Nichtdestruktive Bildbearbeitung
Wir haben kürzlich hier den Testbericht unseres Community-Mitglieds Dieter Doeblin zur neuen Nik Collection 3 von DxO veröffentlicht. Das Feedback aus der Community und die weiterführende Diskussion hat ihn dankenswerterweise veranlasst, noch einmal ausführlich die Zusammenhänge der nichtdestruktiven Bildbearbeitung mit der Nik Collection 3 zu erläutern.
Allen, denen ein nichtdestruktiver Workflow noch nicht so ganz vertraut ist, sei der folgende Artikel ans Herz gelegt:
Wir müssen grundsätzlich zwischen Datei- und Grafikformaten unterscheiden. Ein Grafikformat beschreibt (als Datei) den Bildaufbau. Es gibt pixel- und vektorbasierte Formate. Dabei stellen die Pixel- oder Rasterbasierten, dazu gehören z.B. TIF, JPG, DNG, GIF und BMG die wichtigste Gruppe für den Fotografen dar. Vektorbasierte Grafikformate finden wir im grafischen Bereich, z.B. mit Adobe Illustrator, Affinity Designer oder auch in Corel-Draw sowie in CAD- und 3D-Programmen. Eine RAW-Datei dagegen, die heute alle anspruchsvolleren Digitalkameras bieten, ist eine reine Datendatei und beschreibt alleine noch keinen Bildaufbau. Vereinfacht gesagt legt die Kameraelektronik eine umfangreiche Tabelle mit Messwerten an, die der Bildsensor liefert. Dazu gehören die Lichtintensität für jeden einzelnen Bildpunkt, die Farbinformationen und viele andere mehr. Bei z.B. 24 MP kommen da schon sehr große Datenmengen zusammen, die allerdings noch kein Bild darstellen. Ein sichtbares Bild produziert erst der Kameraprozessor, der aus den Daten ein JPG erzeugt, welches auf dem Kameramonitor betrachtet und abgespeichert werden kann. Zusätzlich erzeugt der Kamera-Prozessor ein Mini-JPG welches, zusammen mit den Metadaten, mit in der RAW-Datei abgespeichert wird.
Zusätzlich zur JPG-Speicherung bieten die Kameras auch die Möglichkeit, die RAW-Datei abzuspeichern, um diese dann in externen RAW-Entwicklungsprogrammen in Bilder bzw. Bilddateien umzuwandeln. Dabei verwenden die Kamerahersteller jeweils eigene, sogenannte proprietäre RAW-Formate. RAW-Entwickler arbeiten als parametrische Bildbearbeitung, die die originalen Parameter der Kamerahersteller allerdings nur interpretieren können, da sie i.d.R. keinen Zugriff auf die herstellereigenen Dateisysteme haben. Diesen Zugriff haben nur die von den Kameraherstellern mitgelieferten Entwicklungstools. Daher fallen auch die Ergebnisse der verschiedenen RAW-Konverter immer etwas unterschiedlich aus, und die Daten sind untereinander auch nicht kompatibel. Beim Entwicklungsprozess kann die jeweilige Software auf (fast) alle abgespeicherten Messwerte (der Tabelle) zugreifen und diese auch beliebig verändern. Im RAW-Entwickler wird das eingebettete JPG als Bild als Bearbeitungsgrundlage angezeigt. Da die entsprechenden RAW-Konverter die Ausgangsdateien (das Abbild der aufgenommenen Parameter) beim Abspeichern als ein Grafikformat in ein Archiv nicht verändern, spricht man hier von der nichtdestruktiven Bearbeitung. Als sichtbares und weiternutzbares Bild gibt das RAW-Programm z.B. ein TIF aus. Zusätzlich zu der originalen Datendatei speichert ein RAW-Konverter zusätzlich die vorgenommenen Bearbeitungsvorgänge als lesbare Sidecar-Datei mit ab, so dass jederzeit wieder auf die Daten zugegriffen werden kann.
Wichtig: RAW-Konverter können und sollen grundsätzlich nichts in die originale Datendatei, die in der Kamera erstellt wurde, schreiben; und sie speichern ihre Bearbeitungsschritte nicht ebenenbasiert, sondern nur als Bearbeitungstabelle ab!
Ebenenbasierte Bildbearbeitung
Seit einigen Jahren arbeiten aber auch Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop oder Affinity Photo nichtdestruktiv. Da JPGs hochkomprimierte Dateien sind, hatte früher jeder Zugriff und jede Änderung den Effekt, dass sich die Bildqualität verschlechterte. Heute arbeiten die Programme ebenenbasiert, d.h. wir laden unser JPG oder TIF in das Programm. Diese Datei bildet dann quasi die Grundebene, und alle Bearbeitungsschritte die dann folgen, finden in jeweils eigenen Ebenen statt.
Aktuelle Bildbearbeitungsprogramme können alle Bearbeitungsschritte (Ebenen) in ihrem eigenen proprietären Dateiformat speichern. Dazu werden das Originalbild und die Bearbeitungsschritte als Sidecar-Datei gespeichert und/oder in die neue Bilddatei eingebettet. So kann später jederzeit auf alle Bearbeitungsschritte zurückgegriffen werden. Ein mit Ebenen bearbeitetes Bild kann auch als TIF mit Ebenen abgespeichert und dann in fremder Software weiterbearbeitet werden. Oftmals werden aber dabei nicht alle Einstellungen erhalten. Erst bei einem Export aus dem Programm heraus, als DNG, JPG oder TIF macht das Programm dann das endgültige „neue“ Bild, welches als neue Datei gespeichert wird.
Dateihandling der Nik Collection 3
Das Dateihandling der Nik Collection muss vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Bearbeitungsprogramme gesehen werden: einmal arbeiten die Module als Plugin in einem parameterbasierten RAW-Konverter, zum anderen aber auch mit pixelbasierten Bildbearbeitungsprogrammen, die meist mit Ebenen arbeiten. Als weitere Möglichkeit kann die Nik Collection auch „stand-alone“ genutzt werden.
Je nach Programm unterscheidet sich das Datenhandling. Daher hier noch einmal ein Schaubild zum unterschiedlichen Dateihandling der verschiedenen Programme, die ich in Verbindung mit der Nik Collection benutze:
Wie man sieht, werden die RAW-Entwicklungen (Interpretationen) von LR und DxO als Sidecar-Datei mit eingebetteten Mini-JPG abgespeichert. Diese sind verknüpft mit den originalen RAWs. Dabei wird die Original(RAW)datei nicht verändert. Das aus der Bearbeitung generierte Bild wird als TIF/JPG abgespeichert; erst beim Speichervorgang wird die Bilddatei erzeugt (gerendert)! Da die Original RAW-Datendatei nicht verändert wird sprechen wir hier von nichtdestruktiver Bearbeitung! Das Besondere z.B. bei Lightroom ist, dass es ein eigenes Datenbanksystem für die Bearbeitungsdateien inkl. Mini-JPGs anlegt und benutzt. Die meisten anderen RAW-Konverter speichern diese Dateien im normalen Datenbanksystem (z.B. im Explorer) des Computers.
Da die Nik Collection pixelbasiert arbeitet, können die Module nur TIFs oder JPGs verarbeiten. D.h., egal in welchen RAW-Konverter die Nik Collection als Plugin genutzt wird, zur Nutzung muss immer erst ein TIF erzeugt werden. LR und DxO speichern nach der Bearbeitung ein Mini-TIF mit ab; LR sogar in der eigenen Datenbank. Verändert werden können die Bearbeitungen in LR oder DxO bei Aufruf der abgespeicherten Bilddateien aber nicht mehr.
Wird die Nik Collection 3 „stand-alone“ benutzt, können ebenfalls ebenenbasierte TIFs abgespeichert werden, auf die bei einem Neuaufruf zurückgegriffen werden kann – und zwar mit den Bearbeitsparametern! Diese neue Speichermethode ist allerdings bei der Bearbeitung von JPGs nicht möglich. Dies gilt auch für das Plugin in Affinity Photo.
Die neue ebenenbasierte Speicherung als TIF, inklusive der Bearbeitungsparameter, wird beim Plugin in Affinity Photo nicht angeboten. Das anwählbare Kästchen dafür taucht nicht auf. Hier kann man zwar bei der Speicherung des mit der Nik Collection bearbeiteten Fotos „TIF mit Ebenen“ anwählen, verliert aber beim Speichern die Nik-Bearbeitungsparameter! Dies muss wohl mit der Arbeitsstruktur von Affinity Photo zusammenhängen. Wenn man mit der Develop-Persona ein RAW entwickelt, wird bei der Übergabe in Photo-Persona direkt ein TIF erzeugt. Dabei speichert AF keine Sidecar-Datei, man kann also nicht mehr auf die bei der Entwicklung verwendeten Einstellparameter zurückgreifen wie z.B. in Lightroom oder DxO.
LR zeigt bei Aufruf eines Nik-Moduls ein Fenster, welches anzeigt, dass die weitere Bearbeitung im Nik-Modul mit einer Kopie mit Lightroom-Anpassungen erfolgt – so bleibt die originale Seidecardatei einschließlich Mini-JPG unangetastet.
In der LR-Bildanzeige wird das bearbeitete Bild neben dem Original abgelegt und angezeigt, dass es sich um ein TIF handelt.
Bei DxO wird das genauso gespeichert!
In der Masterdatei, hier im Windows-Explorer, sieht das dann so aus:
Die von der Nik Collection erzeugte ebenenbasierte TIF-Datei wird dann z.B. als **_Nik_Nik.tif bezeichnet.
Neubearbeitung der Nik-Dateien
Eine Wiederbearbeitung der ebenenbasierten TIFs ist nur im „stand-alone-Betrieb“ der Nik Collection 3 möglich. Beim Laden der Bilddateien können dann alle Bearbeitungsparameter neu bearbeitet werden.
Hier eine wieder aufgerufenes TIF in Silver Efex 2; es werden die schon gemachten Bearbeitungen angezeigt.
Auch auf die UPoint-Technologie in der Nik-Collection 3 kann nur zurückgegriffen werden, wenn bereits ein TIF erzeugt worden ist. Die Anwendung auf RAW-Ebene ist nicht möglich! Dies ist beim Workflow des Plugins so angelegt. Wenn man von der RAW-Ebene ein Plugin anwählt, wird das entsprechende Modul geöffnet. Dabei generiert das Modul automatisch immer ein TIF. Unten ein Beispiel zur UPoint-Technologie und dem Setzen von Kontrollpunkten:
Hier wurde das Modul Color Efex 4 als Plugin in DxO aufgerufen. Erst mit dem erzeugten TIF bietet das Programm den Zugriff auf die Bearbeitungsparameter.
Weitere Informationen
Testbericht: Die neue Nik Collection 3 by DxO
Zur Nik Collection 3 bei DxO
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© Netzwerk Fotografie und Dieter Doeblin. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text und Bilder: Dieter Doeblin