Setzt man einen hohen Visus von 2 ( entspr. Winkelauflösung 0,5') voraus und einen nahen Betrachtungsabstand von 1 Bilddiagonale, und beschränkt sich vielleicht nicht nur auf lineare Auflösungen, dann ist man rasch bei 60Mpx und mehr. Damit wäre ja noch einiges an sinnvoller Verbesserung der Sensorauflösungen möglich.
Derartige Berechnungen auf Grundlage der als Visus angegebenen
Winkelsehschärfe führen meiner Meinung nach in die Irre, da das
"Minimum separabile" vom
Kontrast des jeweils Gesehenen abhängt:
"Wenn man die Sehschärfe (Visus) einer Person mit den gleichen Optotypen, aber verschiedenen Kontraststufen prüft, so sieht man, dass die Visuswerte, die bei niedrigem Kontrast bestimmt wurden, geringer sind als jene, die bei hohem Kontrast ermittelt worden sind".
Quelle:
http://augenarztsalzburg.com/untersuchungen/tests/kontrastuntersuchung/index.html
Dieser
Zusammenhang zwischen dem Kontrast und der Sehschärfe wird nun in den Humanwissenschaften gemeinhein in der Kontrastempfindlichkeitsfunktion (
CSF: Contrast Sensitivity Function) der visuellen Wahrnehmung beschrieben. Der Zusammenhang zwischen "Minimum separabile" und Kontrastempfindlichkeitsfunktion ist dabei folgender:
Das "Minimum separabile" ist in der Kontrastempfindlichkeitsfunktion als diejenige Ortsfrequenz pro 1° Sehwinkel angegeben, bei welcher die Kontrastempfindlichkeit gerade so eben noch nicht = 0 ist. Die Kontrastempfindlichkeit eines zum Beispiel jugendlichen augengesunden Betrachters mit Visus 2 (Winkelsehschärfe = 0,5 Bogenminuten) ist also ab Ortsfrequenzen größer als 60 Perioden pro 1° Sehwinkel = 0. Dies bedeutet, dass ein Betrachter mit zum Beispiel Visus 2 Ortsfrequenzen größer als 60 Perioden pro 1° Sehwinkel selbst bei einem (maximalen)
Michelson-Kontrast von 1 nur noch als eine
einheitliche Helligkeit wahrnimmt, und nicht mehr als periodische Helligkeits
unterschiede. Die Kontrast
empfindlichkeit bei einer bestimmten Ortsfrequenz ist also definiert als der
Kehrwert der
Wahrnehmungsschwelle für Kontrast (1/Kontrast-Schwellenwert) bei der jeweiligen Ortsfrequenz. Siehe hierzu zum Beipiel folgende Grafik:
http://www.cns.nyu.edu/~david/courses/perception/lecturenotes/channels/csf.gif
Selbst ein scharfsichtiger Betrachter mit Visus 2 kann eine Ortsfrequenz von 60 Perioden pro 1° Sehwinkel also
nur dann gerade noch so eben als periodische Helligkeits
unterschiede wahrnehmen, wenn der Michelson-Kontrast bei dieser Ortsfrequenz = 1 ist, also beim
Maximum (für
Michelson-Kontrast).
Näheres zum Zusammenhang zwischen Sehschärfe und Kontrastempfindlichkeit bei Interesse zum Beispiel bei dem nachstehenden Link unter
"Contrast Sensitivity" und
"Contrast Sensitivity Function (CSF)":
http://webvision.med.utah.edu/book/part-viii-gabac-receptors/visual-acuity/
Ohne also den in Bezug auf bestimmte Details einer Fotografie vorliegenden
Bild-Kontrast zu kennen, lässt sich also meiner Meinung nach
ganz grundsätzlich nicht berechnen, welche dieser Details unter welchen Bedingungen wahrnehmbar sind, und welche nicht.
Der für den beim Betrachten einer Fotografie wahrgenommen Detailreichtum entscheidende
Bild-Kontrast resultiert nun aus dem
Motiv-Kontrast und der
Modulationsübertragungsfunktion des jeweiligen bildgebenden
Gesamtsystems (vom Objektiv bis hin zum Druckerpapier oder Display), das den jeweiligen Motiv-Kontrast bis hin zum jeweiligen Bild-Kontrast "überträgt".
Daher ging man in der Fotografie ja auch bereits etwa in der Mitte des vorigen Jahrhunderts dazu über, den Parameter "Auflösung" - zum Beispiel von Objektiven und Filmmaterialien - nicht mehr isoliert zu betrachten, sondern die Parameter "Auflösung" und "Kontrast" in Beziehung zueinander zu setzen, und diese Beziehung in einer "Modulationsübertragungsfunktion" zu beschreiben.
Im Unterschied zur
"Maximale Auflösung" ist meines Erachtens also die MTF eine
der Funktionsweise unseres visuellen Systems angemessene Charakterisierung des Beitrags, den die in der Fotografie benutzte Hard- und Software (Sensoren, Scanner, EBV-Algorithmen, Drucker, Displays etc. etc.) zum
Detailreichtum leistet, den man beim
Betrachten einer Fotografie
wahrnimmt:
"Why bother?
• MTF characterizes system response across all feature scales not just the finest"
Quelle (Tafel 11):
ftp://saturn.cis.rit.edu/mcsl/jaf/tenure/courses/1051-452_ISA_II/lectures/0109_introduction.pdf
Allgemeine Informationen zu der Frage:
"Was kann man vom Bild sehen"? findet man bei Interesse zum Beispiel hier:
http://www.ai.fh-erfurt.de/fileadmi...V/2005-05-26-GDV-Vorlesung-11-Wahrnehmung.pdf