Faszinierende Postkartengrüße aus der Pflanzen- und Reisewelt
Für unsere Serie mit Autoreninterviews haben wir diesmal Gisela Kruse befragt. Die semiprofessionelle, engagierte Hobbyfotografin fotografiert mit Herzblut und Begeisterung aus dem Bauch heraus und nutzt Bildbearbeitung nur für leichte Korrekturen.
Die Berliner Taxifahrerin im Ruhestand mit Erstem Staatsexamen für Lehramt veröffentlicht Kalender und viele weitere Produkte bei unserem Partner CALVENDO. Wir haben sie gebeten, uns etwas mehr über sich zu erzählen.
Und das wollten wir wissen:
Warum fotografieren Sie und seit wann?
Seit den 70er Jahren interessiere ich mich für die Fotografie, angesteckt durch zwei Freunde, die ein SW-Labor besaßen. Sie weihten mich in die Arbeit im Labor ein, vom Einfädeln der Film-Meterware in die Filmhülsen bis zum Entwicklungsprozess. Themen damals waren die Street- und die Reisefotografie.
Gibt es Berührungspunkte zwischen der Fotografie und anderen Interessen?
Die Fotografie hat mich auch weiterhin auf Reisen begleitet. Es ging in den 1980er Jahren in die USA, nach Mexiko, China, Myanmar (damals Burma), Indien, Nepal, die Türkei und südeuropäische Länder, immer ausgerüstet mit genügend DIA-Material.
Welches sind Ihre fotografischen Themenschwerpunkte?
Im Laufe der Jahre wurde die Fotografie ein immer selbstverständlicherer Teil des Alltags. In meinem Job als Taxifahrerin in Berlin konnte ich fotografieren, wann immer sich ein interessantes Motiv anbot. Die Berliner Mauer mit ihren Graffitis war für mich ein Dauermagnet. 1990 hatte ich mit meinen Mauerbildern eine Einzelausstellung in Kappeln an der Schlei.
Die Natur- und Pflanzenfotografie faszinierte mich im Lauf der Zeit immer stärker. Mein heimlicher Wunsch, irgendwann einmal Post- bzw. Glückwunschkarten herauszugeben, wurde immer größer und die Idee, das zu verwirklichen, nahm langsam Gestalt an.
Mit Erreichen des 50. Lebensjahres läutete ich eine kleine Wende in meinem Leben ein. Das Taxifahren hatte längst die Faszination der Anfangsjahre verloren, ich fuhr immer öfter zum Fotografieren in die Natur, anstatt Fahrgäste zu befördern. Ich ließ dann von meinen besten Dias und Papierbildern CDs erstellen und reichte sie bei Glückwunschkartenverlagen ein. Dass ich mit meinen Motiven tatsächlich Interesse erregte, und es zu Ankäufen kam, war eine große Überraschung und beflügelte mich ungemein. Seitdem habe ich mit dem Arrangieren Glückwunschkarten-geeigneter Motive begonnen. Das Aufbauen überzeugender Stillleben ist allerdings immer wieder eine Herausforderung und erfordert viel Probieren und einen kritischen Blick.
Was reizt Sie an diesen Themen am meisten?
Einer Blüten- oder Pflanzenart immer neue Sichtweisen abzugewinnen, quer durch die Jahreszeiten oder bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen. Ein Thema zu bearbeiten, zum Beispiel „Rosen“, auch wenn es noch so „ausgelutscht“ erscheint. Ich habe die Möglichkeit, in meinem improvisierten Heimstudio am Küchentisch meine Blumen nach meinen Vorstellungen zu arrangieren und zu beleuchten oder in der Natur nach vorhandenen, natürlichen Zusammenstellungen zu suchen.
Was war Ihr beeindruckendstes oder berührendstes Erlebnis in der Fotografie?
Das für mich selbst immer wieder überwältigendste Erlebnis kehrt immer wieder, und zwar dann, wenn ich vor beeindruckenden Blüten und Pflanzen stehe und ich es kaum fassen kann, welcher Motivreichtum sich hier auftut, den ich einfach nur ernten darf. Auch wenn ich zeitweilig im Rollstuhl sitzen muss, verleiht mir das Fotografieren Flügel und lässt die Gebrechen vergessen. (Außerdem eröffnet einem das Sitzen neue Perspektiven!!!)
Was motiviert Sie im Leben? Und was können Sie überhaupt nicht ausstehen?
Natürlich der Erfolg! Er ist d e r Motor. Die Anerkennung der eigenen Leistung treibt mich immer weiter an, noch besser zu werden, noch genauer zu schauen. Was ich nicht ausstehen kann, ist die Wartezeit, wenn man bei Verlagen Motive eingereicht hat und es ewig dauert, bis eine Rückmeldung kommt, und die Unsicherheit, ob man jetzt nicht mehr gefragt sein könnte.
Was ist für Sie ein richtig gutes Foto?
Am meisten fasziniert mich, wenn ein Fotograf, eine Fotografin den absolut besten Moment einer Szene erwischt hat, bei der man sieht, dass sie in der nächsten Sekunde nicht mehr die gleiche sein wird – also Momentaufnahmen von Menschen und Tieren, die zum längeren Anschauen verführen und dabei die Fantasie anregen.
Sie haben Kalender bei CALVENDO veröffentlicht. Was reizt Sie daran?
Mich reizt, meine Kalenderwerke einem breiten Publikum anbieten zu können. Nicht unwesentlich ist, dass mir dabei keine Kosten entstehen und der Vertrieb in professionellen Händen liegt. Dann ist da auch der Kitzel, ob ein eingereichtes Projekt die Hürde der Jury nimmt, und eine Chance auf Vermarktung bekommt. Ich kann mich im Moment nicht beklagen, habe ich doch aktuell knapp 200 Kalender auf dem Markt, mit hoffentlich steigender Tendenz. Mein Archiv ist sehr umfangreich!
Was haben wir vergessen, Sie zu fragen?
Sie haben vergessen zu fragen, ob ich einen fotografischen Albtraum habe.
Immer wieder nachts im Traumland begegnen mir die fantastischsten, einmaligsten Motive, nie gesehene Landschaften und Städte im Vorbeifahren, es kommt auf die Sekunde an, das festzuhalten und immer wieder verweigert der Auslöser genau dann seine Arbeit. Furchtbar!
Apropos: Die Kalender
Die Kalender in verschiedenen Formaten sowie auch ausgewählte Motive daraus als Puzzle oder Leinwandbild sind im Buchhandel erhältlich. Einige Produkte verlinken wir unter diesem Beitrag.
Mehr Informationen:
Zur Produktübersicht von Gisela Kruse bei CALVENDO