Per aspera ad astra .... durchs Raue zu den Sternen....

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Ich mag mich erinnern, als ich in unregelmässigen Abständen hier war. Der Drang zu fotografieren war gross. Zu viele schöne und reizvolle Orte empfand ich und ich war überwältigt von all dem. Das hat sich verändert. Nicht dass ich all das nicht mehr empfinde, aber anders. Viele Wege kenne ich und ich kann mich heute mehr auf mich konzentrieren. Ich fotografiere aus der Lust heraus, aus dem „Weckruf“ der Motive, seien sie noch so banal und noch so lapidar in ihrem Auftreten. Vielleicht, und da wären wir wieder beim Leben, habe ich mich auch verändert. Vielleicht suche ich nicht nach dem alltäglichen reizvollen Leben noch zusätzliche Reize.




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Die Prägung. Immer wieder gerate ich an diesen Begriff, nicht nur beruflich, auch wenn ich mich mit mir und meinen Interessen auseinandersetze. „Resilienz“ beschreibt die „psychische Widerstandskraft“ Krisen und Herausforderungen im Leben zu bewältigen. Den Begriff finde ich furchtbar, aber er hat seit Jahren Hochkonjunktur in der Psychologie. Entscheidend für die eigene Resilienz sind mehrere Faktoren. Jenes, was ich an Geninformationen mitbekommen habe, meine eigenen Ressourcen und mein Umfeld.




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Und je nachdem wie ich und mein Gehirn in der Prägungsphase auf die Reihe kriege, um so höhere oder weniger höhere Chancen habe ich, mich auf mein eigenes „Resilienz-Töpfchen“ zu verlassen. Der Wahrnehmung entgeht nichts, auch wenn der grösste Teil davon für uns nicht fassbar oder bewusst ist. In speziellen Momenten sind wir dann oft überrascht, wie wir reagieren und wir uns verhalten, dass uns selbst in Staunen versetzt.




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Beethoven war als „Wunderkind“ ähnlich geprägt wie Mozart. Nur mit dem Unterschied, dass er in einem komplett anderen Umfeld aufwuchs als Mozart. Beethovens Vater war zwar auch Musiker, aber kein Komponist und die gesellschaftliche Akzeptanz der Beethovenfamilie war eine ganz andere als jene von Mozart.




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Und vielleicht ist insbesondere die 9te von Beethoven „prägendstes Werk“ zu verstehen, im wortwörtlichen Sinne. Vielleicht werden wir ihr nicht gerecht, wenn wir sie nur nach der Partitur, der Idee, dem Rhythmus und anderen musikwissenschaftlichen Kriterien beurteilen. Vielleicht durchdringt dieses Werk mehr als alle andere, Beethovens „Prägung“ und vielleicht hat auch seine Taubheit dazu beigetragen.




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Wenn man nicht sieht heisst das nicht, dass man keine Bilder hat. Wenn man nichts hört, heisst das nicht, dass man keine Töne hört. Aber, man ist dem Aussen entzogen, andere Sinne werden stärker gefordert und auch gefördert. Synapsen verbinden und verknüpfen sich anders. Das gibt Raum für komplett neues Empfinden und neue Welten.




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In all den wenigen Büchern, welche es über die Nordtäler des Tessins gibt, wird die Prägung widerspiegelt. Zwar immer aus der Sicht des Autors, aber doch sehr nah dem was die Tessiner-Autoren aus ihrer eigenen Familiengeschichte erkannt haben. Wohl kein Bauer hier hat sich über die Mythologie der Namen oder Kraftorte Gedanke gemacht. Prägend war die Fortführung des Landwirtschaftsbetriebes, das eigene Einkommen, Familie, Beruf. Prägend waren oft das Überleben, die gute Vorbereitung für die Wintermonate, das Thema „Auswandung“ und die Hinterlassenschaft.




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Ich habe das Privileg darüber nachzudenken, weil ich es mir leisten kann. Meine Prägung veranlasst mich nicht, mir Sorgen über Geld, Familie und Arbeit zu machen. Mein Privileg ist es, hier Ferien zu machen, mich zu verwöhnen und freien Willens mir über diese und das Gedanken zu machen.




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Beethoven hat viele Zeiten durchlebt. Krieg, die Besetzung Wiens durch Napoleon, Geldsorgen, Sorgen um seine Geschwister, um seine Neffen und das erfolglose Finden nach einer Partnerin. In seiner Jugendzeit musste er die Führung der Familie übernehmen, weil seine Mutter starb, sein Vater begann zu trinken. Ein Verhalten, welcher er selbst auch übernommen hat.




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Vielleicht erschien Beethoven Schillers Gedicht als etwas wie ein Wunsch, eine Sehnsucht in seinem eigenen Leben. Er fand nicht am Anfang seiner Musiker- und Komponistenkarriere dieses Gedicht. Er hat es am Ende seines Lebens gefunden und es in Musik eingebunden, so, als würde er sein eigenes Leben, und auch das nicht „Stattgefundene“ darin sehen.




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„Oh Freunde, nicht diese Töne“. Vielleicht hat sich Beethoven ein Leben lang zurückgehalten. In Tönen und in Worten. Als er für die Familie sorgen musste hat er das ganz sicher müssen. Aber später auch. Denn als Genie mag man geboren werden, das Genie will aber auch erkannt sein. Dafür musste Beethoven sein Leben lang kämpfen, hart und immer wieder mit vielen Rückschlägen. Was wäre wohl, wenn man Beethoven für sein Genie einfach bezahlt hätte. Meine kindliche Vorstellung vom Komponisten, welcher ohne Geldsorgen am Flügel sitzt und ohne jegliche andere Verpflichtung komponieren kann? Dem war nicht so. All das prägt, setzt sich fest und dirigiert den Lebensfokus, das Verhalten. Wenn Beethoven nach meinen kindlichen Vorstellungen eines Komponisten gelebt hätte, dann wäre vielleicht keine 9te Sinfonie entstanden. Dann würde ich wohl heute nicht Sehnsucht, Trauer, Hoffnung und Freude empfinden. Vielleicht wären seine Werke dann elitär und abgehoben dahergekommen, der Mensch hinter den Tönen kaum fassbar.




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Vielleicht ist es das, was mich an den Sinfonien von Beethoven berührt, speziell auch an der 9ten. Sie werden irgendwann greifbar, menschlich, oft wirr, aber fassbar. Beethoven habe ich mir „erarbeiten“ müssen, Mozart weniger, aber Beethoven schon. Obwohl mir scheint, dass die 9te von Beethoven und die Zauberflöte menschlich betrachtet viel gemeinsam haben.

Am einfachsten bezahlt man hier mit Bargeld. Das ist das Sicherste. Es gibt eine Beiz in Sonogno, welche alles Kartenmaterial ablehnt. Dafür wird man per Handschlag begrüsst und herzlich bewirtet und köstlich verkostet. WLAN wird nicht angeboten, ein Schild weist darauf hin, dass man hier noch miteinander spricht. Sympathisch, man weiss sich zu organisieren.




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Der vierte Satz der 9ten lässt das Thema des Schlusssatzes aufblitzen und antönen. Wenn man nicht weiss, was dann kommt, kommt aber nicht auf die Idee, dass es menschliche Stimmen sind. Faszinierend, rückblickend, wie einem das überrascht, wenn man das Werk das erste Mal hört.

Freunde. Man musste „keine Freunde“ haben um hier zu (über-)leben. Aber das grundsätzliche Verständnis dafür, dass man aufeinander angewiesen ist, hingegen schon. Das ist ein anderes Gefühl. Freundschaften sind emotional geprägt, das „Aufeinander angewiesen“ zu sein, hat reinen Überlebenscharakter.




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Hier ist es nicht anders. Einerseits bildete man eine Gemeinschaft, andererseits war jeder auf sich selbst gestellt. Wenn jeder wenig bis nichts hat, kann man sich schlecht auf den andern abstützen. Das Wetter, die heissen und trockenen Sommer, der oft eisigkalte und schneereiche Winter machte allen gleichermassen zu schaffen. Das Wetter unterscheidet nicht und behandelt jeden gleich.




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Von welchen Freunden sprach Beethoven? Viele von ihnen waren schon gestorben, mit seinem introvertierten Verhalten hat er sich in den letzten Jahren kaum welche neue gemacht. Und welche Töne? Warum „nicht diese Töne“? Vielleicht sind die ersten Worte on Beethoven selbst der Schlüssel zu diesem Werk. In allem was ich bisher gelesen habe, wird über diese Worte hinweggegangen. Warum? Der Türe ist der Eingang zum musikalischen Raum, Beethoven hat uns hier wohl sehr bewusst, eine Türe hinterlegt und nicht Schiller.

Die erste Frage wäre ja, warum „nicht diese Töne“ und die zweite wäre ja, warum er die vorhergehenden (?) nicht als „angenehm und freudenvoll“ beurteilt. Wenn ich den dritten Satz dieser Sinfonie höre, empfinde ich sie als höchst angenehm. Mit dem Attribut „freudenvoll“ kann ich wenig anfangen, ich empfinde das nicht so, aber durchaus schön und unglaublich tragend und bereichernd. Aber alles andere als unangenehm.




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Es gibt Ansichten, dass jeder Mensch seinen eigenen Grundton hat. Darauf haben sich verschiedene Therapieformen entwickelt. Dass Töne weit mehr als nur „Gehörtes“ sind, davon bin ich überzeugt. Das Töne verändern und beeinflussen, sei es mit Musik, mit Lärm oder sonstigen Emissionen, davon bin ich auch überzeugt. Aber von welchen Tönen spricht hier Beethoven? Ich finde den Gedanken, dass jeder Mensch seinen eigenen Grundton hat nicht mal abwegig. Die wissenschaftliche Betrachtung darüber lasse ich aussen vor. Der Grundton, umgedeutet als die eigene Prägung, die eigene Individualität ist für mich nachvollziehbar. Und wenn Beethoven über das spricht, dann kann ich es über die ersten vier Sätze teilweise nachvollziehen. Manches wohl hätte er anders gewünscht, seine Taubheit hat ihm sehr zu schaffen gemacht, der permanente Druck nach Liebe, Achtung und Anerkennung haben sehr an ihm genagt.




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Im Val Bavona gibt es einen Weg auf verschiedene kleine Alpen. Die Treppe wird als „Treppe zum Himmel“ genannt. Ich bin diesen Weg noch nie gegangen, irgendwann mache ich ihn. Die Treppen, in Felsen gehauen, wurden von einem Mann und seinem Knecht aus purer Not gebaut. Sie mussten für ihr Vieh neue Futterplätze schaffen, also hat er sich diese Weideplätze zugänglich gemacht. Die Treppen, man sieht sie von unten, sind nur in den Fels gehauen, keinen halben Meter breit, und dann der freie Fall. Kinder trieben dort die wenigen Kühe die Treppen hinauf. Und es gibt diese Geschichte, als die Frau des besagten Bauers, ihre Tochter suchte, weil sie nicht zurückkehrte. Sie ging die Treppen hinauf, um nach ihr zu suchen. Sie sah von oben das abgestürzte Kind mit zerschmettertem Kopf auf dem Felsen liegen. Sie stieg ab zum Kind, nahm einen Teil der Knochen in ihre Schürze, soviel sie tragen konnte, holte das Vieh von der Alp und ging zurück nach Hause.




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Solange diese Bauernfamilie lebte, so lange gingen sie mit dem Vieh auf diese Alpen. Der Ton, als Gegebenheit, als „Schicksal“, als Bürde und als Auftrag. Ich kann mir den Gedanken nicht erwehren, dass Beethoven mit den „Tönen“ auch ein Stück weit sein Leben meinte. Nicht alles, aber ein Teil davon. Vielleicht bezieht sich das „nicht diese“ auf die harten Umstände, in der er aufgewachsen ist und sein Leben lang kämpfen musste. Vielleicht meinte er mit „freudvollere“ und „angenehmere“ nichts weiter als eine Sehnsucht, als etwas, was er sich immer gewünscht hat und sich so manche Menschen wünschen.




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Wenn ich vor den Flüssen und Bächen stehe, überhaupt in der Fotografie, so habe ich mir manchmal auch schon gewünscht, ein Foto machen zu können, dass jeder mit „oh, ah“ quittiert. Jeder würde über das besagte Foto sprechen, es herumreichen und es bestaunen. Viele Leben, auch hier, sind vergleichbar nicht „bestaunenswert“. Das höchste der Gefühle als Tourist, ist ein Stück romantischer Emotion, wenn ein Bauer die Kühe von der Weide holt. Die dreckige Kleidung, die oftmals ernsten Gesichter lassen dann aber sogleich etwas eigenartige und erbarmungsvolle Gefühle aufsteigen.




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Beethoven war nicht ungebildet. Er schrieb nicht gerne, ausser Noten. Das hat wohl damit zu tun, dass er die Schule frühzeitig abbrach, um am Klavier zu üben und Noten zu lesen. Für anderes hat ihn sein Vater nicht gefördert.

Und so trete ich langsam in den fünften Satz der 9. Sinfonie von Beethoven ein. All diese Gedanken bis anhin brauchte ich, um die Türe langsam zu öffnen, mir irgendwie einen Zugang zu finden, auch in de Gewissheit, dass ich mich vermutlich weiterhin im Raum der 9. Sinfonie verirren werde.




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