterstützt wird das durch die sehr ausführliche Bebilderung.8 Ihr eigener Stil
Auch dieses Kapitel ist - trotz seiner Kürze - für viele Leser sicherlich sehr wertvoll. Es werden wichtige Themen geklärt: Was ist ein eigener Stil?, Genres in der Foodfotografie, Bausteine eines eigenen Stils und wie Sie Ihren eigenen Stil finden. Es werden nützliche Listen angeboten, um sich selbst klar darüber zu werden, welche Werte einem wichtig sind und wie man den eigenen Stil beschreiben möchte.Fazit
Das Buch insgesamt lebt nicht zuletzt von seinen sehr vielen, sehr ansprechenden Bildern, die zahlreiche inspirierende Anregungen und Lust auf eigene Kreativität wecken. Auch der nachhaltige und achtsame Ansatz im Umgang mit Lebensmitteln weiß zu gefallen. Dass alle Fotos ohne großartige Spezialausrüstung umzusetzen sind, ist ein weiterer Pluspunkt dieses Buches. Sehr gefallen hat mir auch, dass die Begeisterung und Liebe zur Foodfotografie im gesamten Buch zu spüren ist.Von mir dafür viereinhalb Sterne.
Die Daten
Maria Panzer. Foodfotografie - Genuss und Lifestyle in Szene setzen erschien am 26. November 2021 im Rheinwerk Verlag. 2. Auflage, 350 Seiten, gebunden, mit Kastenrücken und Lesebändchen, in hochwertiger Fadenheftung. Großes Bildbuchformat 21 x 24 cm. In Farbe gedruckt auf matt gestrichenem Bilderdruckpapier (135 g). Der Druck dieses Buches im »Ultra HD Print« sorgt für besonders brillante Farben, feinste Bilddetails und einen gestochen scharfen Kontrast der Fotos. Lesefreundliche Schrift (IBM Plex Serif 9,25 pt). Mit zahlreichen Originalfotos, Grafiken, Making-of-Bildern und inspirierenden Bildstrecken! Auch als E-Book im PDF-Format (88 MB) und als Onlinebuch erhältlich.ISBN 978-3-8362-8554-4
Preis: 39,90 €
Hier geht es zur Leseprobe (PDF)
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Rezension: Lothar Schloemer
Bewertung
© Lothar Schloemer und Netzwerk Fotografie. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text: Lothar Schloemer, Bildnachweis: © Rheinwerk Verlag